Vollzug des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushaltes – Wasserhaushaltsgesetz (WHG) vom 31.07.2009 (BGBl.I 2009 S.2585) in der zurzeit gültigen Fassung i. V. m. dem Brandenburgischen Wassergesetz (BbgWG) vom 02.03.2012 (GVBl.I Nr.20) in der zurzeit gültigen Fassung

Allgemeinverfügung der Stadt Cottbus/Chóśebuz zur befristeten Einschränkung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs

  1. Unter Aufhebung der Allgemeinverfügung zur befristeten Einschränkung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs und von wasserrechtlich erlaubten Entnahmen aus Oberflächengewässern vom 14.06.2022 verfüge ich hiermit gem. §§ 44, 45, 126 BbgWG i. v. m. § 26, 33, 100 WHG i. V. m. § 29 Abs.2 BbgWG folgende Einschränkung der Ausübung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs:

    Die Entnahme von Wasser aus Oberflächengewässern mittels Pumpvorrichtung wird ganztägig untersagt.

  2. Die Allgemeinverfügung erstreckt sich über das Stadtgebiet Cottbus/Chóśebuz

  3. Eine Ausnahme von den Einschränkungen nach Nummer 1 dieser Allgemeinverfügung kann die untere Wasserbehörde im Einzelfall auf Antrag erteilen, sofern eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten ist.

  4. Diese Allgemeinverfügung gilt bis auf Widerruf.

  5. Die sofortige Vollziehung der Allgemeinverfügung wird angeordnet.

  6. Diese Allgemeinverfügung tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.

Begründung

A.

Die sehr hohen Temperaturen und die anhaltend geringen Niederschläge haben die bereits angespannte wasserwirtschaftliche Situation weiter verschärft. Eine merkliche Verbesserung ist trotz der zurückliegenden und aktuellen Niederschlagsereignisse nicht eingetreten.

In der gegenwärtigen Situation wirken sich bereits geringfügige Wasserentnahmen nachteilig auf die Gewässerökologie (insbesondere in kleineren Oberflächengewässern) aus. Unter diesem Hintergrund ist es erforderlich, die Oberflächengewässer vor vermeidbaren Beeinträchtigungen zu schützen.

Die Allgemeinverfügung vom 14.06.2022 zur befristeten Einschränkung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs und von wasserrechtlich erlaubten Entnahmen aus Oberflächengewässern untersagte die Entnahme von Wasser aus Oberflächengewässern mittels Pumpvorrichtungen in der Zeit von 08:00 Uhr bis 20:00 Uhr. Diese zeitliche Beschränkung von Wasserentnahmen ist, unter Berücksichtigung der vorhandenen hydrologischen Situation, als Mittel zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt in den Gewässern nicht mehr ausreichend.

Trotz der eingeleiteten Maßnahmen innerhalb der Niedrigwasserstufe 1 konnte der Schwellenwert des Pegels Leibsch UP von 4,5 m³/s nicht ausreichend gestützt werden. Seit dem 13.07.2022 wird nunmehr der Schwellenwert der Niedrigwasserstufe 2 von 2,5 m³/s am Pegel Leibsch UP durchgehend unterschritten (siehe: https://pegelportal.brandenburg.de/start.php ). Der gleitende Mittelwert über 7 Tage am Pegel Leibsch UP beträgt am 20.07.2022 weniger als 2,5 m³/s, wodurch Maßnahmen gemäß Niedrigwasserstufe 2 zu ergreifen sind.

Durch das geringe Wasserdargebot sind sowohl die Wasserqualität als auch die Lebewesen in den Gewässern gefährdet. Eine Verbesserung der meteorologisch-hydrologischen Situation ist vorerst nicht abzusehen, da die Prognosen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) gegenwärtig gleichbleibende (hohe) Temperaturen bei geringen Niederschlagsmengen vorhersagen. Um einer weiteren Verminderung der Wasserführung entgegenzuwirken, ist die Einschränkung des Anliegergebrauchs, d. h. das Untersagen von Wasserentnahmen aus Oberflächengewässern, in Kombination mit weiteren Maßnahmen des Niedrigwassermanagements erforderlich.

Der natürliche Wasserhaushalt leidet immer noch unter den Folgen der Trockenheit der Vorjahre und die sich fortsetzende Trockenheit in Verbindung mit hochsommerlichen Temperaturen verschärfen die wasserwirtschaftliche Situation zunehmend. Der zur Niedrigwasseraufhöhung zur Verfügung stehende Betriebsraum in der Talsperre Spremberg und den sächsischen Speichern wurde bereits im Mai, Juni und Juli überplanmäßig genutzt.

Mit dieser Situation sind negative Auswirkungen insbesondere auf den Wasserhaushalt und auf den ökologischen Zustand verbunden. Die Oberflächengewässer müssen daher vor jeder vermeidbaren weiteren Beeinträchtigung geschützt werden. Deshalb ist dafür zu sorgen, dass Wasserentnahmen, die den Abfluss der Fließgewässer verringern können, weitgehend unterbunden werden.

Das Landesamt für Umwelt Brandenburg hat weiterhin im Rahmen seines Bewirtschaftungsermessens begonnen, seit dem 09.06.2022 u. a. Ableitungen aus der Spree zu drosseln. Die Maßnahmen zur Wasserbewirtschaftung in Niedrigwasserzeiten erfolgen hierbei nach dem „Konzept zur Wasserbewirtschaftung im mittleren Spreegebiet in Niedrigwasserzeiten“ mit Stand vom 29.09.2021 (siehe: https://mluk.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/Niedrigwasserkonzept-Mittlere-Spree.pdf Zugriff am 21.07.2022).

B.

Nach § 100 WHG ist es Aufgabe der Gewässeraufsicht, die Gewässer sowie die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen, die nach oder auf Grund von Vorschriften dieses Gesetzes, nach auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen oder nach landesrechtlichen Vorschriften bestehen. Die zuständige Behörde ordnet nach pflichtgemäßem Ermessen Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von Verpflichtungen nach Satz 1 sicherzustellen. Gemäß § 124 Abs. 2 BbgWG ist die kreisfreie Stadt Cottbus/Chóśebuz untere Wasserbehörde und als solche gemäß § 126 Abs. 1 BbgWG für den Vollzug des Brandenburgischen Wassergesetzes zuständig.

Gemäß § 26 Abs. 2 WHG dürfen in den Grenzen des Eigentümer- und Anliegergebrauchs Eigentümer und Anlieger der an oberirdische Gewässer grenzenden Grundstücke Gewässer ohne Erlaubnis und Bewilligung benutzen, wenn dadurch andere nicht beeinträchtigt werden und keine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit, keine Verminderung der Wasserführung sowie keine andere Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu erwarten sind. Nach § 45 BbgWG gelten § 43 Abs. 2 und § 44 BbgWG sinngemäß.

Gemäß § 44 BbgWG kann die Wasserbehörde im Einzelfall oder durch Allgemeinverfügung die Ausübung eines Teilbereiches des Gemeingebrauches oder den Gemeingebrauch insgesamt regeln, beschränken oder verbieten, um

  1. die Eigenschaften und den Zustand der Gewässer einschließlich des Gewässerbodens und der Ufer vor nachteiligen Veränderungen zu schützen,

  2. zu gewährleisten, dass die Bewirtschaftungsziele und die Vorgaben des Maßnahmeprogramms erreicht werden,

  3. Natur und Landschaft zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln,

  4. Beeinträchtigungen, Belästigungen und Gefahren für die Allgemeinheit oder für Einzelne zu verhindern.

Die Wasserbehörde kann daher Anordnungen über die Ausübung des Gemein- sowie Eigentümer- und Anliegergebrauchs an oberirdischen Gewässern treffen, um den Wasserhaushalt gegen nachteilige Veränderungen der Eigenschaften des Wassers oder eine wesentliche Veränderung der Wasserführung zu schützen.

Nach § 33 WHG ist das Aufstauen eines oberirdischen Gewässers oder das Entnehmen oder das Ableiten von Wasser aus einem oberirdischen Gewässer nur zulässig, wenn die Abflussmenge erhalten bleibt, die für das Gewässer und andere hiermit verbundenen Gewässer erforderlich ist, um den Zielen des § 6 Abs. 1 WHG und der §§ 27-31 WHG zu entsprechen (Mindestwasserführung).

Durch diese Allgemeinverfügung wird den Anliegern die Wasserentnahme aus Oberflächengewässern mittels Pumpvorrichtung ganztägig untersagt. Nach dem Niedrigwasserkonzept für die mittlere Spree entspricht diese Maßnahme der festgelegten Vorgehensweise um eine zunehmende Beeinträchtigung der Gewässerökosysteme angemessen entgegenzuwirken. Die Untersagung von Wasserentnahmen aus Oberflächengewässern mittels Pumpvorrichtung ist somit gegenwärtig das geeignete Mittel, um einer weiteren Beeinträchtigung der Gewässerökosysteme entgegenzuwirken.

Zur Bewältigung dieser Niedrigwassersituation wurden bereits alle anderen Bewirtschaftungsmaßnahmen erschöpfend umgesetzt. Um nun einer weiteren Verminderung des Wasserstandes bzw. der Wasserführung und einer Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit entgegen zu wirken ist es erforderlich, das Entnehmen von Wasser aus Oberflächengewässern mittels Pumpvorrichtungen für Eigentümer und Anlieger zu untersagen.

Das unter § 43 Abs. 1 BbgWG als Gemeingebrauch eingestufte Schöpfen von Wasser mit Handgefäßen bleibt von der Allgemeinverfügung unberührt und ist bei ausreichender Wasserführung weiterhin zulässig. In Ausnahmefällen ist zudem die Erteilung einer widerruflichen Ausnahmegenehmigung auf Antrag möglich. Damit sind auch die Interessen der Eigentümer von Gewässergrundstücken und der Anlieger angemessen berücksichtigt.

Die Einschränkungen durch diese Allgemeinverfügung gelten nicht für wasserrechtlich erlaubte Entnahmen. Hier sind konkrete Einzelanordnungen zu treffen sofern eine Aufrechterhaltung nicht im überwiegend allgemeinen öffentlichen Interesse liegt.

C.

Die Allgemeinverfügung ergeht gemäß § 36 Abs. 2 Nr.3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.01.2003 (BGBl.I S.102) in der derzeit gültigen Fassung und gilt bis auf Widerruf.

Gemäß § 43 Satz 1 VwVfG wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, indem er ihm bekannt gegeben wird.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vom 19.03.1991 (BGBl.I S.686) in der derzeit gültigen Fassung erforderlich, um zu verhindern, dass durch die Einlegung von Rechtsmitteln Wasserentnahmen im Rahmen des Anliegergebrauchs fortgesetzt werden und sich dadurch die Niedrigwassersituation weiter verschärft. Hierfür ist festzuhalten, dass die Interessen zum Schutz des Ökosystems (Spree) und Nutzungsansprüche der Unterlieger (Trinkwasserversorgung von Frankfurt/Oder und Berlin) dem privaten Interesse von Anliegern und Eigentümern überwiegt. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liegt daher im öffentlichen Interesse.

Aufgrund der Dringlichkeit der Entscheidung wird auf der Grundlage von § 41 Abs. 4 Satz 3 VwVfG außerdem bestimmt, dass die Allgemeinverfügung bereits am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft tritt. Dies ist erforderlich, weil die Einhaltung einer gewöhnlichen Bekanntmachungsfrist von zwei Wochen den unmittelbaren und effektiven Schutz der Wasserreserven und Gewässerökosysteme zu weit verzögern würde.

Die Anordnung der Wirksamkeit der Allgemeinverfügung am Tag nach der Bekanntgabe ist daher geeignet, erforderlich und verhältnismäßig.

Hinweise:

  1. Der Gemeingebrauch oberirdischer Gewässer gemäß § 43 Abs. 1 BbgWG (z. B. das Baden, Tauchen oder Viehtränken) wird durch diese Allgemeinverfügung nicht eingeschränkt.

  2. Das Entnahmeverbot gilt nicht für zugelassene Benutzungen. Sofern die Einschränkung von wasserrechtlichen Erlaubnissen erforderlich wird, ergeht eine gesonderte Anordnung an den Erlaubnisinhaber.

  3. Die Einhaltung der Allgemeinverfügung wird durch die untere Wasserbehörde überwacht. Zuwiderhandlungen können gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 1 WHG als Ordnungswidrigkeit geahndet werden (Geldbuße bis zu 50.000,00 € gemäß § 103 Abs. 2 WHG).

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Oberbürgermeister der Stadt Cottbus/Chóśebuz, Neumarkt 5 in 03046 Cottbus, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift zu erheben. Ein Widerspruch gegen diese Allgemeinverfügung entfaltet aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches kann gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beim Verwaltungsgericht Cottbus, Vom-Stein-Straße 27, 03050 Cottbus beantragt werden.

Falls der Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung in elektronischer Form erhoben wird, sind die besonderen Voraussetzungen des § 55a Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) vom 24. November 2017 (BGBI. I S.3803) in der zurzeit geltenden Fassung zu beachten. Eine einfache E-Mail genügt diesen Anforderungen nicht (eine Erhebung per E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur ist aufgrund von § 4 Abs. 1 ERVV nicht möglich).

Cottbus/Chóśebuz, 21.07.2022

Im Auftrag

gez.
Thomas Bergner

Dezernent

Die Allgemeinverfügung wurde mit Wirkung zum 03.09.2022 aufgehoben.


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