Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete, liebe Cottbuserinnen und Cottbuser,

der Kampf um unsere Kreisfreiheit wird uns heute und in den nächsten Tagen immens beschäftigen, und wir wollen am Ende nicht so dastehen wie der FC Energie nach dem letzten Spieltag, genauer den letzten Spielminuten der Saison.

Die Energie-Mannschaft hat den Verbleib im Profifußball aus der Hand gegeben – wir aber haben den Klassenerhalt noch in der Hand. Die Frage nach der Kreisfreiheit ist aus unserer Sicht existenziell für die Zukunft der Stadt Cottbus. Vor vier Wochen noch konnte ich hier im Hohen Haus die Einigkeit von Fraktionen und Rathaus begrüßen. In einem gemeinsamen Brief an die Landtagsabgeordneten haben wir damals auf viele offene Fragen und fehlende Antworten seitens der Landesregierung verwiesen. Alle Fraktionen haben diesen Brief mitgetragen, der zeigte: Diese Reform ist unausgegoren, rein politisch motiviert und nicht gut für Cottbus. Das werde ich als Oberbürgermeister bei der Anhörung am 2. Juni im Innenausschuss des Landtages einmal mehr deutlich machen. Das wird ein wichtiger Tag, und das haben beispielsweise viele Mitarbeiter der Stadtverwaltung, aus kommunalen Unternehmen und des Landesamtes für Soziales und Versorgung erkannt. Gut 400 Leute werden am 2. Juni aus Cottbus nach Potsdam fahren und unsere gemeinsame Position vertreten: Cottbus muss kreisfrei bleiben, um eine selbstbestimmte und selbstbewusste Entwicklung weiter vorantreiben zu können. Die Mitarbeiter kämpfen dort nicht um ihre eigenen Jobs – die werden sie aller Voraussicht nach behalten, unabhängig davon, was die Reform am Ende ergibt. Sie werden deutlich machen, dass Verwaltung kaum noch für die Bürger da sein kann, wenn sie ein Gebiet von Schönefeld bis Schwarze Pumpe beackern soll.

Damit bin ich beim Plan B des SPD-Unterbezirkes Cottbus. Dieser besagt, dass Cottbus in einen Landkreis aus Dahme-Spreewald und Spree-Neiße eingegliedert werden soll. Cottbus solle dann selbstverständlich Kreisstadt sein. Den Bedeutungsverlust der Stadt gerade angesichts des nötigen Strukturwandels wird das nicht aufhalten. Es wird, so klingt es, allen alles versprochen. Wir ahnen jedoch, dass damit speziell im Berliner Speckgürtel, aber auch in Forst oder Spremberg nicht viel Staat zu machen ist. Schlimmer aber: Mit diesen Vorschlägen, so empfinden es viele in unserer Stadt, fällt die Cottbuser SPD uns allen, den Cottbuserinnen und Cottbusern in den Rücken.

Eine Reform kann nicht aus hunderten Sonderregelungen bestehen. Eine Verwaltungsreform ist keine brauchbare, wenn es überall Außenstellen einer Kreisverwaltung geben soll. Das macht Verwaltung weder effektiv noch sparsam. Und es gibt neue Fragen: Wie lange hat die Forderung, Cottbus möge Kreisstadt sein, Bestand? Schon jetzt trägt ja offenbar nicht einmal die SPD in Dahme-Spreewald diese Vorschläge mit. Wie, bitte, soll eine Sonderrolle der Stadt innerhalb des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg ausgestaltet sein? Hier wird ein Deckmäntelchen über die Probleme gezogen, auf dem steht: Ihr könnt die Straßenbahn behalten. Finanzierung? Unklar. Es wird die dauerhafte finanzielle Sicherung unserer überregional wirkenden Kultureinrichtungen gefordert. Ja, richtig. Das kann, das sollte aber bereits jetzt geschehen. Wir hatten genau diese Diskussion im Januar unter dem Stichwort Piccolo; wir hatten Ansätze im vergangenen Jahr, als Ministerpräsident Dietmar Woidke anlässlich der Einweihung der sanierten Seepyramide von der „Landesstiftung Branitz“ sprach. In ersten Gesprächen zeigte sich allerdings, dass eine wirklich tragfähige Lösung kaum substantielle Einsparungen für die Stadt bringen wird. Also alles keine wirklich neuen Ideen, und alles keine Argumente, unserer Stadt die Kreisfreiheit abzukaufen. Cottbus entschulden um genau die Millionen, die uns das Land bereits über Jahre vorenthält? Ja, klar, aber sofort und ohne Daumenschrauben!!

Jetzt Entscheidungen zu fordern, die längst hätten gefallen sein müssen und mit einer Aufgaben- und Gebietsreform nichts zu tun haben, das ist eine Politik, die sich selbst genügt. Den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger wird sie nicht gerecht. Wir wollen nicht darüber spekulieren, wie sich ein Amt auf Meinungsbildung und Haltung auswirkt. Wir messen die Cottbuser und für Cottbus zuständigen Landtagsabgeordneten an ihrem Ja oder ihrem Nein zur Kreisfreiheit unserer Stadt.

Bereits spüren wir Auswirkungen der Debatte zum Nachteil unserer Stadt. Wir mussten die Suche nach einem Ostsee-Manager stoppen. Der beste Bewerber hat uns gesagt, dass er seinen derzeitigen sicheren Job nicht gegen einen gewiss spannenden tauschen kann, solange ungewiss ist, wie es mit Cottbus weitergeht. Wir werden daher eine Leistungs-Ausschreibung vornehmen, um ein Unternehmen mit dieser für Cottbus immens wichtigen Zukunftsaufgabe zu betrauen.

Außerdem werden Landtagsabgeordnete und Öffentlichkeit mit finanziellen Luftnummern gelockt. Das haben Gespräche im Finanzministerium in der vergangenen Woche gezeigt. Da tut der Finanzminister so, als würden wir mit der Einkreisung plötzlich 20 Millionen Euro zur freien Verwendung haben. Belastbar ist diese Zahl nicht, haben die Gespräche gezeigt. Wir haben ausgerechnet, dass vor dem Millionenbetrag für uns ein deftiges Minus stehen wird.

Deshalb sagen wir als Rathausspitze, also Oberbürgermeister, Bürgermeisterin, Beigeordneter und Dezernenten, gemeinsam: Cottbus muss kreisfrei bleiben. Mit den Augen der Vernunft betrachtet, einer umfassenden und unvoreingenommenen Vorbereitung und Analyse der Rolle von Cottbus in der Region und mit politischer Weitsicht kann man nur zu dem Schluss kommen – Cottbus kann seine Rolle als Anker der Lausitz nur als kreisfreie Stadt ausfüllen und muss dazu gestärkt werden. Da reicht es nicht, eine Kommune unter vielen zu sein, und – bei allem Respekt – auch nicht, Erste unter Gleichen zu werden. Ein Bedeutungsverlust von Cottbus ist gleichzeitig ein weiterer Bedeutungsverlust des Südens Brandenburgs gegenüber dem Berliner Speckgürtel und Potsdam. Plan B kann also nur heißen wie Plan A: Das Beste für Cottbus ist die Kreisfreiheit; alles andere heißt umfallen und klein beigeben.

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Organisatoren der Cottbuser Umweltwoche hätten das diesjährige Motto wohl nicht treffender wählen können. Es lautet „Energie bewegt uns“. Doch selbst wenn wir uns gedanklich hier vom Sorgenkind FCE lösen, bleibt die Energie eines der bestimmenden Themen unserer Tage und wohl auch der kommenden Jahre. Die Auseinandersetzungen darüber werden bleiben, auch wenn wir nicht gutheißen, was am Pfingstwochenende am Tagebau Welzow und dem Kraftwerk Schwarze Pumpe geschehen ist. Gewalt ist kein Mittel einer Debatte. Wir sollten uns zudem hüten, den „zivilen Ungehorsam“ als Ausrede für alle möglichen Gesetzesübertretungen zu akzeptieren. Wir sollten immer bedenken: Was Demokraten tun, kann man Feinden der Demokratie nicht absprechen.

Die Lausitz ist längst im Strukturwandel. Das ist kein Vorgang, den man an- und ausschaltet. Wir brauchen die Braunkohle-Wirtschaft als verlässlichen Arbeitgeber und Begleiter des Wandels. Uns wäre es auch lieber, der Bund bekennt sich klarer zu seiner Verantwortung für die Lausitz, als es bislang erkennbar ist. Und uns wäre es lieber, der Bund würde die Erforschung von Speichertechnologien und den Ausbau der Stromnetze und der Service-Infrastruktur gezielter fördern, als eine Kaufprämie für Elektroautos anzubieten. In Cottbus sind 21 E-Autos zugelassen. Hinzu kommt eine kleine Flotte an der BTU Cottbus-Senftenberg, bei den Stadtwerken, im Spree-Waldhotel oder im Branitzer Park. Das ist eine kleine Zahl, aber immerhin ein Anfang.

Doch damit zurück zur Umweltwoche ab dem 1. Juni, der 26. ihrer Art in Cottbus. Die Organisatoren knüpfen mit ihrem Programm an die Dinge an, die uns für die Zukunft beschäftigen werden. Es gibt eine interaktive Ausstellung und eine Konferenz zu alternativer Mobilität; angeboten wird eine Informations- und Lehrveranstaltung mit dem Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe zur Bereitstellung von Energie im Land. Das ist nur ein kleiner Einblick in das vielfältige Programm, das auf Familien ausgerichtet ist.

Eine Veranstaltung der Umweltwoche habe ich mir noch aufgehoben: Sie führt in unsere bekannteste Gemäldegalerie und damit also – bei allem Respekt, verehrte Frau Kremeier mit dem Dieselkraftwerk – in den Branitzer Park. Das Wort vom Park als Gemäldegalerie stammt natürlich von Hermann Fürst von Pückler-Muskau. Dessen Werk erfährt seit Pfingsten in der Bonner Bundeskunsthalle eine großartig anzuschauende Wertschätzung. Es war uns Cottbusern dort eine Freude anzusehen, was Pückler geleistet hat und wie das außerhalb von Cottbus und der Lausitz staunend wahrgenommen wird. Wir können stolz sein, dass wir die meisten Teile dieser Ausstellung hier in Cottbus im Original haben, seien es die Pyramiden, die Baumgruppen, die Sichtachsen, das Schloss, den Baumpflanzwagen und und und. Pückler steht hoch im Kurs. Seine inspirierte Art, seine Neugier und Offenheit für Einflüsse, sein Mut, seine Verwegenheit, ja, auch seine Frechheit und sein Charme können für uns Antrieb sein. Strukturwandel wird Landschaftswandel sein, möglichst im Pücklerschen Geist. Wir sollten mehr verrückte Ideen für den Ostsee diskutieren. Wer baut eine Pyramide mitten in den See? Wie erschließen wir Möglichkeiten, in den Randschläuchen des Sees mit Tauchrobotern herumzufahren? Wie wecken wir Neugier auf diesen Flecken Erde im Umbruch?

Unsere Region und unsere Stadt täten gut daran, sich an Pückler und seinen Verrücktheiten ein wenig aufzurichten. Gerade in einer Zeit, in der vieles so unabänderlich scheint, in der die Spielräume nicht nur finanzieller Art uns einzuengen drohen. Wir werden in wenigen Tagen eine zweite Konferenz veranstalten, in der das künftige Leitbild von Cottbus erörtert wird. Da ist noch viel zu entwickeln. Ich greife hier auf meine Worte zum Neujahrsempfang im Januar zurück: Cottbus soll der Lebensort einer Region sein, und das gleiche Angebot gilt für viele gestresste oder auch verdrängte Großstädter aus dem Berliner Raum.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir sollten uns nicht kleiner reden als wir sind. Cottbus hat viel zu bieten. Vieles davon nehmen wir Heimische oft schon gar nicht mehr wahr oder wir würdigen es zu selten. Dazu zählen die jüngsten Erfolge der Schülerinnen und Schüler des Konservatoriums beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“. Diese vielseitige Förderung von jungen Talenten tut unserer Stadt und auch der Region gut. Das ist erste Liga!

Und ich freue mich, dass es am 2. Juni wieder einen Modellstadtspaziergang geben wird. Es ist dies die Rückkehr zu einem bewährten und beliebten Format. Der Spaziergang durch unsere sanierte Innenstadt wird einmal mehr vom Ehrenamt profitieren und der kulturellen Vielfalt, die Cottbus neben architektonischen Kleinoden zu präsentieren weiß.

Das Ehrenamt, das Sie hier im Hohen Haus und seinen Gremien bekleiden, hat in dieser Woche eine schöne Ehrung erfahren. Ihr Vorsitzender Reinhard Drogla und seine Stellvertreterin Christina Giesecke waren am Montag geladen zum Empfang des Bundespräsidenten Joachim Gauck am Tag des Grundgesetzes. Das ist eine schöne Anerkennung für Ihre Arbeit. Sie pflegen den Hort der Demokratie mit Ihrem Ehrenamt, das sicher nicht immer nur schön ist. Sie leisten eine Arbeit für unsere Stadt, von der wir alle wissen, wie wichtig und prägend sie vor Ort ist.

Das wird sich auch heute zeigen, da Ihnen der Auslegungsbeschluss für den Bebauungsplan für das Einkaufszentrum Stadtpromenade vorliegt. Mit dem heutigen Beschluss können wir einen weiteren wichtigen Treffer landen. Ich betone, heute geht es „nur“ um die Offenlage der Pläne; es geht nicht um eine Grundsatzdebatte für oder gegen das Einkaufszentrum. Investor, unser Geschäftsbereich Stadtentwicklung und nicht zuletzt Sie als Abgeordnete habe in den vergangenen Wochen und Monaten hart gerungen, um das Vorhaben bis in die Details zu verhandeln und vorzubereiten. Die Spielregeln dabei waren klar: Bürgerdialog und die Entwurfsverfahren vor der Jury haben den Rahmen abgesteckt. Was dort entwickelt worden ist, wollen die Cottbuserinnen und Cottbuser und hoffentlich auch viele Kunden aus der Region in der Stadtpromenade künftig vorfinden und nutzen. Schließlich geht es dort um einen wesentlichen Teil des Cottbuser Zentrums, über den wir aber nicht allein entschieden können. Das Verfahren bis heute war sehr aufwändig, aber in seiner Form prägend und lobenswert. Dafür mein ausdrücklicher Dank an alle Beteiligten.

Wunder konnten wir keine erwarten, auf Wunder dürfen wir weder hier noch bei der Kreisgebietsreform, dem Strukturwandel oder wo auch immer hoffen. Die Wunder, die wir brauchen, müssen wir uns selbst erkämpfen. Mut und Zuversicht entstehen, wenn wir an Wunder glauben, zuallererst aber an uns selbst. Wir wollen eine Aufsteiger-Stadt sein. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten.