Wie gestern bekannt wurde, tritt der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Professor Jochen Zimmermann sein Amt als Gründungspräsident der BTU Cottbus-Senftenberg nicht an. Damit hat der umstrittene Prozess der Neugründung der Brandenburgischen Technischen Universität durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) einen weiteren Tiefpunkt erreicht. Für die gesamte Lausitz ist großer Schaden entstanden. Wissenschaftsministerin Sabine Kunst ist es nicht gelungen, den Prozess der Neugründung der wichtigsten wissenschaftlichen Einrichtung Südbrandenburgs und einzigen technischen Universität Brandenburgs zu stabilisieren. Die Ministerin trägt damit die volle Verantwortung für den Schaden, der der BTU Cottbus-Senftenberg zweifellos entstanden ist. Ich fordere sie auf, die notwendigen persönlichen Konsequenzen zu ziehen.

Das wichtigste Amt der Einrichtung wird zum 1. Juni nicht besetzt werden können. Ein neues Berufungsverfahren dauert von der Ausschreibung bis zur Besetzung erfahrungsgemäß mindestens sechs Monate. Wichtige Entscheidungen zu Berufungen von Professoren an die BTU und Fragen der wissenschaftlichen Ausrichtung bleiben damit auf unbestimmte Zeit ungeklärt. Das dringend erforderliche Standortentwicklungskonzept, in dem für die Studenten klar definiert wird, an welchen Standorten welche Studiengänge gelehrt werden, wird ebenfalls nicht entschieden werden können. Ich befürchte nicht nur weiteren Stillstand in der Entwicklung der BTU, sondern eine Verstärkung des bereits eingetretenen Imageverlustes und die zunehmende Verunsicherung von künftigen Studierenden, von Mitarbeitern, Professoren und Partnern aus der Wirtschaft und damit eine Negativentwicklung bezüglich der Studierendenzahlen und der Einwerbung von Drittmitteln.

Der Prozess der Auswahl des Gründungspräsidenten wurde seitens der Ministerin von vornherein nicht professionell geführt. Sie hat dem erweiterten Gründungssenat einen Kandidaten vorgeschlagen, mit dem die Grundsätze des Vertrages weder bezüglich der inhaltlichen Ausrichtung der Universität noch der persönlichen Rahmenbedingungen einvernehmlich abgestimmt und protokolliert waren. Nach Aussage von Prof. Zimmermann konnte die Ministerin seine klaren inhaltlichen Konzepte nicht mittragen. In einem offenen Brief an die Ministerin erklärt der Wirtschaftswissenschaftler dazu: „Von Anfang an haben Sie den von mir und nahezu allen Teilen der Universität formulierten Fusionsplan nicht mitgetragen: ein disziplinärer Aufbau der neuen Universität unter Trennung ihrer anwendungsbezogenen und forschungsorientierten Teile. Sie hatten der Öffentlichkeit eine auf Energie- und Umweltfragen fokussierte Universität neuen Typs als Erfolgsmodell vorgegaukelt. In der Vorbereitung auf mein Amt ist mir immer klarer geworden, mit welchen politischen Instrumenten bei der Planung gearbeitet wurde und wie fernab jeder Realität Modelle und Entscheidungsgrundlagen des Ministeriums waren."

Der Studierendenrat der BTU Cottbus-Senftenberg erklärte dazu heute: „Man hat das Gefühl, dass diese Ministerin unsere Universität absichtlich vor die Wand fährt." Dass in der Öffentlichkeit dieser Eindruck entstehen könnte, ist nach den jüngsten Ereignissen nicht gänzlich unverständlich.