Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete, liebe Cottbuserinnen und Cottbuser,

Stadt Cottbus/Chóśebuz; Jan Gloßmann

der Mai ist eingerahmt von Dialog-Veranstaltungen. Am 03.05. hatten wir die Einwohnerversammlung im Ortsteil Kahren. Schwerpunktthema waren Planung und Bau eines Geh- und Radweges an der L 49. Die formalen Rahmenbedingungen einer solchen Einwohnerversammlung waren sicher noch etwas ungewohnt für die Kahrenerinnen und Kahrener. Dennoch sind wir gut ins Gespräch gekommen. Das ist wichtig, auch wenn die Ergebnisse sicher nicht jeden befriedigen konnten. Wir werden aber Mittel und Wege finden, um zumindest die Planung für ein Provisorium voranzutreiben, was Wunsch der Bürgerinnen und Bürger ist. Das anschließende Bürgergespräch war munter und deutlich in den einzelnen Aussagen. Wir sind da nicht geschont worden, und dafür sind die Angebote ja auch nicht da. Gleiches erhoffe ich mir von unserem Bürgerdialog am 31.05. hier im Saal des Stadthauses. Wir werden dort das offene Wort pflegen, zuhören und natürlich Fragen beantworten, sowohl im Ratssaal als auch an Tischen der einzelnen Geschäftsbereiche. Wir sind selbst gespannt, welche Themen den Cottbuserinnen und Cottbusern auf den Nägeln brennen und wie wir damit weiter verfahren werden.

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Gesprächsbedarf in der Stadtgesellschaft ist weiter groß. So erreichen uns Hilferufe von Leuten, denen es ohnehin nicht gut geht und die nicht wissen, wie sie künftig Strom und Heizung bezahlen sollen. Hier sind Bund und Land gefordert, die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine abzufedern und für Ausgleich zu sorgen. Sie haben sicher die Debatte dazu jüngst im Landtag Brandenburgs verfolgt. Wir hatten den städtischen Zuschuss für die Tafel jüngst von 6.000 auf 10.000 Euro erhöht. Am Montag haben sich Tafelchef Kai Noack, Sozialdezernentin Maren Dieckmann und der Kämmerer Markus Niggemann verständigt: Wir werden der Tafel in dieser außerordentlichen Situation weiter unter die Arme greifen und einen einmaligen zusätzlichen Zuschuss in Höhe von 8.000 Euro zur Verfügung stellen. Für die kommenden Jahren sind wir weiter im Gespräch.

Es ist jedoch beschämend, wie teilweise mit der Angst der bedürftigen Menschen gespielt wird. Da wird schon wieder verbreitet, die aus der Ukraine geflüchteten Menschen würden den Bedürftigen hier das Essen wegnehmen. Was soll solch Unsinn? Es muss niemand deswegen Angst haben. Den Menschen aus der Ukraine wird geholfen, aber sie haben keine Extra-Wurst. Ja, es gibt Menschen auch in Cottbus/Chóśebuz, die nicht wissen, wie sie künftig Heizung oder Strom bezahlen sollen. Unter den Ukrainern gibt es viele die nicht einmal mehr wissen, ob sie zu Hause noch ein Dach überm Kopf haben. Den Menschen aus der Ukraine steht die gleiche Hilfe zu wie den Anspruchsberechtigten in Cottbus/Chóśebuz.

Diese Hilfsbereitschaft über das normale Maß hinaus ist drei Monate nach Kriegsbeginn nach wie vor sehr groß. Hunderte kümmern sich weiter um die Vertriebenen. Etwa 1.300 Menschen werden nach jetzigem Stand wohl länger in unserer Stadt bleiben. Sie brauchen die entsprechenden Papiere. Sie bekommen Wohnungen, sie gehen auf Arbeitssuche. Für die Kinder organisieren wir Kita und Schule. Manches geht dabei nicht so schnell, wie es sich die deutschen Unterstützer oftmals wünschen, auch wenn die meisten von ihnen die Regeln deutscher Bürokratie kennen sollten.

Ich will aber auch heute und hier die Gelegenheit nutzen, allen herzlich zu danken, die sich für Menschen in Not engagieren. Und das unabhängig, ob sie aus der Welt zu uns kommen oder hier geboren sind. Augenfällig war das in der vergangenen Woche auf einer Danke-Veranstaltung im Bunten Bahnhof. Der ehrenamtliche Einsatz ist nach wie vor beeindruckend und gibt ein wunderbares Bild von Menschen in unserer Stadt. Wir sind ja in den zurückliegenden Jahren gefühlt von einer Krise in die nächste Katastrophe gestolpert. Aber keine wird mit so viel freiwilligem Engagement bewältigt wie derzeit die Folgen des Krieges in der Ukraine. Unsere Fachbereichsleiterin für Bildung und Integration, Dr. Stefanie Kaygusuz-Schurmann, hat die veränderte Situation sehr schön beschrieben, ich darf zitieren: „Der Unterstützungsbedarf wird bleiben. Die Menschen kommen aber nicht in die Wüste oder ins Niemandsland, sondern in eine Stadt mit Menschen, die sich kümmern und denen das Leid der anderen Menschen nicht egal ist.“

Dieses ehrenamtliche Engagement gab es in unserer Stadt auch schon vor dem Krieg gegen die Ukraine. Auch wenn sich ein anderes Bild unserer Stadt verfestigt hatte – das Geflüchteten-Netzwerk Cottbus ist bereits vor fünf Jahren gegründet worden. Mittlerweile ist dieser selbstorganisierte Verein ein wichtiger Ansprechpartner und Koordinator für Flüchtlinge in unserer Stadt. Der Initiator, Nabil Abo Nasser, ist jetzt mit der Europaurkunde ausgezeichnet worden.

Ebenfalls mit einer Europaurkunde geehrt wurde Prof. Hans Joachim Krautz. Er engagiert sich nicht nur als Geschäftsführer des Centrums für Energietechnologie Brandenburgs und früherer Lehrstuhl-Leiter für Kraftwerkstechnik an der BTU Cottbus-Senftenberg für die grenzüberschreitende wissenschaftliche Zusammenarbeit.

Hier wird, auf unterschiedliche Art und Weise, an kleineren wie größeren Stellschrauben für den Strukturwandel unserer Energieregion gedreht. Dieser Wandel hat mehr und mehr Fahrt aufgenommen. Wir dürfen mit insgesamt ca. 3 Milliarden Euro Investitionen in den kommenden Jahren rechnen.

Am Montag eröffnete das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung sein neues Kompetenzzentrum in Cottbus/Chóśebuz. Für uns gibt es zweierlei Botschaften: Der Bund schafft Arbeitsplätze, in der ersten Phase sollen es 55 sein. Und aus Cottbus/Chóśebuz kommt Expertise zur Stadt- und Regionalentwicklung für das ganze Land.

Mehr als 1.200 industrielle Arbeits- und Ausbildungsplätze sollen im neuen Bahnwerk in den nächsten Jahren entstehen. Beim Spatenstich konnte ich wegen einer Corona-Infektion leider nicht dabei sein. Es war schön, dass Cottbus/Chóśebuz einen so großen Bahnhof erlebt hat. Schließlich war das nicht immer so. Gerade in den Jahren, in denen das Instandsetzungswerk um seine Existenz kämpfte und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Lokalpolitik und regionale Bundestagsabgeordnete sich oft alleingelassen fühlten. Jetzt ist Aufbruch. Das Bahnwerk ist Teil des sich verändernden Gesichts unserer Stadt. Das ist nicht nur ein Initial für den Strukturwandel, sondern auch für die Entwicklung des weiteren Bahnhofs- und Werksumfeldes. Es werden dann noch universitäre Medizinerausbildung, der Ostsee und viele weitere Vorhaben hinzukommen. Ich würde mich freuen, wenn die Cottbuserinnen und Cottbuser sowie die Besucher in einigen Jahren anerkennend sagen: Die Stadt ist ja nicht wiederzuerkennen.“

Ebenfalls eröffnet wurde das neue Rechenzentrum des Zweckverbandes Digitale Kommunen Brandenburg. Das ist letztlich ein Ergebnis interkommunaler Zusammenarbeit, der wir den Vorzug geben vor Abenteuern wie der Kreisgebietsreform. Der Zweckverband Dikom hat mittlerweile 52 Mitgliedskommunen und deckt digitale Dienstleistungen für ca. ein Drittel der Brandenburger Bürgerinnen und Bürger ab. Ich bin sehr froh, dass der Verbandssitz und nunmehr das neue Rechenzentrum ihre Standorte in Cottbus/Chóśebuz haben. Der Zweckverband Dikom ist ebenfalls Ausdruck dafür, dass wir uns auf eigene Stärken und Ressourcen besinnen müssen und diese heben und nutzbar machen. Es sind der heimische Mittelstand, die Handwerkerschaft, die Forschungseinrichtungen, Institutionen und Verbände, die mehr als nur kleine Rädchen im großen Getriebe sind. Sie halten alles am Laufen.

Mein jüngster Unternehmensbesuch führte mich zu den Lebenshilfe-Werkstätten Hand in Hand. Es war spannend und lehrreich zu sehen, was die Menschen dort leisten. Und ich habe eine Idee mitgebracht, die ich allen gern ans Herz legen möchte. Sie heißt Schichtwechsel oder auch Sichtwechsel und ist – konkret am 22.09.2022 – ein Aktionstag für einen Perspektivwechsel. Menschen mit und ohne Behinderung tauschen für einen Tag oder eben eine Schicht den Arbeitsplatz. Das Rathaus ist daran interessiert.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ein weiterer Perspektivwechsel, wenn ich es mal so bezeichnen darf, könnte auch in der Stadtpromenade nötig sein. Klar ist, dass alle Beteiligten eine Lösung wollen. Unterschiedlich sind die Vorstellungen, wie diese aussehen kann. Eine Klammer gibt es: jede Lösung muss rechtskonform und rechtssicher erarbeitet sein.

Aus meiner Sicht spricht nach mehreren Monaten nunmehr alles dafür, über meine Vorlage zur Erteilung eines Baugebotes schnellstmöglich abschließend zu entscheiden. Auch unter diesem Blickwinkel habe ich die bereits erwähnte Beanstandung zurückgezogen. Mit der Befassung zu dieser Vorlage mögen Sie auch darüber befinden, ob Sie die im gültigen Bebauungsplan als verbindlich vorgegebene Art und das Maß der baulichen Nutzung nach wie vor für die Entwicklung der Innenstadt für zielführend erachten. Sollte dies mehrheitlich nicht mehr gewünscht sein, wäre die Aufhebung des B-Planes zwingend. Die zurückliegenden Wochen waren zunehmend davon geprägt, dass die Grundstückseigentümerin sich in Ihrem Verhalten bestärkt fühlt. Die Diktionen in den Schreiben der EKZ GmbH gegenüber der Verwaltung haben ein zumutbares Maß erreicht.

Soweit es aus Sicht der Geschäftsführung der GWC für das Unternehmen als sachdienlich und wirtschaftlich bewertet wird, sich in einer Art um den Erwerb des Grundstücks oder der Gesellschaft, welche das Grundstück hält, zu bemühen, so werde ich dies selbstverständlich unterstützen. An spekulativen Immobiliengeschäften sollte sich jedoch weder eine Stadt noch eine ihrer Gesellschaften beteiligen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

am vergangenen Freitag haben wir den „Weg des Ruhmes“ vor dem Rathaus erweitern können. Einige von ihnen waren bei der rundum gelungenen Veranstaltung dabei. Elf Medaillen hatten die Athletinnen bei Olympia bzw. den Paralympics in Tokio erkämpft. Allein zehn Medaillen bei den Paralympics sind die besten Argumente für den weiteren Ausbau des paralympischen Stützpunktes in unserem Sportzentrum. Trampolinhalle und BMX-Standort stehen weiter auf der Tagesordnung für die kommenden Monate. Auch hier bewegt sich viel zum Vorteil unserer Stadt.

Ich will aber andere nicht vergessen: Eine Mannschaft der Bauhausschule hat beim Bundesfinale „Jugend trainiert für Olympia und Paralympics“ im Tischtennis den vierten Platz belegt. Ein Mädchenteam vom Pückler-Gymnasium kam in seiner Wettkampfklasse auf Platz 6. Das verdient genauso Anerkennung.

Sehr geehrte Damen und Herren,

sportlich geht es im Juni weiter: Ich kann nur alle aufrufen, sich am Stadtradeln zu beteiligen und Kilometer zu sammeln. Die Ostsee-Sportspiele erleben ihre zweite Auflage, und in Sielow kann Pfingsten nun endlich das Jubiläums-Reitturnier starten.

Wir können zu weiteren schönen Traditionen zurückkehren: Der Modellstadtspaziergang findet am 02.06.2022 wieder in gewohnter und gern genutzter Art und Weise statt. Die Umweltwoche ist nach zweijähriger Auszeit zurück. Sie findet vom 12.06. bis 19.06. unter dem Motto „Umwelt im Strukturwandel“ statt. Das Programm ist breit gefächert. Die Eröffnungsveranstaltung im Max-Steenbeck-Gymnasium findet in einem Haus mit moderner Klimatechnik statt. Die Kinder stehen nicht nur am 15.06. im Mittelpunkt, und doch werden an diesem Tag die Gewinner im Kinder- und Jugend-Umweltwettbewerb in der Spree Galerie ausgezeichnet. Am Nachmittag wird die Kita Spürnasen in Dissenchen zum ersten Umweltkindergarten unsere Stadt. Weiter gibt es ein deutsch-polnisches Symposium zum Innenstadtgrün unter dem Titel „Stadtgrün in den Zeiten des Klimawandels“.

Nicht zuletzt werden wir wieder ein Stadtfest haben, auf das viele so lange Zeit warten mussten.

Sie sehen, die Aussichten für unsere Stadt sind nicht nur wegen der frühsommerlichen Fülle an schönen Veranstaltungen gut. Genießen wir die Normalität, doch bleiben wir achtsam miteinander.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Es gilt das gesprochene Wort.)