Thesen zur Weiterentwicklung lokaler Demokratie

Der Deutsche Städtetag hält es für den Kern kommunaler Selbstverwaltung, die Bürgerinnen und Bürger in die Entscheidungen der Kommunen einzubeziehen. In einem heute veröffentlichten sechsseitigen Papier „Thesen zur Weiterentwicklung der lokalen Demokratie" macht der kommunale Spitzenverband deutlich, dass eine umfassende formelle wie informelle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger dazu beiträgt, die Qualität und Akzeptanz von Entscheidungen zu verbessern. Beteiligung müsse als Chance begriffen werden.

„Wir brauchen eine breite Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger für eine lebendige lokale Demokratie. Die bewährten Formen der repräsentativen Demokratie und direkte Beteiligungsmöglichkeiten sollten einander sinnvoll ergänzen", sagte der Präsident des Deutschen Städtetages, der Nürnberger Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly. Die ehrenamtlichen Räte der Städte und Gemeinden seien unmittelbar aus der Mitte der Bürgerschaft gewählt. Deshalb könnten neue Formen der Bürgerbeteiligung die repräsentative Demokratie nicht ersetzen, aber sie könnten das Verhältnis von Bürgerschaft, Verwaltung und Politik verbessern. Mehrheitsentscheidungen müssten respektiert werden. Dies gelinge in der demokratischen Willensbildung häufig nur im Wege der wechselseitigen Überzeugung und der Diskussion von Handlungsalternativen.

Planungs-und Entscheidungsprozesse können zu einem einvernehmlichen und befriedigenden Ergebnis führen, so der Städtetag in seinem Thesenpapier, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: ein umfassendes Angebot an Information, ausreichende Möglichkeiten der Kommunikation und vollständige Transparenz der Verfahren.

„Nur wenn alle Beteiligten umfassend und vollständig informiert sind, kann die politische Auseinandersetzung gleichberechtigt und sachlich geführt werden. Kommunikation muss ein zentrales strategisches Element jedes Beteiligungsprozesses sein und die Vorhaben von Anfang bis Ende begleiten", so der Städtetagspräsident. Ebenso entscheidend seien die breit angelegte, offene und nachvollziehbare Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der Beteiligungsverfahren und die Rückmeldung an die Beteiligten und die Bürgerschaft.

In ihrer Kommunikation zu Beteiligungsverfahren nutzen die Städte alle notwendigen und ihnen verfügbaren Kommunikationsmittel, sowohl klassische als auch neue Medien. Social-Media-Plattformen gewinnen an Bedeutung, um mit bestimmten Zielgruppen in Dialog zu treten, auch wenn hier Fragen des Persönlichkeits- und Datenschutzes zu beachten sind. Eine internetbasierte Beteiligung müsse allerdings durch klassische Formen wie z.B. Bürgerversammlungen ergänzt werden, so Maly. „Denn nicht jeder kann oder will Online-Verfahren der Bürgerbeteiligung nutzen. Das schränkt die Repräsentativität der so gewonnenen Ergebnisse ein."

Für problematisch hält der Deutsche Städtetag, dass Beteiligungsangebote von der Bevölkerung sehr unterschiedlich angenommen werden. „Jugendliche, Migrantinnen und Migranten und bildungsfernere Gruppen beteiligen sich bisher deutlich seltener am politischen Prozess als andere. Alle Gruppen zu aktivieren, muss am Anfang eines erfolgreichen Beteiligungsprozesses stehen", betont Maly. Die Bürgerinnen und Bürger sollten zielgruppenspezifisch angesprochen und auf unterschiedliche Art und Weise zum Mitmachen eingeladen und motiviert werden.

Der Deutsche Städtetag sieht Bürgerbeteiligung als eine Querschnittsaufgabe in den Städten. „Entscheidend ist, dass lokale Politik nur gemeinsam durch möglichst viele Beteiligte gestaltet werden kann. Ziel ist es, alle gesellschaftlichen Perspektiven zu berücksichtigen und viele Menschen zu erreichen und einzubeziehen." Eine verbesserte Beteiligungskultur in den Städten erfordere eine qualifizierte Beteiligungsstrategie, in deren Entwicklung alle maßgeblichen Akteure eingebunden werden müssten.

Der Deutsche Städtetag begrüßt die Unterstützung der kommunalen Beteiligungskultur durch Bund und Länder. Ihre Aufgabe sei es, Beteiligungsverfahren experimenteller Art zu fördern, gute Beispiele bekannt zu machen und die Vernetzung der Akteure zu unterstützen. Dabei dürfe die Entwicklung einer eigenständigen Beteiligungskultur vor Ort allerdings nicht reglementiert oder zentral vorgegeben werden. „Bürgerbeteiligung ist ein zentrales Element kommunaler Selbstverwaltung. Jede Kommune muss für sich selbst den geeigneten Weg finden, wie lokale Demokratie vor Ort weiterentwickelt werden kann", sagte Städtetagspräsident Maly.

Die vom Hauptausschuss des Deutschen Städtetages beschlossenen „Thesen zur Weiterentwicklung der lokalen Demokratie" sind im Internetangebot des Deutschen Städtetages in der Rubrik Fachinformationen, Aus dem Städtetag, unter www.staedtetag.de zu finden. Das Thesenpapier ist nach diesen Kapiteln gegliedert: Grundsätze, Aktivierung als Voraussetzung, Allgemeine Fragen im Beteiligungsverfahren, Grundfragen förmlicher Beteiligungsverfahren, Grundfragen informeller Beteiligungsverfahren, Grundfragen zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheid, Bedeutung von Information und Kommunikation, Rolle der Verwaltung, Rolle von Bund und Ländern. Außerdem ist unter www.staedtetag.de, Rubrik Fachinformationen, Stadtentwicklung, das Arbeitspapier „Beteiligungskultur in der integrierten Stadtentwicklung" im Umfang von 30 Seiten abrufbar.