Stadt Cottbus/Chóśebuz

Die Ev. Kirchengemeinde St. Nikolai Cottbus plant seit 2017 am Glockenprojekt für die Oberkirche St. Nikolai, mit dem der Stahlglockenstuhl durch einen Holzglockenstuhl ersetzt und das Geläut insgesamt erweitert werden soll. Zwei neue Glocken werden gegossen. Eine Glocke wird entwidmet. Die beiden alten wertvollen Voillard-Glocken von 1671 werden restauriert.

Das Projekt ist technisch hoch komplex und viele Aspekte sind zu bedenken. Spezialisten verschiedener Gewerke sind mit einbezogen. Das Kostenvolumen beläuft sich derzeit auf ca. 350.000,-€.

Oberbürgermeister Holger Kelch begrüßt die Initiative: „Einst waren Oberkirche und Rathaus Nachbarn am Altmarkt. Beide hatten barocke Türme mit Glocken, die 1945 brannten. Die Glocke des Rathauses ist heute ein Erinnerungsstück im Foyer des Stadthauses am Erich Kästner Platz. Ich würde mich freuen, wenn die Glocken-Initiative von vielen Cottbuserinnen und Cottbusern unterstützt und Herzensangelegenheit über die Gemeinde hinaus wird. Das ist ein wesentliches Stück Geschichte unserer Stadt, die weit in die Gegenwart reicht.“

Das nun vorliegende Projekt basiert auf dem Neubau des Glockenstuhles und seiner konstruktiven Einbindung in den Turm der Oberkirche. Der Glockenstuhl soll in Zukunft aus zwei Etagen besteht und vier Glocken im Zweierverbund übereinander Raum geben.

Als Jochwerk werden wieder gerade Holzjoche eingefügt, die eine genauere Dimensionierung in Bezug auf das Glockengewicht ermöglichen. Dass wir damit auf gekröpfte Stahljoche verzichten, ist ein wichtiger Beitrag zur Schonung der alten Glocken. Zudem wird zur statischen Entlastung des Turmes die Läuterichtung der Glocken von Ost-West auf Nord-Süd verändert. Die gesamte Glockenstuhlkonstruktion wird auf einem Stahlbetonringanker ruhen, der regelrecht in die Turmwände eingebunden ist. Auf diese Weise werden die Schwingungen, die beim Läuten entstehen, direkt in den Baukörper abgeleitet.

Dieses konstruktive Gesamtpaket verdankt sich den Erfahrungen, die Prof. Dr. Olaf Kempe (Dresden) mit seiner langjährigen praktischen wie wissenschaftlichen Erfahrung mit komplexen Holzkonstruktionen einbringt. Die Ausführung des Projekts liegt hauptsächlich in den Händen von Dipl.-Ing. Andreas Müller (Thalheim/ Erzgebirge); Thomas Walter (Luckau) und Firma Schweizer (Cottbus). Die Glocken werden gegossen und restauriert beim Traditionsbetrieb Grassmayr in Innsbruck (1599).

Das derzeitige Geläut wird modifiziert, erweitert und hat zukünftig folgende Disposition:

  • Glocke 1 – F. S. Voillard, 1671: c' – 3, 1645 mm, 2880 kg,
  • Glocke 2 - F. S. Voillard, 1671: des'' + 2, 1480 mm, 2070 kg, Neuguss:
  • Glocke 3 („Versöhnungsglocke“) – Grassmayr 2022: e' , 1270 mm, 1340 kg, Neuguss:
  • Glocke 4 („Taufglocke“) – Grassmayr 2022: g' , 1110 mm, 900 kg.

Die sog. „Lutherglocke“ wird stillgelegt und über die Glockenbörse anderen Interessenten zum Kauf angeboten. Wenn der Neuguss der Glocken gelingt und die Restaurierung der alten Voillard-Glocken abgeschlossen ist, wird sich der Klang des neuen Geläutes spürbar vom alten oder derzeitig eingeschränkten Geläut unterscheiden.

Der „sound of the city“ von Cottbus wird sich damit deutlich verändern. Auf der Internetseite der Gemeinde ist eine Klangsimulation abrufbar.

Quelle: Dr. Uwe Weise/Ev. Kirchengemeinde St. Nikolai Cottbus