Holger Kelch
Holger Kelch
Jan Gloßmann

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete, liebe Cottbuserinnen und Cottbuser,

seit dem Start des Onlineportals Maerker für Cottbus/Chóśebuz sind auf diesem Weg insgesamt 83 Beschwerden und Anregungen im Sicherheitszentrum eingegangen. Das reicht von Hinweisen auf Schlaglöcher, scheinbar mangelhaften Winterdienst und illegale Müllablagerungen bis hin zu überfüllten Müllcontainern und der Bitte um mehr Kontrollen durch Blitzer in Ströbitz. Wie zu erwarten war, wird das Portal weidlich genutzt. Es sind jedoch, zumindest bislang, keine Dinge dabei, die nicht auch auf anderen Wegen in Richtung Verwaltung hätten transportiert werden können. Insofern geht es weniger darum, was wir uns von dem Portal versprechen als vielmehr, was wir den Bürgerinnen und Bürgern damit versprechen: Binnen drei Arbeitstagen sollen die Beschwerdeführer und Hinweisgeber eine Reaktion erhalten, die mittels Ampelsystem sichtbar ist. Das heißt aber nicht in jedem Fall, dass das Problem tatsächlich schon gelöst ist. Manches geht leider nicht so schnell, wie es sich Bürgerinnen und Bürger wünschen. Und leider nutzen einige wenige das Portal für mehr oder minder qualifizierte Kommentare, die da nichts zu suchen haben.

Sehr geehrte Damen und Herren,

für einigen Unmut, für Unverständnis, aber auch Aufgeregtheiten hat die Impfung gesorgt, die ich am 08.Januar erhalten habe. Ich verstehe den Frust vieler Leute sehr gut, entspringt er doch bei genauer und differenzierter Betrachtung vor allem dem Mangel an Impfstoff und gewissen Defiziten in der Impforganisation. Das aber, und das will ich ausdrücklich sagen, ist nicht den vielen Ehrenamtlern anzulasten und den von ihnen besetzten Impfteams, die auch in unserer Stadt tätig sind.

Ich kann nichts anderes sagen als das was war. Ich habe drei Damen zum Impfen gebracht, und dabei ist mir in einem Pflegeheim erklärt worden, dass ich geimpft werde könne, damit die Dosis nicht weggeworfen werden muss. Alle Impfwilligen unter den Bewohnerinnen und Bewohnern sowie den Pflegekräften seien zu diesem Zeitpunkt bereits versorgt gewesen.

Mir war auch nicht bewusst, dass ich mich für gut 13 Jahre ehrenamtlicher Hilfe bei den Maltesern einmal rechtfertigen muss – nämlich indem man mir unterstellt, ich würde diese Tätigkeit nur vorschieben. Ich bin in den zurückliegenden Jahren mit diesem Ehrenamt nicht hausieren gegangen.

Leider sind in den zurückliegenden Monaten viele Fehler und Unzulänglichkeiten passiert, die dazu führten, dass es einen eklatanten Mangel an Impfstoff gab. Dieser Mangel führte zu Neid, Frustration und einer diffusen Angst, möglicherweise „zu kurz zu kommen“. In dieser Gemengelage wird die Impfung bei mir entkoppelt von den tatsächlichen Umständen, die ich soeben nochmals geschildert habe. Ich habe mich nicht vorgedrängelt oder jemandem die Impfdosis weggenommen, sondern in dem konkreten Moment entschieden, die Impfung zu nutzen, bevor der Stoff hätte entsorgt werden müssen. Zu diesem Zeitpunkt waren alle Impfwilligen im Umkreis versorgt sowie die Frist zur Vernichtung des Impfstoffes herangerückt. Leider unterstellen verschiedene Kommentatoren, es sei – vor allem durch das mobile Impfteam – nicht alles unternommen worden, um Impfwillige aus der obersten Prioritätengruppe zu finden. Das wird dem Team nicht gerecht, und das wird der Situation nicht gerecht.

Ähnlich ergeht es dem Dezernenten Thomas Bergner, der seit mehr als einem Jahr den Cottbuser Verwaltungsstab im Kampf gegen die Corona-Pandemie führt und dabei wie so viele, die da mitkämpfen, nicht auf die Uhr schaut.

Ich weiß, dass ich als Politiker, der in der Öffentlichkeit steht, einiges auszuhalten habe. Die Vorbildwirkung beim Impfen, die in der Tat lange eingefordert worden ist, zählt nunmehr nicht, da sich die Situation für viele Betroffene anders darstellt. Möglicherweise würde ich also die Entscheidung, mich in der konkreten Situation, so wie ich sie erlebt habe, impfen zu lassen, mit dem Wissen von heute anderes treffen – auch und gerade in dem Wissen, dass der Impfstoff dann verfallen wäre und niemandem genutzt hätte. Das scheint einigen Bürgerinnen und Bürgern sowie vielen Medienvertretern offenbar lieber gewesen zu sein.

Sei es, wie es sei. Ich versichere Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete, und auch den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt: Ich bin gewillt, weiter meine Arbeit als Oberbürgermeister für die Cottbuserinnen und Cottbuser zu leisten.

Dazu gehört der weitere Kontakt unter anderem zur Mittelstandsinitiative Cottbus. Gemeinsam mit dem Wirtschaftsdezernat und meinem Fachreferenten stehe ich dort als Kommunikationspartner zur Verfügung. Ich kann nur allen raten, den Unternehmerinnen und Unternehmern gut zuzuhören und ihre Sorgen und mittlerweile existentiellen Nöte wahrzunehmen. Sie brauchen Gehör. Ja, mit einer aktuellen Inzidenz von um die 90 sind wir in Cottbus/Chóśebuz leider noch nicht so weit, guten Gewissens alles öffnen zu können. Aber wir alle brauchen eine Perspektive. Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben und damit umzugehen. Deshalb haben wir einen Perspektivplan „Leben mit Corona“ entwickelt und ihn am gestrigen Dienstag der Öffentlichkeit vorgestellt. Denn es geht neben der Eindämmung der Verbreitung immer stärker auch um die Möglichkeiten eines normalen Lebens trotz der Bedrohung durch das Virus. Somit braucht es neben den Anforderungen des Gesundheits- und Pflegesystems, den berechtigten Interessen an Gesundheitsschutz von Erzieherinnen und Erziehern in Kitas sowie Lehrerinnen und Lehrern vor allem an Grundschulen auch einen Blick auf die weiteren Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Wirtschaft, Dienstleistungen und Kultur leiden erheblich und auch in existenzielle Maße unter den aus Infektionsschutzgründen notwendigen Einschränkungen. Die Stadtverwaltung Cottbus/Chóśebuz sieht sich in der Pflicht, alle Interessen zu bündeln, abzuwägen und Pfade zu formulieren, wie Unternehmen in einen geregelten, unter Hygienebedingungen tragfähigen Geschäftsbetrieb zurückkehren können. Dazu soll dieser Plan dienen. Er bedeutet aber keineswegs: Maske ab und Party.

Der Perspektivplan hat den Anspruch, neben öffentlichen Einrichtungen wie Kitas, Schulen und Verwaltung auch die heimische Wirtschaft, den Mittelstand, das Handwerk, die Dienstleistungen, aber auch Kunst und Kultur, Gastronomie und Hotellerie mit zu betrachten. Flankiert wird er von einer Teststrategie für die besonders gefährdeten Berufs- und Bevölkerungsgruppen.

Es geht mit dem Plan jedoch nicht darum, vorzeitig und überhastet konkrete Ausstiegstermine festzulegen. Vielmehr ist Ziel, nachvollziehbare Regelungen zu formulieren und zu versuchen, dass die dafür nötigen Spielräume für die kommunale Hand in der Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg ihren Niederschlag finden. Wir hatten unseren Entwurf in der zurückliegenden Woche bereits der Landesregierung und den Landtagsfraktionen übermittelt. Das Kabinett hat ebenfalls am gestrigen Dienstag nun erste Lockerungen in Aussicht gestellt, die manches aufnehmen, was auch in unserem Plan steckt.

Letztlich geht es auch hier um die Zukunftsfähigkeit beispielsweise der Innenstadt als Zentrum des städtischen Lebens. Hier brauchen wir landesweit eine Art Marshallplan, um Bestehendes auf Dauer zu sichern und den Wandel, der im Handel durch Corona forciert wird, in eine neue Attraktivität zu steuern.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Hilfsbedarf besteht an vielen Punkten. So habe ich mich mit einem Brief an den Ministerpräsidenten gewandt, um auf die Lage vieler internationaler Studierender hier in Cottbus/Chóśebuz aufmerksam zu machen. Etwa 200 junge Leute sind in große Schwierigkeiten geraten, da sie ihr Studium selbst finanzieren müssen, es die Jobs beispielsweise in Handel oder Gastronomie derzeit aber nicht gibt. Sie haben keinen Zugang zu Bafög oder anderer Unterstützung. Oftmals fehlt durch Corona auch die Unterstützung aus der Heimat und der Familie. Ich bin froh, dass die Regionalwerkstatt Brandenburg jetzt ein Spendenkonto eingerichtet hat, um die Studierenden kurzfristig unter anderem mit Gutscheinen für Lebensmittelmärkte und Drogerieartikel zu unterstützen. Für die Vergabe des Geldes ist ein Gremium zuständig, das von Vertreterinnen und Vertretern der Regionalwerkstatt, der Stadtverwaltung und des Sozialausschusses gebildet wird.

Bevor ich das Thema Corona verlasse, erlaube ich mir noch eine Bemerkung zu einer Einwohneranfrage, die wie vereinbart schriftlich beantwortet wird. Mir scheint es jedoch angebracht, auch in diesem Rahmen und in breiter Öffentlichkeit kurz darauf einzugehen. In der Frage geht es um eine vermeintliche Festlegung eines Lockdowns bis Ende des Jahres. Herangezogen wird dazu eine im Bundesgesetzblatt veröffentlichte Rechtsverordnung, die es Aktiengesellschaften, Genossenschaften und Vereinen lediglich gestattet, wie schon im vergangenen Jahr die gesetzlich vorgeschriebenen Versammlungen einschließlich entsprechender Beteiligungsrechte nicht zwingend als Präsenzveranstaltungen, sondern als Telefon- oder Videokonferenz durchführen zu dürfen. Aus der Laufzeit der Rechtsverordnung bis zum Jahresende ist auch in diversen sozialen Medien schon gemutmaßt worden, dass hier ein Dauerlockdown versteckt wird. Solche Sachen sind gefährlicher Humbug, weil sie zu neuer Verunsicherung und Emotionalisierung missbraucht werden.

Sehr geehrte Damen und Herren,

nicht nur anhand der Stadtpromenade, zu der später noch komme, diskutieren wir die Entwicklung unserer Stadt für die kommenden Jahre. Ich freue mich deshalb umso mehr, als wir für ein Projekt ausgewählt worden sind, das sich mit der Zukunft von Städten befasst. Und noch besser ist, dass wir mit einem Vorhaben vertreten sind und gefördert werden, das explizit die Generation einbezieht, für die wir diese Entwicklung jetzt forcieren – die Kinder und Jugendlichen dieser Stadt.

Das „Stadtentdecker“-Projekt, das bereits seit vielen Jahren an mehreren Grundschulen in der Stadt erfolgreich läuft, wird hier nun spielerisch und digital weiterentwickelt. Das ist ein besonders begrüßenswerter Ansatz, der die Förderung sehr verdient hat. Durch das Projekt werden vor allem das Demokratieverständnis gestärkt und die Zukunftsthemen unserer Stadt gemeinsam mit unseren jüngsten Bewohnerinnen und Bewohnern diskutiert. Die Projektskizze wurde vom Fachbereich Stadtentwicklung in Zusammenarbeit mit der Beauftragten für Kinder- und Jugendliche sowie dem Geschäftsbereich Jugend, Kultur und Soziales der Stadt Cottbus/Chóśebuz in den zurückliegenden Monaten entwickelt. So sollen konkrete Projekte in Cottbus/Chóśebuz analysiert und auf Basis von städtebaulichen Simulationen virtuell umgesetzt werden. So können die Kinder und Jugendlichen unmittelbar ihre Ergebnisse diskutieren und verändern. Dabei lernen sie, sich auszutauschen, auf demokratischem Wege durchzusetzen und die städtebaulichen Auswirkungen ihrer Ideen unmittelbar zu erkennen. Und die Realisierung der eigenen Idee steht motivierend in Aussicht.

Mit der Zukunft unserer Stadt beschäftigen sich zwei weitere Vorhaben. So sind wir als eine von 50 Modellkommunen ausgewählt und werden in den nächsten Jahren intensiv bei der Umsetzung einer Strategie zur Bildung zur nachhaltigen Entwicklung unterstützt und begleitet. Gemeint ist dabei eine Bildung, die Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt. Sie ermöglicht jedem Einzelnen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen. Diese Betrachtungsweise in unseren Bildungseinrichtungen von KiTa, über Schule bis zum Lernzentrum usw. umzusetzen, ist im Kontext der Herausforderungen im Strukturwandel und mit Blick auf die globale Klimaveränderungen besonders notwendig.

Darüber hinaus ist uns die Akkreditierung für die neue siebenjährige Förderperiode im Erasmus+ Programm gelungen. Dies ermöglicht uns organisierte Auslandsaufenthalte im europäischen Ausland für Bildungspersonal. Auslandsaufenthalte in Erwachsenenbildung stellen eine hervorragende Möglichkeit dar, internationale Kompetenzen zu erwerben aber auch von unseren europäischen Nachbarn kluge innovative Ansätze kennenzulernen und diese dann hier in Cottbus/Chóśebuz umzusetzen. Wir verstehen uns als offene internationale Stadt, denn wir brauchen und setzen auf Zuzug.

Wir schaffen neue Arbeitsplätze, andere und zusätzliche. Bahnwerk, Medizinerausbildung an einer Universität, der Ausbau des Klinikums, der Ostsee, all das wird Cottbus/Chóśebuz attraktiver und lebenswerter, buchstäblich anziehender machen. Diese Entwicklung braucht zweierlei: Verdichtung und Platz. Was wir nicht brauchen, ist ein Zerreden bis zum Überdruss, bei dem wir erörtern, was alles nicht geht.

Die umfangreiche Debatte in den Ausschüssen zum B-Plan „Am alten Spreewaldbahnhof“ in Sielow hat die Gemengelage gut aufgezeigt: Wir brauchen einerseits attraktive Flächen für den Wohnungsbau, und wir brauchen andererseits dazu Kompromisse und Verständigung mit den Menschen in der jeweiligen Nachbarschaft. Es wird nicht ausbleiben, dass Leute, die an Cottbus/Chóśebuz interessiert sind, gerade in den ländlichen Ortsteilen bauen wollen.

Bevor wir also kurzsichtige Entscheidungen treffen, sollten wir einen Blick in den neuen Flächennutzungsplan werfen. Dafür möchte ich unabhängig von Ihrer heutigen Entscheidung zum Antrag aus Sielow werben.

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Bauausschuss habe ich wie verabredet ausführlich über den Sachstand zur Brache in der Stadtpromenade informiert. Wir hatten zuvor ein offenes Acht-Augen-Gespräch mit den Grundstückseigentümern. Wie in dem Brief vom Januar an Sie, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete, dargelegt, haben wir nochmals herausgearbeitet, dass wir uns in einem strikt förmlichen Verfahren befinden. Das mag für die breite Öffentlichkeit langweilig klingen, ist für uns aber der aktuelle Handlungsrahmen. Denn innerhalb dieses Verfahrens kann und muss der Vorhabenträger offiziell und verbindlich seine gewünschten Änderungen an dem Vorhaben erklären, um sie seitens der Verwaltung bewerten zu können, oder davon zurücktreten. Grundlage sind die von ihnen beschlossenen Ziele des bestätigten Bebauungsplanes sowie die gültige Baugenehmigung.

Der Grundstückeigentümer hat in dem Gespräch dargelegt, dass es einen weiteren Partner für die Entwicklung der Fläche in der Stadtpromenade gibt. Bis Ende März sollen dazu neue Unterlagen vorliegen. Und es gibt in dieser Konstellation einen Umstand, der zumindest wieder ein Stück mehr Vertrauen schaffen kann: Bei dem interessierten Dritten handelt es sich um einen Cottbuser Unternehmer.

Das ist der aktuelle Stand, über den ich Sie auch hier in der Stadtverordnetenversammlung und in der breiten Öffentlichkeit in Kenntnis setzen wollte. Somit hat sich die Abgabe eines Kaufangebotes aus diesem Gespräch heraus nicht ergeben.

Lassen Sie mich zum Abschluss die Gelegenheit nutzen, um kurz auf die persönliche Erklärung des Stadtverordneten Frank Mittag aus der Januar-Sitzung zu reagieren. Wir haben diese Erklärung zum Anlass genommen, um eine externe juristische Prüfung der Vorgänge einzuleiten. Diese Prüfung soll voraussichtlich bis zum Hauptausschuss im März abgeschlossen sein.

Und ich möchte auch hier betonen: Es geht in der Stadtpromenade und bei der Entwicklung der so genannten Brache ebenso wie an vielen anderen Stellen um ein wesentliches Stück der Zukunft unserer Stadt. Ich hoffe, dass wir gemeinsam in der Lage sind, auch diesen Teil unseres Zentrums endlich zukunftsfest und nachhaltig zu gestalten.

(Es gilt das gesprochene Wort.)