Oft ist die zwei Mann starke Besatzung eines Rettungstransportwagens, kurz RTW, als erstes am Unfallort. Nun gilt es Entscheidungen zu treffen und medizinische Maßnahmen durchzuführen, um das Leben des Patienten zu retten. Diese Aufgabe obliegt bis zum Eintreffen eines Notarztes dem Notfallsanitäter.

  1. Bewerbungsphase
    Ehrlich gesagt hat meine Schulzeit mir wenig geholfen, herauszufinden, was ich mal beruflich machen möchte. Ich konnte mir viele Sachen gut vorstellen, die mir Spaß gemacht hätten, aber wirklich festlegen konnte ich mich nicht. Bis ich dann durch Ausbildung bei der Freiwilligen Feuerwehr Cottbus merkte: Es gibt keine lobenswertere Tätigkeit, als anderen Menschen in der Not zu helfen. Also wollte ich das Helfen zu meinem Beruf machen. Und wo geht das besser als bei der Berufsfeuerwehr Cottbus?
    Wie es der Zufall wollte, trat am 01.01.2014 das neue Notfallsanitätergesetz in Kraft, wodurch der Rettungsassistent vom Notfallsanitäter, welcher mit einem weiteren Spektrum an medizinischen Maßnahmen ausgestattet ist, abgelöst wird. Die Stadt Cottbus schrieb drei Ausbildungsstellen zum Notfallsanitäter aus. Also habe ich mich über den Beruf informiert und die Bewerbung geschrieben. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam dann endlich die Einladung zum Bewerbungsgespräch auf die Feuer- und Rettungswache 1 der Berufsfeuerwehr Cottbus. Das Einstellungsverfahren gliederte sich in einen praktischen Teil, bei dem es um die Fahrzeugtechnik eines RTWs und um den Umgang mit den Einsatzmaterialien ging und einem Personalgespräch, bei dem auch ein paar Denkaufgaben gestellt wurden. Und dann bekam ich letztendlich die Zusage und darf nun der ersten Generation Notfallsanitäter angehören.

  2. Ausbildungsbeginn
    Am 01.09.2015 war dann der erste Ausbildungstag. Alle neuen Auszubildenden der Stadt Cottbus trafen sich im Rathaus. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde, wurde viel Organisatorisches geklärt. Nachmittags wurden uns dann feierlich unsere Ausbildungsverträge durch den Oberbürgermeister überreicht. Ich sehnte mir aber den ersten Tag auf der Rettungswache herbei. Als es endlich so weit war und wir einige Formalien geklärt hatten, stellten wir uns dem Fachbereichsleiter vom Fachbereich 37 Feuerwehr, Jörg Specht, vor. Den Rest des Tages verbrachten wir mit einem Erste-Hilfe-Training. Doch schon ab dem nächsten Tag sollten wir Rettungseinsätze mitfahren.

  3. Ausbildung auf der Wache
    Das Gefühl bei meinem ersten Einsatz war sagenhaft. Ich saß mit meinen anderen beiden Mitazubis zusammen und wir quälten uns durch das neue Notfallsanitätergesetz als dann plötzlich der Alarm losging. Ich war total aufgeregt, mein Herz raste und ich war gespannt, was auf mich zukommen würde. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt und bin weniger aufgeregt - je nachdem, was der Notruf bringt. Denn auch die gestandensten Retter kommen bei Verkehrsunfällen oder Kindernotfällen mal aus der Ruhe. Dennoch, das Schöne an meinem künftigen Beruf ist das Unvorhersehbare: klar gibt es Routinearbeiten, die erledigt werden müssen, aber durch die Einsätze wird es nie langweilig.
    Mein Arbeitstag beginnt um 6.45 Uhr mit der Übernahme des RTWs. Dabei muss jedes Gerät auf seine Funktionalität überprüft werden. Danach wird geschaut, ob die beiden Koffer vollständig bestückt sind. Das Gleiche macht man dann nochmal in jedem Fach im RTW. Und nicht zu vergessen, die Sauerstoffflaschen. Das alles klingt jetzt vielleicht etwas langweilig, vor allem wenn man sich vorstellt, das jeden Tag zu machen, aber nichts ist schlimmer als mit unvollständigen Hilfsmitteln beim Patienten zu stehen. Anfangs braucht man als Hilfe, vielleicht die Checkliste, welche in jedem RTW zu finden ist, aber irgendwann kennt man diese auswendig und sieht auf Anhieb, wenn etwas fehlt. Wenn alles komplett ist, trägt man das in einen Hefter ein und geht zum Frühstück. Dabei ist es nicht nur recht unterhaltsam, wenn man Rettungsdienstgeschichten von den „Veteranen“ erzählt bekommt, sondern auch wichtig, da es immer die vorerst letzte Mahlzeit bei einem Tag mit hohem Einsatzaufkommen sein könnte.
    Nach dem Frühstück werden noch Aufgaben bekannt gegeben, die zu erledigen sind und bei denen man sich natürlich gern beteiligen kann. Speziell für den Rettungsdienst wäre da immer die wöchentliche Scheuerdesinfektion im RTW, bei der alle Oberflächen im Innenraum mit Desinfektionslösung abgewischt werden. Dann gibt es da auch noch die monatliche Scheuerdesinfektion, bei welcher sämtliche Fächer ausgeräumt und durchgewischt werden müssen.
    Wenn auch das erledigt ist, kann man die Zeit nutzen, um Berichte für sein Ausbildungsnachweisheft zu schreiben, sich seine Lehrbücher vorzunehmen oder die ein oder andere Sache mit den erfahrenen Mitarbeitern zu üben. Und nicht zu vergessen: die zahlreichen Einsätze.

  4. Die Rettungsdienstakademie in Heide
    Heide ist eine kleine Stadt nahe der Nordsee, ca. 100 km nördlich von Hamburg. Es ist zwar nicht gleich um die Ecke, aber die Fahrt ist es wert. Die Rettungsdienstakademie der Rettungsdienstkooperation in Schleswig-Holstein (RKiSH) nutzt moderne Medien (PowerPoint, Flipcharts oder Metaplan), Tafel und Kreide waren gestern. Hinzu kommen die neuesten Lerntechniken aus der Medizinpädagogik.
    Die Dozenten sind allesamt nett und locker: es wird sich generell geduzt und man ist gern bereit, nach dem regulären Unterricht länger zu bleiben, wenn jemand noch etwas Nachholbedarf in einem Thema hat. Ab und zu haben wir uns auch mal zu gemeinsamen Freizeitaktivitäten mit einzelnen Dozenten getroffen. So besuchten wir regelmäßig einen Selbstverteidigungskurs im Nachbarort, auch von der RKiSH organisiert.
    Ein anderer, sehr positiver, Aspekt der Schule ist der umfangreiche praktische Anteil der schulischen Ausbildung. Es vergeht keine Woche, in der wir nicht praktisch an uns gegenseitig oder an unbezahlbaren Simulationspuppen üben. Wer also Schwierigkeiten mit der Medizin in ihrer nüchternen Theorie hat, dem geht mit absoluter Sicherheit beim praktischen Training ein Licht auf.
    Des Weiteren wird versucht, auf die Wünsche und Bedürfnisse jedes einzelnen Schülers einzugehen. Dies scheint zwar angesichts der Anzahl an Schülern unmöglich, wird aber in 90% der Fälle erfolgreich umgesetzt.

  5. Ausbildung in der Klinik
    Im Klinikpraktikum durchläuft man verschiedene Stationen: Pflegestation, Notaufnahme, Intensivstation, Anästhesie und psychiatrische Pflegestation. Vor allem auf der Pflegestation, was in meinem Fall die geriatrische (altersmedizinische) Pflegestation war, tritt man zum ersten Mal längerfristig mit Patienten in Kontakt. Da ältere Menschen das Hauptpatientenklientel im Rettungsdienst bilden, ist das Praktikum auf der Geriatrie überaus hilfreich. Man lernt die Grundlagen im Umgang mit Patienten allgemein und speziell die Pflege von älteren Patienten kennen.
    Die Notaufnahme ist die Schnittstelle zwischen Rettungsdienst und Klinik und darum besonders wichtig für die Ausbildung zum Notfallsanitäter. In der Notaufnahme lernt man als aller erstes die Struktur der Notaufnahme kennen und welche Aufgaben beispielsweise der Notfallkoordinator hat oder bei welchen Fällen ein Schockraum benötigt wird.
    Der Ablauf des Praktikums ist zweigeteilt:
    In der ersten Hälfte arbeitet man in der Aufnahme beim sogenannten Notfallkoordinator, oder kurz NOKO, mit. Dort werden die Patienten durch diesen triagiert. Das heißt, die Patienten werden nach Dringlichkeit ihrer Erkrankung eingeteilt. Wer muss sofort behandelt werden? Wer kann noch warten?
    In der zweiten Hälfte hospitiert man bei einem Arzt beziehungsweise einer Ärztin. So erhält man beispielsweise Einblicke in die innere Medizin und die Chirurgie und assistiert den Ärzten bei ihren Behandlungen.

Die Ausbildung ist genau das Richtige, wenn man Menschen in Not helfen will und es kein Problem darstellt, auch mal Blut zu sehen. Ich würde mich jederzeit wieder für diese Ausbildung entscheiden.

Matthias