Jan Gloßmann

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete, liebe Cottbuserinnen und Cottbuser,

Jan Gloßmann

eigentlich dürfte ich gar nicht vor Ihnen stehen – denn schließlich haben die Närrinnen und Narren die Macht im Rathaus übernommen und verwalten jetzt die Stadtkasse. Wir arbeiten dennoch weiter, und das keineswegs „kopflos“, um den Titel des Polizeirufs aus Cottbus/Chóśebuz zu zitieren. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Spaß beiseite.

Fast acht Millionen Menschen haben den Film am Sonntag, vor 14 Tagen im Fernsehen gesehen, nicht wenige zudem im Rahmen des Filmfestivals in der Stadthalle. Unsere Stadt bekommt so ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. Der Film bot durchaus eine Vielzahl schöner Bilder, die neugierig machen können und für manch Zuschauerin oder Zuschauer vielleicht überraschend kamen – so schön ist Cottbus/Chóśebuz.

Viele Auswärtige setzen da ein Fragezeichen, wir selbstbewusst ein Ausrufezeichen: So schön ist Cottbus/Chóśebuz! Es hat mich zudem gefreut, dass unsere Jazzy Diamonds einen Auftritt im Polizeiruf hatten.

Einen weiteren sportlichen Höhepunkt lieferte der Cottbuser Caio Lauxtermann als Teil des Duos, das bei den Weltmeisterschaften im Trampolin-Turnen Gold holte. Das ist nicht nur sportlich bemerkenswert. Die Süddeutsche Zeitung berichtete ebenso wie der „Spiegel“, und aus diesem darf ich eine kurze Passage über Caio, der als Kind in den USA lebte, zitieren: „2017 lernte er bei einer Nachwuchsweltmeisterschaft in Bulgarien Vertreter einer Sportschule aus Cottbus kennen, die ihm von der idealen Kombination aus Schule, Internat und spezieller Trainingshalle erzählten. Etwas Vergleichbares gab es in den Vereinigten Staaten nicht. So kam er von Los Angeles in die Lausitz nach Cottbus/Chóśebuz.“

Wir müssen unser Licht nicht untern Scheffel stellen. Gewiss, solche Momente der Anerkennung und Schönheit sind in der Welt derzeit eher rar gesät.

Die Schlagzeilen werden leider weiterhin von Kriegen, Gewalt, Verfolgung und Tod bestimmt. Viele Cottbuserinnen und Cottbuser haben sich am 09. November an den Veranstaltungen im Gedenken an die Pogrome von 1938 und die Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung der Juden in den Folgejahren beteiligt. Sie haben gleichzeitig ihre Solidarität mit denen kundgetan, die heute verfolgt, gedemütigt, entführt, getötet werden.

Als Kommune sind unsere Möglichkeiten zu reagieren sicherlich begrenzt. Wir sind genauso bedrückt vom Leid in den Kriegen und nehmen Anteil. Als Zeichen der Solidarität mit den Angegriffenen haben wir an der Stadthalle die Fahnen der Ukraine und Israels aufgezogen. Dazwischen hängt ganz bewusst die Fahne mit der weißen Taube, die unser aller Sehnsucht nach Frieden Ausdruck verleiht. Nur ein gerechter und verlässlicher Frieden wird dauerhafte Lösungen für die Konflikte bringen.

Gleichwohl gilt es weiter jene zu unterstützen, die überfallen oder Opfer von Terrorattacken werden.

Mit Hoffnung hören wir von einer viertägigen Feuerpause, die nunmehr vereinbart worden ist. 50 Geiseln, die von der Hamas gefangen gehalten werden, sollen freikommen.

Unsere besondere gesellschaftliche Verantwortung gilt dem Schutz und dem Beistand für die jüdische Gemeinde in unserer Stadt sowie der Synagoge. Wir lassen die Juden in unserer Stadt nicht allein. Die Opfer der Pogrome sind nicht vergessen. Das Innehalten mit den Stühlen am Stadtbrunnen am 09. November hat dies gezeigt.

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit einiger Sorge oder zumindest vielen Fragezeichen blicken wir derzeit nach Berlin zum Bund. Noch wissen wir nicht, welche Auswirkungen das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Nachtragshaushalt des Bundes haben wird.

Aber die Situation lässt nichts Gutes ahnen, weil es eine weitere Hängepartie und Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger geben kann.

Was wir aber dringend brauchen und stärken müssen, ist Vertrauen in die Funktionsfähigkeit und Lösungskompetenz des Staates. Ich komme gleich noch darauf zurück.

Ähnlich verhält es sich mit den Ankündigungen nach dem Bund-Länder-Gipfel zur Eindämmung und Bewältigung der anhaltenden, weitgehend illegalen Migration. Grundsätzlich ist es gut, dass mehr Geld zur Verfügung gestellt wird. Denn diese Forderung ist Jahre alt und aus Cottbus/Chóśebuz heraus mehrfach erhoben: Das Geld muss dahin, wo die Menschen tatsächlich sind. Und diese zieht es vornehmlich in die Städte. Hier bei uns… entstehen die Bedarfe zur Integration der Menschen. Es sind aber noch viele Detailfragen offen, so dass wir die Auswirkungen noch nicht eindeutig abschätzen können. So deutet sich an, dass die Länder Brandenburg und Berlin eine einheitliche Chipkarte planen, mit denen Flüchtlinge Sachleistungen erlangen können.

Hier wird es jedoch eine deutschlandweit einheitliche Lösung geben müssen, um zusätzliche Bürokratie zu vermeiden.

Die Grenzkontrollen scheinen kurzfristig zu wirken. Ziel muss es bleiben, zu geregeltem Zuzug zurückzukehren – denn Zuzug brauchen wir für die Unternehmen, also den Arbeitsmarkt in der Stadt.

Auch in diesem Sinne haben wir als Stadtverwaltung eine zusätzliche Jobkampagne gestartet. Dazu zählt die Präsenz auf den großen Displays in der Stadt, aber natürlich auch die Präsenz als Boomtown im Netz. Nur eine gut besetzte, dienstleistungs-orientierte Verwaltung schafft wesentliche Grundlagen für einen gelingenden Strukturwandel, aber auch einen funktionierenden Alltag. Jüngst ist nun uns – wie vorher schon der Bahn AG – vorgeworfen worden, wir würden zu sehr in heimischen Gewässern nach Personal fischen und die heimische Wirtschaft ausstechen.

Nein, das ist nicht richtig. Denn wir suchen überregional, nicht nur lokal. Wir werben gezielt um ehemalige Cottbuserinnen und Cottbuser und haben dazu den Rückkehrertag am 27. Dezember extra auf den Altmarkt verlegt, um noch mehr Menschen ansprechen zu können. Denn dort, auf dem Weihnachtsmarkt, tummeln sich viele, die über die Feiertage die Familie oder die alte Heimat besuchen. Diese wollen wir mit attraktiven Angeboten erreichen.

Ich will ihnen zwei Beispiele nennen, warum wir dringend Personal suchen und brauchen: Im Fachbereich Grün- und Verkehrsflächen sind von nominell 72 Stellen aktuell 24 nicht besetzt. Dieser Fachbereich ist relevant für pflichtige Aufgaben an Straßen, Wegen und Brücken vor allem für Unterhaltung und Neubau, für Grün- und Parkanlagen, für Baumkontrolle, Spielplätze, Friedhöfe, Brunnen. Wesentliche Themen im Fachbereich sind Klimaschutz, Schwammstadt, Regenrückhaltung sowie natürlich übergreifend der Strukturwandel mit dem Lausitz Science Park, dem Ostsee, dem Bahnwerk und Bahnhofsumfeld. Die Cottbuserinnen und Cottbuser sowie die Unternehmerschaft erwarten zu Recht, dass wir unsere Aufgaben erfüllen.

Ein zweites Beispiel: In der Ausländerbehörde sind von 36 Stellen derzeit 11 nicht besetzt. Gleichzeitig steigen die Anforderungen als Folge des oft ungeregelten Zuzugs. Unsere Ausländerbehörde, die für Cottbus/Chóśebuz und den Landkreis Spree-Neiße zuständig ist. Es müssen also Prioritäten gesetzt werden, wenn Personal fehlt.

Insgesamt haben wir derzeit fast 200 nicht besetzte Stellen in der Verwaltung. Das ist Arbeit, die von anderen Kolleginnen und Kollegen mit erledigt wird. Dafür mein großer und herzlicher Dank. Es bleibt aber auch Arbeit liegen, Dinge verzögern sich.

Wir werden den Wandel nur bewältigen und vor allem gestalten, wenn wir als moderne Verwaltung agieren. Dieser Wandel bringt jedoch eine Menge zusätzliche Aufgaben im Zuge des Kohleausstiegs, die wir gern angehen, weil wir unsere Stadt neu aufstellen wollen. Unser Ziel muss es also sein, gemeinsam mit der heimischen Wirtschaft Menschen für unsere Region zu begeistern. Wir wollen, das sich der Aufbruch der krassen Lausitz bis Baden Württemberg und Bangladesch, bis Zinnowitz und Zypern herumspricht.

Sehr geehrte Damen und Herren,

im zurückliegenden Monat haben wir den Austausch mit unseren Partnerstädten Saarbrücken und Montreuil weiter intensiviert. Wir sind uns in vielem näher als man so glaubt. Denn Fragen wie der Fachkräftemangel, Auswirkungen der Demografie, die Zuwanderung, der Klimawandel stellen sich global genauso wie regional und lokal. Wesentliches Ziel der Partnerschaften bleibt es, Menschen zusammenzubringen. Mit Montreuil haben wir dazu eine weitere Vereinbarung geschlossen.

Besonders wichtig ist mir, Jugendliche unserer Städte zusammenzuführen und gemeinsam in Bildung zu investieren. Diese Vorhaben sind Grundpfeiler für eine dauerhafte Freundschaft unserer Städte und ihrer Bürgerinnen und Bürger. Wir wissen angesichts des aktuellen Weltgeschehens, das die Zeiten nicht einfacher werden. Europa wird schweren Prüfungen unterzogen werden und sein Verhältnis in und zu dieser Welt neu justieren.

Mit den Städtepartnerschaften ist Europa ein Projekt der Bürgerinnen und Bürger. Wir sehen gemeinsame Ansätze zur Lösung von drängenden Fragen und Problemen, sei es die Migrations- und Integrationspolitik, sei es der Klimawandel, der Ausbau einer nachhaltigen Energieversorgung, aber eben auch Sport und Kultur als gemeinstiftende Faktoren – zuvorderst aber die Wahrung des Friedens. Soweit Montreuil, es gilt aber für alle.

Zudem lesen wir von Gelsenkirchen, dass dort der Wasserstoff-Standort ausgebaut wird zur Produktion von grünem Wasserstoff. Und Saarbrücken schaut u.a. neugierig auf unseren Umgang mit der früheren Galeria-Immobilie.

Wir halten an unseren Plänen fest, mit unserem Stadtforum K einen lebendigen innerstädtischen Ort zu etablieren. Das Modell wird jetzt übrigens in Leverkusen zum Tragen kommen, wo laut Medienberichten eine in kommunalem Besitz befindliche Gesellschaft eine bisher von Kaufhof genutzte Immobilie erwirbt. Es gibt jeden Tag neue Entwicklungen. Die klare und Botschaft ist: Wir haben keinen Mietvertrag unterschrieben, sondern den Mieter mit dem Kauf übernehmen müssen. Und nun, haben wir dem Mieter fristlos gekündigt. Die fortdauernden Verletzungen der Pflichten aus dem Mietvertrag, waren nicht länger hinnehmbar.

Diese Entwicklung ist bedauerlich, eine harte Reaktion ist in der jetzt eingetretenen Situation aber unvermeidlich. Wir wollen dort einen lebendigen Ort entwickeln, der wenn möglich Handel mit Dienstleistungen der Stadtverwaltung kombiniert und als Stadtforum K zum Bürgertreff in der Innenstadt wird.

Das schließt im Übrigen nicht aus, dass wir mit dem Mieter eine neue Vertragsbasis finden, und dass es dann weitergeht.

Meine Bitte ist: Zu weiteren Details möchte ich aus vertragsrechtlichen Gründen nur im nicht öffentlichen Teil der Sitzung informieren. Unser Stadtforum K wird unabhängig vom Profil eines Mieters seine Funktion als Treff- und Kommunikation und Dienstleistungsort erfüllen. Daran arbeiten wir weiterhin.

Sehr geehrte Damen und Herren,

am Sonnabend werden wir die Ehrenmedaille der Stadt Cottbus/Chóśebuz vergeben. Für ihr vorbildliches Wirken für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt werden Elke Nowack und Dr. Bernd Wegner geehrt. Beide stehen gewiss auch stellvertretend für Tausende engagierte Frauen und Männer in Cottbus/Chóśebuz. Beide eint in ihrem beruflichen oder ehrenamtlichen Tun – und das zeichnet aus – dass sie dem Menschen zugewandt sind. Das ist wahrlich ein großes Geschenk für uns alle.

Alle Jahre wieder….

Am Montag, 27. November wird der Weihnachtsmarkt offiziell um 15.00 Uhr eröffnet, traditionell mit dem großen Stollenanschnitt auf dem Altmarkt. Natürlich soll auf dem Weihnachtsmarkt Trubel herrschen, Geselligkeit und Austausch. Ich wünsche mir aber auch Momente der Besinnlichkeit, des Innehaltens, des Nachdenkens für diese und in dieser Zeit.

Und ich freue mich, dass ich guten Gewissens, mit einer großen Portion Zuversicht und der Überzeugung, dass hier viele Menschen mitziehen, in das zweite Jahr meiner Amtszeit als Oberbürgermeister gehen kann. Ich lade Sie und alle Cottbuserinnen und Cottbuser ein, bei der Gestaltung unserer Heimatstadt mitzumachen. Das ist das beste Geschenk, was wir uns zum 867. Geburtstag am 30. November der Stadt Cottbus/Chóśebuz machen können.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Es gilt das gesprochene Wort.)