Kommunale Demokratie durch verbesserte Bürgerbeteiligung stärken, Erklärung „Zusammenhalt und Zukunft – nur mit starken Städten“

Der neu gewählte Präsident des Deutschen Städtetages, der Münchener Oberbürgermeister Christian Ude, hat sich dafür ausgesprochen, die kommunale Demokratie durch verbesserte Bürgerbeteiligung zu stärken, ohne die politischen Gremien zu schwächen. „Wir müssen uns immer fragen, ob wir vorhandene Instrumente besser nutzen und zusätzliche Instrumente schaffen sollten. Dazu gehört eine frühere und bessere Information, die tatsächlich alle Zielgruppen der Gesamtbevölkerung erreicht, eine Herstellung von Öffentlichkeit in Zukunftsfragen und eine Dialogbereitschaft, bevor die Würfel fallen“, sagte Ude zum Abschluss der Hauptversammlung des Deutschen Städtetages heute in Stuttgart.

Als Ergebnis der Hauptversammlung verabschiedete der Deutsche Städtetag eine Stuttgarter Erklärung „Zusammenhalt und Zukunft – nur mit starken Städten!“. Unter diesem Motto stand auch das Treffen von mehr als 1000 Delegierten und Gästen. Christian Ude wurde für zwei Jahre zum Präsidenten des Deutschen Städtetages gewählt. Das Amt der Vizepräsidentin übernimmt seine Vorgängerin, die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth.

Ude sprach sich während seiner Abschlussrede dafür aus ‚noch mehr Demokratie zu wagen’ und forderte: „Bei den hervorragenden Instrumenten des Bürgerbegehrens und Bürgerentscheids darf es keine Hürden geben, die kaum überwindbar sind; das gilt auch für Volksentscheide. Wenn wir Kommunalpolitiker unsere Legitimation auch bei verheerend niedriger Wahlbeteiligung nicht in Zweifel ziehen, dürfen wir bei Einzelentscheidungen der Bürgerschaft keine höheren Prozentsätze verlangen, als sie uns selber als Legitimationsbasis zur Verfügung stehen.“

Stärkere Bürgerbeteiligung dürfe aber nicht zu einer Lähmung der Arbeit der gewählten Mandatsträger und politischen Gremien führen, warnte der Städtetagspräsident zugleich. “Ehrenamtliche Stadträtinnen und Stadträte, die demokratisch gewählt sind und sich jahrelang sachkundig machen, werden noch viele Tausende Entscheidungen zu treffen haben, um die Grundbedürfnisse der Bevölkerung durch neue Kinderkrippen und Schulerweiterungen, Wohnungsbauten und Verwaltungsgebäude, öffentliche Verkehrsmittel und soziale Leistungen und kulturelle Angebote zu befriedigen.“ Diese sollten mit Selbstbewusstsein arbeiten können.

Städtetagspräsident Christian Ude und Vizepräsidentin Petra Roth hoben in der Pressekonferenz zum Abschluss der Hauptversammlung aus der Stuttgarter Erklärung weitere zentrale Punkte als Ergebnis der Diskussion in den fünf Fachforen hervor:

  • Zusammenhalt stärken:
    Mit ihren verlässlichen und allgemein zugänglichen Dienstleistungen sind die Städte entscheidend für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. In den Städten werden die Weichen gestellt für eine gelingende Integration, für Chancengerechtigkeit und Armutsbekämpfung sowie für die Bewältigung des demografischen Wandels. Kommunale Selbstverwaltung bedeutet auch lokale Demokratie, politische und gesellschaftliche Mitgestaltung durch die Bürgerinnen und Bürger und fördert damit die Identifikation mit unserem Gemeinwesen und dem Staat insgesamt.

  • Keine Schuldenbremse auf Kosten der Kommunen:
    Durch die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse besteht die Gefahr, dass der zunehmende Konsolidierungsdruck über die Länder weitgehend auf die kommunale Ebene verlagert wird und sich die ohnehin angestaute kommunale Finanzmisere weiter vertieft. Daher fordern die Kommunen einen effektiven Schutzmechanismus, durch den verhindert wird, dass Bund und Länder – statt den unbequemen Weg des Aufgabenabbaus und der Entbürokratisierung einzuschlagen – Verschuldung auf die kommunalen Haushalte verlagern.

  • Kommunale Handlungsspielräume und Kompetenzen in der Bildung stärken – finanzielle Rahmenbedingungen sichern:
    Der Bildungserfolg darf nicht von der sozialen Herkunft abhängig sein. Bund, Länder und Kommunen sollten den quantitativen Ausbau der frühkindlichen Bildungsangebote weiter voran bringen und sich gleichzeitig um eine Weiterentwicklung der Qualität in der frühkindlichen Förderung bemühen. Es muss ausgeschlossen werden, dass Bund oder Länder Erwartungen wecken und Ziele vorgeben, ohne gleichzeitig die erforderlichen Finanzmittel bereitzustellen. Viele Städte bauen kommunale Bildungslandschaften aus im Sinne eines vernetzten Systems von Erziehung, Bildung und Betreuung. Die Länder sind aufgefordert, solche Aktivitäten zu unterstützen. Ziel muss sein, dass kein Jugendlicher ohne Abschluss die Schule verlässt.

  • Kommunale Infrastruktur nachhaltig entwickeln:
    Nachhaltige Kommunalpolitik bedarf einer integrierten und integrierenden Stadtentwicklungsplanung. Es gilt, die aufgrund der schlechten Finanzausstattung deutlich verschlechterte kommunale Infrastruktur nachhaltig zu verbessern. Zudem müssen eine menschenwürdige Umwelt gesichert, der soziale Zusammenhalt gestärkt und die natürlichen Lebensgrundlagen geschützt werden, indem Bodennutzung, Energieversorgung, Verkehr, Städtebau und soziale Aspekte ganzheitlich betrachtet werden.

  • Personalwirtschaft der Städte zukunftsorientiert sichern:
    Kommunales Personalmanagement kann nur erfolgreich sein, wenn es die Anforderungen und Bedürfnisse von Jüngeren, Älteren, Frauen, erziehenden Familienangehörigen, Migrantinnen und Migranten aufgreift, So leistet Personalmanagement einen Beitrag der Verwaltung zum sozialen Zusammenhalt in der Stadt.

  • Kompetenz der Städte beim Aufbau demokratischer und dezentraler Strukturen in der Welt nutzen:
    Die deutschen Städte sind bereit, auch international ihren Beitrag zur Stärkung demokratischer und selbstverwaltender Strukturen zu leisten. Die Kommunen sollten als Partner für die staatliche Entwicklungszusammenarbeit anerkannt und systematisch eingebunden werden.