Freitag
29.03.2024 · Brandenburgisches Landesmuseum für moderne Kunst (Cottbus) ·
Christa Jeitner, zu Jean Gionos „Der Träumer“, 19690, Tusche auf Papier
Christa Jeitner, zu Jean Gionos „Der Träumer“, 19690, Tusche auf Papier
Christa Jeitner, Foto: BLMK

Während in den jüngsten Ausstellungen des BLMK die textilen Collagen der Brandenburger Künstlerin Christa Jeitner (geb. 1935 Berlin) in den Blick genommen wurden, steht in dieser Kabinettausstellung ihr zeichnerisches Œuvre der 1950er bis 1980er Jahre im Fokus. Denn die Linie und alle sich daraus ergebenden grafischen Spielarten prägen gattungsübergreifend ihre gesamte künstlerische Entwicklung. Die in der Nachkriegszeit entstandenen freien Blätter und Zyklen beeindrucken durch ihren formal reduzierten Zeichengestus, der das Essentielle eines Gegenstands, das Eigentliche, pointiert begreift. So gelingt es Christa Jeitner in den kleinformatigen Stift- und Federzeichnungen, Gesten, Körperhaltungen und Gesichtszügen mithilfe weniger, oft fragil erscheinender Linien eine bemerkenswerte Ausdruckskraft zu verleihen. Ähnlich zurückgenommen ist der Strich ihrer Architekturen, wobei sie diese nahezu anatomisch in ihre wesentliche Bestandteile (de)konstruiert, bis nur noch ein skelettartiges Gerüst übrig bleibt. Anregungen für ihre Arbeit erhält die Künstlerin etwa durch Theaterbesuche, Reisen durch deutsche Städte und Landschaften und durch literarische Erzählungen und Gedichte von Jean Giono, Johannes Bobrowski, Christian Morgenstern und Wladimir Majakowski. Nach einer mehrjährigen Unterbrechung des Zeichnens findet Jeitner mit dem im Abriss befindenden Altstadtkern von Bernau in den 1980er Jahren eine neue Aufgabe. Die Vergegenwärtigung des zukünftig Abwesenden erfasst sie beinahe dokumentarisch und mit rascher, expressiver Linienführung. Die näherkommenden Bagger und Kräne treiben sie an. Jeitner richtet den Blick auf Ruinen und Relikte, die in ihrer einstigen Gestalt so selbstverständlich die (Stadt-)Landschaft und das Leben der Menschen prägten.