Jan Gloßmann

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete, liebe Cottbuserinnen und Cottbuser,

es wird dies meine letzte Rede vor der Stadtverordnetenversammlung und auch meine letzte Stadtverordneten-Sitzung im Amt des Oberbürgermeisters der Stadt Cottbus/Chóśebuz. Ab dem 30.11.2022 bekleidet Tobias Schick dieses wichtige und gleichermaßen würde- wie anspruchsvolle Amt. Herzlichen Glückwunsch zur Wahl, lieber Tobias Schick, auch nochmals von dieser Stelle aus.

Es war ja nun einige Zeit, sich an den Gedanken des Abschieds zu gewöhnen. Und so überwiegt bei mir nicht Wehmut, sondern das, was in unserer Stadt seit vielen Monaten zu spüren und zum Teil schon zu greifen ist: ein neuer Aufbruch. Ich denke, ich kann das Rathaus und die Verwaltung erhobenen Hauptes und mit gutem Gewissen verlassen.

Ich denke, dass unsere Verwaltung krisenerprobt und mittlerweile auch in Krisen gewachsen ist. Im Grunde und leider haben Krisen der verschiedensten Art meine Amtszeit als Oberbürgermeister bestimmt.

Ich erinnere an die Flüchtlingskrise quasi zum Amtsantritt und spätestens ab August 2015, deren Spätfolgen bzw. eine Art Neuauflage wir aktuell schon wieder erleben. Bis 2017 stieg der Ausländeranteil in unserer Stadt fast sprunghaft und damit ungewohnt für alle auf mehr als 8 Prozent. Heute liegt er über 11 Prozent. Das ist an sich nicht schlimm, wenn dem gesteuerte Prozesse des Zuzugs zugrundliegen würden. Das ist bewältigbar, wenn die nötigen Ressourcen durch Bund und Land bereitgestellt werden und man nicht monatelang darum betteln muss. All das hat es vor Jahren nicht gegeben, und heute zeigt sich angesichts der erneuten illegalen Zuwanderung leider ein ähnliches Bild. Die Kommunen sind immer die letzten in der berühmten „Nahrungskette“ und haben die Aufgaben zu lösen, die am nächsten an den Menschen dran sind. Und das gilt im Übrigen für alle Menschen: für die, die kommen, und für die, die hier sind. Zuzug ist verträglich, wenn sich die Stadtgesellschaft offen zeigt, diese Offenheit aber auch nicht missbraucht wird. Das alles braucht Zeit; die Bürgerschaft will nicht überrannt werden. Wir brauchen Zuzug, das wissen wir. Als Wagenburg wird unsere Stadt auf Dauer nicht funktionieren. Die Bürgerinnen und Bürger dürfen aber einen konsequenten Staat und einen kompromisslosen Rechtsstaat für alle erwarten.

Deshalb hatte ich ja schon in meiner Rede im September hier in der Stadtverordnetenversammlung und in der vergangenen Woche nochmals sehr deutlich gemacht: Wir können unter den gegebenen Umständen keine Flüchtlinge mehr aufnehmen. Die Schulen und die Gesundheitsversorgung sind an der maximalen Kapazitätsgrenze und Signale der Unterstützung seitens des Landes und des Bundes haben wir bisher nicht erhalten. Immer werden wir vertröstet. Es ist doch absurd, dass den im Zuge des Krieges gegen die Ukraine eingestellten Migrationssozialarbeitern bei den freien Trägern zum großen Teil nun wieder gekündigt wird. Es gibt keine Aussage des Landes zur Weiterfinanzierung, wenngleich allen klar ist, dass diese Arbeit notwendig ist und gebraucht wird.

Wir haben jedoch weiter Zuzug von Flüchtlingen durch den regulären Familiennachzug, und wegen der weiterhin fehlenden Wohnsitzauflage im Land Brandenburg. Immer noch kann jeder anerkannte Geflüchtete aus Brandenburg seinen Wohnsitz innerhalb des Landes frei wählen. Auch hier werden besonders häufig die kreisfreien Städte ausgesucht. Umso bitterer ist es, dass es in Brandenburg noch immer Kommunen gibt, die ihrer Aufnahmepflicht in Größenordnungen von 400 – 500 Personen nicht nachkommen. Aber dies ist kein Brandenburger Phänomen. Auch in Europa ist das solidarische Verteilsystem unseres Erachtens zum Erliegen gekommen. Und ja, all das sind Themen, die wir aus den Debatten den Jahren 2015/2016 kennen. Und die Frage steht: Warum lernen wir daraus nicht?

Unser Forderungskatalog an Bund und Land ist klar benannt: Wir brauchen eine gleichmäßige und gerechte Durchsetzung der Verteilung innerhalb Brandenburgs und Deutschlands sowie die Wiederherstellung der gleichmäßigen Verteilung innerhalb Europas. Wir brauchen die Ressourcen für niederschwellige Angebote der Gesundheitsversorgung für Geflüchtete neben den bereits etablierten Strukturen, um diese zu entlasten. Wir benötigen dringend und sofort eine umfängliche Bauförderung von Kita, Schule und Hort. Wir brauchen Willkommensklassen und dafür eine maximale Auslegung des Ermessensspielraums im Schulgesetz. Letztlich brauchen wir eine direkte und auskömmliche Förderung und Unterstützung der Kommunen, die Verantwortung übernehmen und die Hauptlast tragen, das heißt eine Garantie, dass 100 Prozent der Kosten übernommen werden. All das muss auf einem Flüchtlingsgipfel mit dem Ministerpräsidenten und dem Kabinett unter Einbindung der Kommunen und daran anschließend einer Flüchtlingskonferenz mit dem Bundeskanzler nicht nur besprochen, sondern geklärt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren,

vieles Weitere aus den zurückliegenden Jahren ist sicher schon in Vergessenheit geraten angesichts der aktuellen Krisen. Wer erinnert sich noch, dass wir viele Millionen Euro Gewerbesteuer an einen strukturbestimmenden Steuerzahler erstatten mussten? Wir haben das als Stadt gestemmt, ohne die freiwilligen Leistungen einzuschränken. Freilich zeigten sich diese fehlenden Einnahmen als zusätzliche Finanzschwäche im Investitionsvolumen. Im OB-Wahlkampf ist zurecht die teils marode Infrastruktur in unserer Stadt beklagt worden. Damit badeten wir die seinerzeit vor allem politisch motivierten Beschlüsse des Bundes zum Atom- und zum Kohleausstieg aus – und kaum jemand hätte wohl gedacht, dass der Krieg gegen die Ukraine jetzt und zwischenzeitlich zu einer Renaissance der Verstromung und Wärmegewinnung aus Braunkohle führt. Im Übrigen mit erwartbar guten Auswirkungen auf unsere Einnahmen. Ich kann nur dringend raten, diese Zuwächse an frischen Gewerbesteuern nicht leichtfertig zu verfrühstücken, sondern zielgerichtet dort einzusetzen, wo sie in den vergangenen Jahren am meisten gefehlt haben: für Kita und Schulen, für die Infrastruktur vor allem in den Ortsteilen und in nicht wenigen Wohngebieten.

Wir haben zudem während meiner Amtszeit etwas sehr schnell geregelt, wofür andere Kommunen Jahre brauchten: Wir haben die Altanschließerbeiträge zügig zurückgezahlt. Das war ein Volumen von gut 79 Millionen Euro. Und wir haben gleichzeitig ein neues Finanzierungsmodell über Entgelte gefunden. Alle Orakel von durch die Decke schießenden Entgelten sind nicht eingetreten. Bewährt hat sich, dass hier eine Arbeitsgruppe aus verschiedensten Interessenvertretungen gemeinsam vorgearbeitet hatte.

Ich erinnere mich zudem noch gut daran, wie die damalige Landesregierung eine der großen Verständigungskrisen heraufbeschworen hat. Stichwort: Kreisgebietsreform. Ich habe mich dagegen gewehrt mit einer Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger und letztlich auch hier mit der Stadtverordnetenversammlung im Rücken. Dabei ging es nicht um Triumph, sondern darum, Ärgeres zu verhindern, weil es nicht funktioniert hätte. In allen folgenden Krisen hat sich gezeigt – als kreisfreie Stadt sind wir besser gewappnet, solche besonderen Situationen zu meistern. Freilich bedarf es immer der vor allem finanziellen Unterstützung durch Bund und Land, denn Kommunen sind angesichts ihrer vielfältigen Aufgaben chronisch unterfinanziert. Vor allem passen die Erwartungshaltung und die Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger einerseits und die Finanzausstattung der Kommunen andererseits nicht zusammen. Es ist leider bis jetzt nicht ausreichend gelungen, diese Widersprüche zu erklären.

Wie können solche Diskrepanzen überbrückt oder zumindest erläutert werden? Nur durch Gespräche, durch Austausch. Es ist zwar manchmal nicht ganz einfach zu reden, wenn andere nicht einmal zuhören wollen oder nur eifern können. Und dennoch ist die wichtigste Erfahrung aus den insgesamt 26 Bürgerdialogen: miteinander reden ist der Schlüssel für Verständigung, Verstehen und Kompromisse. Wir hatten dazu verschiedenen Formate, von den Ortsteilrundgängen über die offene Dialoge bis zu themenbezogenen Veranstaltungen. Corona hat dieser Serie ein unfreiwilliges Stoppzeichen gesetzt. Gerade in einer Zeit, in der dieser Austausch, das „Miteinander reden“ so wichtig war. Es ist verständlich und demokratisch, dass sich Leute Kanäle suchen, um Angst, Frust, Protest und Sorgen loszuwerden sowie Hilfe einzufordern. Die Straße ist dafür ein legitimer und demokratischer Ort. Es sollte jedoch jeder und jede für sich bewerten, mit wem man da mitgeht oder wessen politisches Geschäft man betreibt.

An Corona werden sich auch jetzt wieder die Geister scheiden. Noch immer gibt es keinen Königsweg, aber unterschiedliche Erfahrungen, Kenntnisse und Ansichten. Aufgabe bleibt, sich selbst und andere zu schützen, und dabei vor allem das Gesundheits- und Pflegesystem mit den Hilfsbedürftigen und den Beschäftigten. Muss das aber durch wie viele staatlich verfügte Einschränkungen geschehen oder reicht die Eigenverantwortung aufgeklärter Bürgerinnen und Bürger? Die Fülle von Empfehlungen, Warnungen, Studien, Orakeln, Theorien, Verordnungen usw. machen die Leute kirre.

Ich erinnere an die Finanzkrise. Die mangelhafte finanzielle Ausstattung der Kommunen habe ich bereits erwähnt. Dennoch ist es uns gelungen, die Entschuldung der Stadt voranzubringen. Von fast 300 Millionen Euro Kassenkredit sind wir mittlerweile bei „nur“ noch 40 Millionen angekommen. Die Entschuldungshilfe des Landes als Ergebnis der gescheiterten Kreisgebietsreform, gepaart mit unseren eigenen Anstrengungen sowie die Geduld der Bürgerinnen und Bürger trugen und tragen maßgeblich dazu bei, wieder in besseres Fahrwasser für Investitionen zu kommen.

Last but not least die Energiekrise. Lassen Sie mich da zunächst zurückschauen. 2017/2018 haben wir intensiv diskutiert, unser Heizkraftwerk umfassend zu modernisieren. Gemeinsam wurde ein Investitions-Paket von 75 Millionen Euro geschnürt und umgesetzt. Damals galt Gas als Brückentechnologie in Richtung erneuerbare Energien. Wir erleben nun, wie schnell solche Gewissheiten kippen können. Und dennoch: Unsere neues Heizkraftwerk ist mustergültig, es bietet nicht nur einen sehr hohen Wirkungsgrad, es kann Energie speichern und es kann aus verschiedenen Quellen – Gas, Öl, Kohle – beschickt werden. Diese Flexibilität kommt uns und letztlich den Kundinnen und Kunden der Stadtwerke zugute. Am 24.11. 2022 wird das neue Heizkraftwerk nun offiziell in Betrieb genommen. Das ist ein Meilenstein für unsere Stadt und für die Versorgungssicherheit der Bürgerinnen und Bürger.

Es kommt ja auch nicht von ungefähr, dass wir mit dem Cottbuser Ostsee neben der touristischen Entwicklung vielfältige Forschungsziele verfolgen – sei es in der Quartiers- und Stadtentwicklung oder der Energieversorgung. Hier haben wir die Stadtwerke unter anderem mittels Wärmepumpe an unserer Seite.

Doch die allgemeine Energiekrise wird wohl länger bleiben, selbst wenn es vielfältige Anstrengungen gibt, sie zu meistern. Die Koalition im Bund ist lange zu unverbindlich in ihren Positionen und Entscheidungen. Man redet lieber als zu entscheiden, oder es braucht des Kanzlers Richtlinienkompetenz. Andererseits wollen viele nicht akzeptieren, dass offener und öffentlicher Meinungsstreit letztlich dazu dienen, Kompromisse und Mehrheitsentscheidungen zu finden, die die Demokratie ausmachen und auszeichnen.

Alles Krise – oder was? Ja, es drohte auch eine Strukturkrise. Da müssen wir wachsam und sensibel bleiben. Aber die vorbereiteten Projekte und der bereits begonnene Bau des Bahnwerkes sind Chancen und erste messbare Tatsachen für einen gestalteten und gesteuerten Wandel.

Auch bei den anderen großen Vorhaben kommen wir voran, ob Universitätsmedizin, ob Medizinerausbildung, ob Lausitz Science Park. Wir halten an der Forderung fest, dass Cottbus/Chóśebuz eine ICE-Anbindung braucht. Wer an diese Fortschritte nicht glauben will, dem ist zumindest mit Geld nicht mehr zu helfen. Wir wollen diese Gelegenheiten beim Schopfe packen, denn das ist ein Entwicklungsschub für unsere Heimatstadt. Es wird so nicht wieder passieren, dass der Staat in dieser Größenordnung von drei bis vier Milliarden Euro in Investitionen geht. Das ist gestaltete Zukunft.

Und ich darf in diesem Zusammenhang mit einem Irrtum der zurückliegenden Monate ein wenig aufräumen, auch wenn das sicher viele anders sehen: Die Brache in der Stadtpromenade, so schlimm sie ist, war und ist nicht unser größtes Problem. Und viele der lästigen Alltagsprobleme haben wir als Stadt nicht exklusiv, seien es herumstehende oder -liegende E-Roller, seien es Löcher in den Straßen oder illegaler Müll. Das sind Probleme, mit denen sich alle Städte in Deutschland herumschlagen müssen. Sie zeigen oft auch, dass das viel beschworene Prinzip der Eigenverantwortung bei einigen eben nicht funktioniert. Es gibt immer Menschen, die sich nicht mal an einfachste Regeln halten können oder wollen.

Selbstverständlich gibt es jenseits der großen Vorhaben Probleme, die schnell zu lösen sind. Die heimische Wirtschaft braucht Unterstützung in der Energiekrise. Die Menschen brauchen Hilfe, wenn sie ihre Rechnungen nicht mehr zahlen können. Der Einfluss einer Kommune ist hier nicht besonders groß. Die Politik insgesamt ist gefordert, alles zu tun, dass sich niemand fürchten muss vor dem Winter oder dem kommenden Jahr.

Ich will an dieser Stelle eine Lanze brechen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung. Sie sind ebenfalls Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt oder der Region. Sie kümmern sich, dass in der Stadt alles läuft, vielfach über das hinaus, was der Job fordert. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Stadtverwaltung mit den Krisen gewachsen ist – und das nicht nur notwendigerweise personell, sondern vor allem an den Aufgaben.

Gewiss gibt es Dinge, die schneller gehen müssen oder die nicht gleich alle Erwartungen erfüllen können. Kaum einer redet mehr von Smart City, diesem Millionen-Erfolg als Förderung für Cottbus/ Chóśebuz. Oder der Zweckverband Dikom, entstanden aus unserem Kommunalen Rechenzentrum. Das haben wir vor 11 Jahren gegründet. Heute ist Cottbus/Chóśebuz Sitz des Zweckverbandes für IT-Dienstleistungen für Brandenburger Kommunen. Auch das hat sich nicht von heut‘ auf morgen entwickelt, ist aber ein bestes Zeugnis für die interkommunale Zusammenarbeit.

Das sind Prozesse, die teilweise Jahre dauern und nicht mit einem „Schalter umlegen“ getan sind. Aber es geht es voran, wenn auch die Erwartungen deutlich höher sind als die reale Umsetzung derzeit sein kann.

Das ist dann Wasser auf die Mühlen derer, die gern meckern, die an allem etwas auszusetzen haben, Fortschritte nicht sehen wollen. Leider bestimmen solche Menschen oft das Bild unserer Stadt nach außen.

Unsere Stadt krankt nach wie vor an einem schlechten Image. Hier ist es auch mir nicht gelungen, die Kräfte zielgerichtet zu bündeln und ausreichend Geld loszueisen, ohne das es solche Imagekampagnen nun mal nicht geben kann. Als Stadt im tiefen Osten und in einer Kohleregion sind unsere Rahmenbedingungen gerade in der überregionalen Medienlandschaft nicht besonders günstig. Man interessierte sich gern für uns, wenn das Bild der braun verseuchten Landschaft zu zeichnen war. Darüber hinaus ist das Interesse dann doch eher gering, der Weg hierher selbst für Berliner weit. Ich bin mir gewiss, dass die Cottbuserinnen und Cottbuser in den vergangenen Jahren deutlich mehr geleistet und für eine weltoffene und frohgemute Stadt getan haben, als es sich in der Öffentlichkeit widerspiegelt. Das zeigen auch die wachsenden Einschreibezahlen gerade ausländischer Studentinnen und Studenten an der BTU Cottbus-Senftenberg.

An all dem wird weiter beharrlich zu arbeiten sein. Gemeinsam mit der Wirtschaftsregion Lausitz. Denn ich bleibe bei dem, was ein kluger Mensch mal gesagt hat: In Cottbus/Chóśebuz verliebt man sich eher auf den zweiten Blick. Weil das aber aufwändiger ist als Liebe auf den ersten Blick, kann ich immer wieder nur ermuntern: Wir Cottbuserinnen und Cottbuser selbst – die hiesigen lokalen Medien eingeschlossen – sind die wichtigsten und wirksamsten Botschafter unserer Stadt und der Region. Da darf man ruhig etwas stolzer auf uns sein.

Gute Argumente für unsere Stadt und das, was sie Außergewöhnliches zu bieten hat, kennen wir. Im ersten Jahr meiner Amtszeit feierten wir die Restaurierung der Seepyramide im Branitzer Park. Wenig später entstand die unabhängige Stiftung Fürst-Pückler-Museum Park und Schloss Branitz. Das Pücklersche Erbe steht somit auf sicheren und nachhaltigen Füßen. Am vergangenen Freitag wurde die Baumuniversität eröffnet. Damit hat die Stiftung einen großen Teil der „ornamental farm“ wieder unter ihren Fittichen und kann ihn im Sinne Pückler weiter entwickeln. Zudem lag dem Hauptausschuss ein Beschluss vor, in dessen Ergebnis der Vorpark als einer der prägnantesten Teile des Außenparks an die Stiftung übergehen wird. Branitz ist und bleibt das Schmuckstück von Cottbus/Chóśebuz.

Gleichzeitig habe ich mich über die neuerlichen Erfolge der Cottbuser Radsportlerinnen und Radsportler bei der Bahn-WM in Frankreich außerordentlich gefreut. Die RSC-Damen Emma Hinze, Lea-Sophie Friedrich und Pauline Grabosch holten zweimal Gold, zweimal Silber und einmal Bronze. Für Roger Kluge vom RK Endspurt 09 gab es Silber im Punktefahren. All diese Ergebnisse sprechen für die Sportstadt Cottbus/Chóśebuz, für die hier vorhandenen Strukturen für Training, Betreuung und Entwicklung. Und der Blick geht auf dieser Basis schon bis Olympia 2024. Drei Bronze-Medaillen gab es zudem für den Para-Sportler Pierre Senska vom BPRSV bei den Bahn-Weltmeisterschaften. Auch hier hat die Sportstadt Cottbus/Chóśebuz in den zurückliegenden Jahren dank engagierter Leute und zielgerichteter Förderung eine Bastion entwickelt.

Der Steenbeck-Gymnasiast Vinzent Schultze hat sich für die deutsche Nationalmannschaft der Junior-Science-Olympiade im Fach Chemie qualifiziert und das dazugehörige Auswahlverfahren gewonnen. Einmal bestätigt sich hier der gute Ruf und die exzellente Arbeit unseres Elite-Gymnasiums.

Das Cottbuser Kindermusical nimmt Anfang November am Europäischen Jugendmusical-Festival teil. Ähnlich wie bei den nationalen und internationalen Auftritten des Piccolo-Ensembles wird damit der Name Cottbus/Chóśebuz durch bemerkenswerte Leistungen verbreitet. Der Piccolo-Jugendklub ist mit dem Stück „Die Verdunkelung II - Coronaleuchten“ für das Festival des Theaters für junges Publikum im kommenden Jahr in Berlin qualifiziert – als eine von insgesamt fünf nominierten Inszenierungen. Der Verein „Cottbuser Krebse“ hat einen der „Sterne des Sports“ erhalten. Der Verein ermöglicht es Kindern aus der Ukraine, die hierher flüchten mussten, kostenlos das Fußballspielen, die Familien werden zudem unterstützt. Das ist funktionierende Integration, die übrigens auf Erfahrungen aus den Jahren 2015/2016 fußt. Damals hatte der Verein geflüchtete Kinder aus Syrien aufgenommen. Zwei der Flüchtlinge von damals sind heute als Übungsleiter im Verein aktiv.

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Nachfolger steht bereit. Ich freue mich, dass die Cottbuserinnen und Cottbuser diese Wahl selbst getroffen haben und in der Stichwahl das notwendige Quorum erreicht wurde. Dennoch muss die Zahl derer, die ihr Wahlrecht nicht ausüben wollten, zu denken geben. Es gibt eine spürbare Vorfreude, einen Vertrauensvorschuss und viele Vorschusslorbeeren für Tobias Schick – möge er allem gerecht werden und dennoch seinen Weg finden.

Ich wünsche Tobias Schick alles Gute in diesem wichtigen Amt, dem viel zugemutet wird und das lange nicht so viel Gestaltungskraft, Spielraum und Entscheidungsbefugnis hat wie ihm nachgesagt bzw. wie es von diesem Amt erwartet wird.

Es war mir eine Ehre, dieser Stadt, unserer Stadt gut 20 Jahre in der Verwaltung zu dienen, sei es als Beigeordneter, als Bürgermeister oder als Oberbürgermeister. Ich habe mich als OB immer als erster Bürger dieser Stadt gefühlt. So habe ich gehandelt und entschieden. So habe ich geredet, auch wenn ich da typisch Lausitzer bin: weniger Worte labern, mehr machen! Und nicht als einer von „oben“. Ein Ober steht nicht über den Dingen, sondern ist immer Diener der Bürgerschaft. Dabei gab es Nackenschläge, Drohungen, böse Briefe oder mal einen Shitstorm im Netz. Am Ende aber überwiegt der Stolz auf das, was aus meiner Sicht bleibt, was an Spuren und Gleisen gelegt ist. Ich habe das vorhin skizziert. Alles andere bewertet die Geschichte.

Ich danke Ihnen nicht nur für die acht, sondern für die gesamten fast 20 Jahre für die kollegiale Zusammenarbeit, die manchmal frustrierend, meistens aber fruchtbar war. Ich denke, wir haben die Stadt gemeinsam vorangebracht in schwierigen Zeiten, in denen uns zwei Bundespräsidenten in durchaus kritischen Situation mit ihrem Besuch beehrten und zur Seite standen. Ob es jetzt ein „weiter so“ oder ein „anders weiter“ gibt liegt bei meinem Nachfolger und in Ihrer Entscheidungsgewalt, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete.

Ich nehme meinen Hut frohen Mutes und bin bereit für neue Aufgaben. Diese werden auch, aber nicht hauptsächlich mit Cottbus/Chóśebuz zu tun haben. Ich könnte auch sagen: Sie werden mich nicht los. Ich bleibe dieser Stadt treu, auch wenn meine Heimat wieder einen eher Lausitzer Rahmen finden wird.

Ich danke Ihnen und allen Cottbuserinnen und Cottbusern für den gemeinsamen Weg.