Vollzug des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushaltes - Wasserhaushaltsgesetz (WHG) vom 31.07.2009 (BGBl. I 2009 S. 2585) in der derzeit gültigen Fassung i. V. m. dem Brandenburgischen Wassergesetz (BbgWG) in der Fas-sung der Bekanntmachung vom 02.03.2012 (GVBl. I Nr. 20) in der derzeit gültigen Fassung

Allgemeinverfügung der Stadt Cottbus/Chóśebuz

zur befristeten Einschränkung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs und von wasserrechtlich erlaubten Entnahmen aus Oberflächengewässern

  1. Hiermit verfüge ich gemäß §§ 44, 45, 126 BbgWG i. V. m. § 26, 33, 100 WHG i. V. m. § 29 Abs. 2 BbgWG folgende Einschränkung der Ausübung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs und von wasserrechtlich erlaubten Entnahmen aus Oberflächengewässern:
    Die Entnahme von Wasser aus Oberflächengewässern mittels Pumpvorrichtung wird in der Zeit von 08.00 bis 20.00 Uhr untersagt.
    Diese Allgemeinverfügung erstreckt sich auf das Gebiet der Stadt Cottbus/Chóśebuz.
  2. Eine Ausnahme von den Einschränkungen nach Nummer 1 dieser Allgemeinverfügung kann die untere Wasserbehörde im Einzelfall auf Antrag erteilen, sofern eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten ist.
  3. Diese Allgemeinverfügung gilt bis auf Widerruf.
  4. Die sofortige Vollziehung dieser Verfügung ordne ich an.
  5. Diese Allgemeinverfügung tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.

Begründung

A.

Nach der extremen Trockenheit der vorhergegangenen Jahre 2018, 2019 und 2020 hat die anhaltend warme und trockene Wetterlage erneut in den Fließgewässern insbesondere des Einzugsgebietes der Spree zu sehr geringen Durchflüssen geführt. Der natürliche Wasserhaushalt leidet immer noch unter den Folgen der Trockenheit der Vorjahre und die sich fortsetzende Trockenheit in Verbindung mit hochsommerlichen Temperaturen verschärfen die wasserwirtschaftliche Situation zunehmend. Der zur Niedrigwasseraufhöhung zur Verfügung stehende Betriebsraum in der Talsperre Spremberg und den sächsischen Speichern wird bereits genutzt. Im Sinne einer vorausschauenden Bewirtschaftung des zur Verfügung stehenden Wasserdargebotes werden die Abgabemengen der Talsperre reduziert.

Mit dieser Situation sind negative Auswirkungen insbesondere auf den Wasserhaushalt und auf den ökologischen Zustand verbunden. Die Oberflächengewässer müssen daher vor jeder vermeidbaren weiteren Beeinträchtigung geschützt werden. Deshalb ist dafür zu sorgen, dass Wasserentnahmen, die den Abfluss der Fließgewässer verringern können, eingeschränkt bzw. unterbunden werden.

Das Landesamt für Umwelt hat weiterhin im Rahmen seines Bewirtschaftungsermessens begonnen u. a. Ableitungen aus der Spree zu drosseln.

B.

Nach § 100 WHG ist es Aufgabe der Gewässeraufsicht, die Gewässer sowie die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen, die nach oder auf Grund von Vorschriften dieses Gesetzes, nach auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen oder nach landesrechtlichen Vorschriften bestehen. Die zuständige Behörde ordnet nach pflichtgemäßem Ermessen Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von Verpflichtungen nach Satz 1 sicherzustellen. Gemäß § 124 Abs. 2 BbgWG ist die kreisfreie Stadt Cottbus/Chóśebuz untere Wasserbehörde und als solche gemäß § 126 Abs. 1 BbgWG für den Vollzug des Brandenburgischen Wassergesetzes zuständig.

Gemäß § 26 Abs. 2 WHG dürfen in den Grenzen des Eigentümer- und Anliegergebrauchs Eigentümer und Anlieger der an oberirdische Gewässer grenzenden Grundstücke Gewässer ohne Erlaubnis und Bewilligung benutzen, wenn dadurch andere nicht beeinträchtigt werden und keine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit, keine Verminderung der Wasserführung sowie keine andere Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu erwarten sind. Nach § 45 BbgWG gelten § 43 Abs. 2 und § 44 BbgWG sinngemäß.

Gemäß § 44 BbgWG kann die Wasserbehörde im Einzelfall oder durch Allgemeinverfügung die Ausübung eines Teilbereiches des Gemeingebrauches oder den Gemeingebrauch insgesamt regeln, beschränken oder verbieten, um

  1. die Eigenschaften und den Zustand der Gewässer einschließlich des Gewässerbodens und der Ufer vor nachteiligen Veränderungen zu schützen,
  2. zu gewährleisten, dass die Bewirtschaftungsziele und die Vorgaben des Maßnahmeprogramms erreicht werden,
  3. Natur und Landschaft zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln,
  4. Beeinträchtigungen, Belästigungen und Gefahren für die Allgemeinheit oder für Einzelne zu verhindern.

Die Wasserbehörde kann daher Anordnungen über die Ausübung des Gemein- sowie Eigentümer- und Anliegergebrauchs an oberirdischen Gewässern treffen, um den Wasserhaushalt gegen nach-teilige Veränderungen der Eigenschaften des Wassers oder eine wesentliche Veränderung der Wasserführung zu schützen.

Nach § 33 WHG ist das Aufstauen eines oberirdischen Gewässers oder das Entnehmen oder das Ableiten von Wasser aus einem oberirdischen Gewässer nur zulässig, wenn die Abflussmenge er-halten bleibt, die für das Gewässer und andere hiermit verbundenen Gewässer erforderlich ist, um den Zielen des § 6 Abs. 1 WHG und der §§ 27-31 WHG entsprechen (Mindestwasserführung).

Gemäß § 29 Abs. 2 BbgWG kann eine wasserrechtliche Erlaubnis - auch befristet - widerrufen wer-den, wenn von der weiteren Benutzung eine Gefährdung der Bewirtschaftungsziele oder eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist, die nicht durch nachträgliche Anordnungen verhütet oder ausgeglichen werden kann. Die betroffenen wasserrechtlichen Erlaubnisse sind mit einer entsprechenden Nebenbestimmung versehen, so dass es möglich ist, die wasserrechtlich erlaubten Gewässerbenutzungen mit dieser Allgemeinverfügung einzuschränken.

Auf Grund der unter A. dargelegten Entwicklung der wasserwirtschaftlichen Situation sind effektive Niedrigwasserbemessungen und -bewirtschaftungen unumgänglich.

Die Einschränkung der Ausübung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs sowie der wasserrechtlich erlaubten Entnahmen aus Oberflächengewässern ergibt sich eben aus der Sicherstellung der Mindestabflüsse im unteren Spreegebiet und den Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie. Es ist dazu in Niedrigwasserzeiten ein Mindestabfluss in den Gewässern zu sichern, der an die entsprechenden Fließgeschwindigkeiten und Gütefragen gekoppelt ist, um das Ökosystem nicht zu gefährden. Eine wesentliche Rolle kommt der Sicherung der Wasserstände zu, um flächenhafte schädliche Grundwasserabsenkungen zu verhindern. Mit der Gewährleistung von Mindestabflüssen sind außerdem bestimmte Nutzungsansprüche der Unterlieger sicherzustellen.

Um einer weiteren Verminderung des Wasserstandes bzw. der Wasserführung und einer Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit entgegen zu wirken ist es daher erforderlich, das Entnehmen von Wasser aus Oberflächengewässern einzuschränken.

Die Allgemeinverfügung ist auch geeignet, den wassermengenmäßigen und wassergütebezogenen Anforderungen, die sich aus dem BbgWG und dem WHG ergeben, zu begegnen.

Die Einschränkung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs und der wasserrechtlich erlaubten Entnahmen aus Oberflächengewässern sind auch verhältnismäßig. Den Eigentümern und Anliegern wird die Entnahme von Wasser aus den Oberflächengewässern mittels Pumpvorrichtung während der Zeit von 8.00 Uhr bis 20.00 Uhr untersagt, d. h. es erfolgt keine vollständige, sondern nur eine zeitlich und technisch beschränkte Untersagung.

Die Einschränkungen durch diese Allgemeinverfügung gelten nicht, wenn in wasserrechtlichen Erlaubnissen anderslautende Regelungen zur Entnahme im Niedrigwasserfall (z. B. Begrenzungen der Entnahmemengen) getroffen wurden. Hier sind konkrete Einzelanordnungen zu treffen.

C.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.03.1991 (BGBl. I S. 686) in der derzeit gültigen Fassung, liegt im überwiegenden öffentlichen Interesse. Die Einschränkung ist notwendig, um zu verhindern, dass durch die Einlegung von Rechtsmitteln bestehende Wasserentnahmen im Rahmen des Eigentümer- und Anliegergebrauchs fortgesetzt werden können und dadurch der Zustand des Wasserhaushalts weiter verschlechtert wird. Durch fortgesetzte Entnahmen von Wasser mittels Pumpeinrichtungen aus Oberflächengewässern wäre der zur Aufrechterhaltung der wasserbiologischen Vorgänge erforderliche Mindestabfluss nicht mehr sichergestellt. Dies hätte nachteilige Wirkungen auf den Wasserhaushalt, Natur, Landschaft und die Interessen der Unterlieger zur Folge.

Die Allgemeinverfügung ergeht gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.01.2003 (BGBl. I S. 102) in der derzeit gültigen Fassung und gilt bis auf Widerruf.

Gemäß § 43 Satz 1 VwVfG wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, indem er ihm bekannt gegeben wird.

Gemäß § 41 Abs. 4 Satz 3 VwVfG gilt ein Verwaltungsakt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden. Aufgrund der Dringlichkeit der Entscheidung wird bestimmt, dass die Allgemeinverfügung am Tag nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben gilt. Die Einhaltung einer Frist von zwei Wochen würde dem Zweck zuwiderlaufen, einen unmittelbaren effektiven Schutz der Gewässerökosysteme zu gewähr-leisten. Die Anordnung der Wirksamkeit der Allgemeinverfügung am Tag nach der Bekanntgabe ist daher geeignet, erforderlich und verhältnismäßig.

Die Allgemeinverfügung wird im Internet auf der Webseite der Stadt Cottbus/Chóśebuz www.cottbus.de/entnahmeverbot veröffentlicht. Diese gilt gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) vom 07.07.2009 (GVBI.I/09, [Nr. 12]) in der derzeit gültigen Fassung in Verbindung mit § 3 der Bekanntmachungsverordnung des Landes Brandenburg (BekanntmV) vom 01.12.2000 (GVBI.II/00, [Nr. 24]) in der derzeit gültigen Fassung und § 41 Abs. 4 S. 4 VwVfG einen Tag nach der Veröffentlichung als bekannt gegeben.

Hinweis

Die Einhaltung der Allgemeinverfügung wird durch die untere Wasserbehörde überwacht. Zuwiderhandlungen können gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 103 Abs. 2 WHG mit einer Geldbuße von bis zu 50.000,00 € geahndet werden.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Oberbürgermeister der Stadt Cottbus/Chóśebuz, Neumarkt 5 in 03046 Cottbus, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift zu erheben.

Ein Widerspruch gegen diese Allgemeinverfügung hat jedoch wegen der Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches kann gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beim Verwaltungsgericht Cottbus, Vom-Stein-Straße 27, 03050 Cottbus beantragt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag

gez. Thomas Bergner
Dezernent

Allgemeinverfügung zum Download: