Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete, liebe Cottbuserinnen und Cottbuser,

eine Zeitung in Sachsen hat vor wenigen Tagen eine Karikatur veröffentlicht, in der Cottbus eine Hauptrolle spielt. Dort ist ein nicht-weißer Mensch zu sehen, der um die Abschiebung in ein sicheres Herkunftsland bittet. Auf die Frage des Behördenmitarbeiters, wo er denn herkomme, sagt der Mensch: Cottbus.

Nun ja, nur wenig ist so haltbar wie ein Klischee. Laut Kurt Tucholsky darf Satire ja alles, also auch Klischees bedienen.

Ich wünschte mir allerdings, dass genauso wie die gewalttätigen Vorfälle in unserer Stadt, die uns alle beschämen, auch in dauerhafter Erinnerung bleibt, dass Cottbus nach wie vor die einzige Stadt in Brandenburg mit einer Synagoge ist. Und vielleicht wird genauso wahrgenommen, dass die Fünft- und Sechstklässler der Bewegten Grundschule dafür gesorgt haben, dass in Cottbus die bislang zumindest einzige Schule Deutschlands steht, die mit der Butterfly-Aktion der im Holocaust ermordeten Kinder gedenkt. 150 bunt bemalte Schmetterlinge an der Hauswand zeigen eindrücklich, dass sich die Kinder mit diesem schrecklichen Teil deutscher Geschichte beschäftigt haben und weiter befassen werden.

Diese bemerkenswerte Aktion, die von den Nachfahren der in Cottbuser beheimateten Familie Schindler angeregt wurde, führt uns ebenso wie das sonntägliche Gedenken in der Synagoge an die Opfer des Nationalsozialismus direkt zu der jährlichen Gedenkveranstaltung am 15. Februar. An diesem Tag erinnern wir Cottbuserinnen und Cottbuser an jenen Bombenangriff der Alliierten, der Teile unserer Stadt in Schutt und Asche legte und Hunderte Todesopfer forderte. Wir gedenken dieser Opfer, und wir erinnern an die Verantwortung, die aus dem von Deutschland entfesselten Weltkrieg auch für uns Heutige nach wie vor entspringt. Wir sind nicht unmittelbar verantwortlich für die Verbrechen der Nationalsozialisten, aber wir tragen Verantwortung dafür, dass die Erinnerung nicht verfälscht wird und dass sich so etwas nie wieder wiederholen kann. Das werden wir Cottbuserinnen und Cottbuser am 15. Februar auf der Kundgebung vor der Stadthalle und mit dem Sternenmarsch wieder sehr deutlich machen.

Diese Mahnung ist angesichts des aufkommenden Antisemitismus – ich erinnere nur an den Vorfall im vergangenen Jahr in Berlin – wichtiger denn je. Deshalb dürfen wir weder nachlassen im Kampf gegen Hass, Ausgrenzung und Intoleranz noch dürfen wir weggucken. Wir brauchen dazu gemeinsam Mut und Haltung. Politischer Extremismus, Hass und Fremdenfeindlichkeit dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Das erfordert aber auch, die Grundrechte, die Demokratie sowie Recht und Gesetz zu wahren und zu schützen.

Sehr geehrte Damen und Herren,
wie die Schülerinnen und Schüler der Bewegten Grundschule haben auch die Mädchen und Jungen vom Konservatorium einmal mehr viel für das Ansehen unserer Stadt geleistet. Beim Regionalwettbewerb „Jugend musiziert“ erreichten die Schülerinnen und Schüler mehr als die Hälfte aller Delegierungen zum Landeswettbewerb. Dieses Klischee bedienen wir gern, nämlich dass das Konservatorium in diesem Wettbewerb brilliert.

Heute Abend wird das Springermeeting in der Lausitz-Arena erneut für internationalen Spitzensport sorgen. Es reiht sich ein in die Serie hochkarätiger Veranstaltungen, die uns der Sport in jedem Jahr beschert. Ich erinnere gern und immer wieder an den großen Preis von Deutschland im Radsprint oder an das Turnier der Meister, den Weltcup der Turner. Diese Veranstaltungen gehören zu der glanzvollen Bilanz, die am vergangenen Freitag auf der Sportgala gezogen wurde. Mehr als 23.600 Cottbuserinnen und Cottbuser sind in einem der 146 Vereine aktiv. Sie sorgen dafür, dass Leben in der Bude ist und dass man dank der vielen enthusiastischen Menschen in unserer Stadt gut und gerne lebt – um nochmal den Titel der Aktuellen Stunde aufzunehmen. Deutlich geworden ist das auf unserem Neujahrsempfang, der exzellent vorbereitet worden und abgelaufen ist. Dafür danke ich allen Beteiligten sicher auch in Ihrem Namen nochmals sehr herzlich.

Dieser Hingabe an unsere Stadt müssen wir mit unseren Entscheidungen und unserer Arbeit gerecht werden. Die zurückliegenden Januartage zeigen, dass das meist nicht so leicht ist. Selbstverständlich werden wir Probleme nicht verschweigen, Konflikte nicht unter den Teppich kehren und alle gemeinsam um Lösungen auf der Basis von Kompromissen, vor allem aber Recht und Gesetz, bemüht sein.

Konkret heißt das, den Menschen nichts zu versprechen, was niemand halten kann. Mancher träumt vom Porsche, aber wenn es ans Bezahlen geht, kann er sich dann doch nur ein Bremspedal leisten. So ist das auch mit dem Straßenausbau. Wenn die Bürger mit Beiträgen herangezogen werden, reicht den Anliegern eine einfache Piste oder eine Tempo-30-Zone völlig aus. Wenn die Bürger nichts mehr beitragen müssen, dann fordern viele Leute gleichzeitig einen sofortigen und kompletten Ausbau jeder noch so kleinen Straße. Das aber würde uns alle überfordern. Denn unklar bleibt bislang, wer das dann bezahlen soll. Nicht beantwortet sind die Fragen, die sich um die Gerechtigkeit für jene drehen, die bislang Straßenausbaubeiträge gezahlt oder ihren Beitrag zur Modellstadtsanierung gleistet haben.

Allgemein gesprochen: Niemand sollte mit Blick auf Mai und September populistischen Versuchungen erliegen. Basis unseres Handelns sind und bleiben Recht und Gesetz und im Streitfall letzt-instanzliche, also rechtskräftige Urteile von Gerichten, aber auch Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit.

Lassen Sie sich nicht von der Aussicht auf eine mögliche Wiederwahl leiten oder von dem, was für ihre Partei oder Gruppierung das Beste zu sein scheint, sondern immer nur von dem, was für unsere Stadt vernünftig, bezahlbar und gut ist. Das reicht von der kleinen Laterne hinter der Sonnenuhr, wo drum herum viele Lichtquellen stehen, bis hin zur in meinen Augen rechtswidrigen Rückzahlung von Kitabeiträgen oder auch der breit diskutierten Kaufabsicht für die Fläche in der Stadtpromenade, wo es um Millionen geht.

Das mögen populäre Forderungen sein. Sie sind jedoch meistens nicht bis ins Detail durchdacht und letztlich auch nicht untersetzt. Damit gleiten sie schnell ab in den Populismus. Niemand sollte hier einfache Lösungen in komplizierten Prozessen ankündigen. Und, bitte, worüber soll ich denn mit dem EKZ-Investor verhandeln, wenn die Befürworter des Antrags ihre Kaufwünsche derart breit in die Öffentlichkeit tragen und damit automatisch den Preis hochtreiben?

Zudem sollten wir nicht zulassen, dass unser Sparkurs aufgeweicht wird. Sie haben ja sicher gelesen: Unternehmer beklagen eine ausufernde Bürokratie, auch wenn wir die als Stadtverwaltung nicht allein verschulden, aber wir müssen das wie so oft ausbaden. Unternehmer beklagen zugleich die hohe Steuerbelastung durch Grund- und Gewerbesteuer. Das wiederum ist Folge der jahrelangen Verschuldung und diverser Auflagen. Unsere Schulden müssen weg, deshalb sparen wir, wo es nur geht. Wir wollen handlungsfähiger werden. Deshalb dürfen wir vom Sparkurs nicht abkommen, schon gar nicht aus kurzfristigen Interessen. Ich kann Ihnen in diesem Zusammenhang berichten, dass wir einen Anhörungstermin für die Haushaltssatzung erhalten haben und uns eine Genehmigung ohne Auflagen in Aussicht gestellt worden ist. Das wäre ein guter Fortschritt in der bereits eingeleiteten Entwicklung, den wir nicht leichtfertig gefährden dürfen.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Cottbuserinnen und Cottbuser,
der Gesprächsbedarf in unserer Stadt ist ungebrochen. Deshalb darf ich Ihnen die kommenden Bürgerdialoge ans Herz legen. Am 12. Februar wollen wir uns mit dem Strukturwandel und der künftigen Entwicklung am Ostsee beschäftigen. Für März planen wir einen Ausblick auf die Kommunalwahlen, zu dem wir Ihnen als Vertreter der in der Stadtverordnetenversammlung agierenden Fraktion das Podium im Stadthaus überlassen. Im April werden wir uns gemeinsam mit der Polizeiinspektion mit den umfangreichen Aufgaben für Ordnung und Sicherheit befassen. Der Mai wird voraussichtlich der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen vorbehalten bleiben. Zu allen Veranstaltungen gibt es neben den thematischen Schwerpunkten immer die Gelegenheit, alle Fragen oder Meinungen loszuwerden. Lassen Sie uns gerade vor den Wahlen kontinuierlich im Gespräch bleiben, lassen Sie uns die besten Lösungen diskutieren, lassen Sie uns gemeinsam tragfähige und weise Entscheidungen treffen und dann konsequent handeln. Vertrauen wir auf unsere Kraft; Cottbus/Chóśebuz braucht sich nicht zu verstecken. Vielleicht dringt diese Botschaft ja auch bis zu der Zeitung in Sachsen durch und hoffentlich weit darüber hinaus.

(Es gilt das gesprochene Wort.)