Begleitet von bewegenden und emotionalen Worten der Erinnerung hat Zeitzeuge Wolfgang Wiesner am Montag dem Cottbuser Stadtmuseum einen Handwagen übergeben. Auf diesem Wagen hatte Wiesners Familie nach dem Bombenangriff vom 15.02.1945 auf Cottbus die verbliebenen Habseligkeiten transportiert.

1Übergabe des Handwagens durch Wolfgang Wiesner
2Übergabe des Handwagens durch Wolfgang Wiesner
1,2Übergabe des Handwagens durch Wolfgang Wiesner
Stadt Cottbus/Chóśebuz

Wolfgang Wiesner, Jahrgang 1936, erlebte als 9-Jähriger in der Bautzener Straße 28 den Angriff alliierter Bomber auf die Stadt. „Vieles habe ich als Kind eher unbewusst erlebt. Da waren Lamettastreifen, mit denen der Bombenangriff schon Tage vorher vorbereitet wurde. Die haben wir als Kinder gesammelt. Am 15. Februar gab es Vor- und Hauptalarm fast gleichzeitig. Uns hat der Luftdruck der Bomben praktisch in den Keller gedrückt. Wir wussten nicht, ob wir da je wieder rauskämen.“ Die benachbarten Häuser bekamen Volltreffer. Wiesner: „Dort hat keiner überlebt. Beide Häuser waren nur noch Trümmer. Unser Haus war wie abgeschnitten. Uns hat unser Vater ausgegraben, der vom Volkssturm aus Sachsendorf kam und wusste, wo unter dem Schutt die Kellerfenster lagen.“ Nach der Rettung zog die Familie mit den verbliebenen Sachen – unter anderem auf dem Handwagen – zunächst nach Domsdorf zu Verwandten. Wiesner: „Wir kamen durch die brennende Südstadt, sahen die Lutherkirche, in der ich konfirmiert wurde, in Flammen. Jede Generation, die so etwas nicht mitmachen musste, soll erfahren, wie das war. Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten.“ Wiesner, geboren und aufgewachsen in Cottbus, lernte später Möbeltischler, musste aber wegen eines Augenleidens in die Finanzverwaltung umschulen. Er lebt heute in Parchim (Mecklenburg-Vorpommern). Zugleich freut sich Wolfgang Wiesner, dass der vom Großvater komplett handgefertigte Wagen noch intakt ist.

Der Wagen ist nunmehr Teil der ständigen Ausstellung im Stadtmuseum in der Bahnhofstraße.

Maren Dieckmann, Dezernentin für Bildung und Kultur: „Der Wagen ist Teil der städtischen Geschichte. Wir sind sehr dankbar, dass Herr Wiesner uns dem Wagen überlässt, denn das ist auch ein Teil seiner Lebens- und Familiengeschichte, den er uns hier übergibt. Das prägt das Museum als Stätte der Bildung für kommende Generationen.“

Steffen Krestin, Leiter der Stadtgeschichtlichen Sammlungen: „Solche Objekte habe eine erhebliche Aussagekraft. Irgendwann gibt es keine Zeitzeugen mehr. Dann brauchen wir diese Objekte und die Geschichten dazu, die weiter erzählt werden müssen.“

Das Stadtmuseum hat derzeit jeweils Dienstag bis Freitag von 10.00 bis 17.00 Uhr sowie Sonnabend, Sonntag und an Feiertagen von 13.00 bis 17.00 Uhr geöffnet.

https://www.stadtmuseum-cottbus.de/museum.html