„Den Alten zur Ehr´, den Jungen zur Lehr´! - Starym ku cesći, młodym k powucenju!“. Das Wendische Museum zeigt ab 25. November in einer neuen Ausstellung eine faszinierende Trachtenschau

Neben den Sorben/Wenden in der Ober- und Niederlausitz haben die im Hannoverschen Wendland lebenden Drawehnopolaben am längsten von allen Slawenstämmen im Gebiet zwischen Ostsee und Mittelgebirge ihre Kultur und Sprache bewahren können. Die Drawehnen gehören zu den am weitesten westlich siedelnden Slawen. Ihre Kultur strahlt bis heute eine besondere Faszination auf uns aus.

1756 starb Emmerentz Schultze in Wustrow im Alter von 88 Jahren und mit ihr die letzte Person, die das Drawehnische als Muttersprache beherrschte. Eine Amtsakte verzeichnet: „Diese alte Wittwe ist die letzte von denen, die perfect Wendisch hat sprechen und singen können, daher sie auch vor ihre Königliche Majestät unseren allergnädigsten Landesherren zur Görde hat erscheinen müßen, üm diese Sprache aus ihrem Munde zu hören.“ (De Kennung. Zeitschrift für plattdeutsche Gemeindearbeit, Andresen a. d., esprint Druckerei und Verlags GmbH & Co.KG Bücher und Zeitschriftendruck, Heidelberg 1988, S.104)
Bereits im Jahre 1724 schrieb der drawehnische Dorfschulze aus Süthen, Johann Parum Schultze (1677–1740), voller Sorge in seine „Wendlandchronik“ (Abschrift durch Graf Jan Potocki, Original im 18. Jh. verschollen): „Ich bin ein Mann von 47 Jahren. Wenn mit mir und denn noch drey Personen es vorbey ist in unserem Dorf, alsdann wird wohl niemand recht wissen, wie ein Hund auf Wendisch genannt wirdt. („Die Wendland Chronik des Dorfschulzen Johann Parum Schultze aus Süthen, geschrieben in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.“ Volkstümliche gekürzte Ausgabe nach der Edition von Reinhold Olesch, Herausgeber: Dr. Karl Kowalewski, Lüchow 1991; S. 99)

Unter der Bezeichnung “Hannoversches Wendland” verstehen seine heutigen Bewohner den größten Teil des Landkreises Lüchow-Dannenberg, wobei sie schon den Dannenberger Raum und die Elbmarsch ausklammern. Sie verstehen das „echt Wendländische“ nur dort, wo noch zuletzt Tracht getragen wurde. Das sind die kleinen Untergaue wie Drawehn, Gein, in der Lucie oder Bröking, in den Heiden, Öring oder Nöring und Lemgow. Sogar die Swinmark um Bergen und Schnega will man nicht mehr dazuzählen.

Das Interesse der Sorben/Wenden für die drawehnische-wendische Kultur besteht nicht erst seit der politischen Wende vor anderthalb Jahrzehnten. Als sich im 17. bis 19. Jahrhundert Forscher für die drawehnischen Sprachrelikte interessierten, gehörten zu ihnen neben Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) und anderen auch der sorbische Gymnasiallehrer, Volkskundler und Linguist Prof. Dr. Ernst Mucke/Arnošt Muka (1854–1932). Letzterer analysierte auf sprachwissenschaftlicher Grundlage das erhalten gebliebene elbslawische namenkundliche Material.
Auch das Wendische Museum/Serbski muzej in Cottbus/Chóśebuz hat sich seit seinem Bestehen mit dem Lüneburger Wendland beschäftigt und in der ständigen Ausstellung des Hauses wird auf die Drawehnen verwiesen. Bereits 2005 gelang es dem Wendischen Museum - vor allem durch die Hilfe und Mitarbeit des Ethnologen Albrecht Lange aus Lübben - wertvolle Trachtenteile aus dem Hannoverschen Wendland anzukaufen. Zusammen mit dem Autoren des Buches, Albrecht Lange, dem Domowina-Verlag Bautzen und mit Unterstützung des Sammlers Michael Kablitz aus Jameln konnte das Wendische Museum ein umfassendes Trachtenbuch zur Tracht des Hannoverschen Wendlandes herausgeben, was anlässlich der Eröffnung der Ausstellung präsentiert wird.

Die Sonderausstellung „Den Alten zur Ehr, den Jungen zur Lehr“ und die nunmehr vorliegende Publikation über die Trachten des Hannoverschen Wendlandes werden als ein Höhepunkt der Ausstellungstätigkeit des Wendischen Museums im Jahre 2006 angesehen, zumal es gerade 250 Jahre her ist, dass die wendische Sprache im Hannoverschen Wendland erlosch.
Der Autor der Ausstellung ist der Sammler Michael Kablitz (geb. 1975) aus Jameln. In seinem noch jungen Alter hat er sich bereits eingehend mit der Tracht seiner Vorfahren befasst und eine stattliche Zahl an Trachtenteilen gesammelt. Es ist das erste Mal, dass er seine Schätze der Öffentlichkeit präsentiert. Im Wendischen Museum in Cottbus werden erstmalig insgesamt 14 vollständige Trachten zu sehen sein, außerdem viele Einzelstücke, Fotos und sonstige Exponate des dörflichen Lebens des Wendlandes.

Die umfassende und faszinierende Trachtenschau ist bis zum 25. Februar 2007 im Museum in der Mühlenstraße 12 zu sehen. Am 25. Januar ist im Museum eine Buchbesprechung geplant.