Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete des Deutschen Bundestages und des Landtages Brandenburg, verehrte Weggefährten, Kritiker und Unterstützer, liebe Cottbuserinnen und Cottbuser, Lube gósći,

versetzen wir uns kurz zurück in das vergangene Jahr. Es ist der 14. Oktober, früh um 4.38 Uhr. Auf der Dresdner Straße ist ein Auto unterwegs, stadteinwärts – diese Einordnung ist uns symbolisch wichtig. Der Fahrer aus Berlin drückt auf die Tube, statt der erlaubten 30 fährt er 117 km/h. Davon gibt es Fotos.

Mancher kann eben nicht schnell genug nach Cottbus kommen.

Und damit herzlich willkommen im neuen Jahr 2018 hier in Cottbus, hier in unserer schönen Stadthalle zum traditionellen Neujahresempfang der kreisfreien Stadt Cottbus/Chóśebuz. Ich wünsche Ihnen auch im Namen der kompletten Rathausspitze alles Gute sowie Glück und Gesundheit wenn es gilt, die täglichen und oft auch nicht alltäglichen Herausforderungen anzunehmen und zu bewältigen. Ich hoffe, Sie hatten alle einen guten Einstieg ins neue Jahr und eine angenehme Anreise zum heutigen Jahresauftakt ohne Blitzerfoto.

Andere als der eingangs erwähnte Berliner lassen sich mit ihrem Kommen nach Cottbus etwas mehr Zeit, aber wir spüren: Unsere Stadt hat weiter an Attraktivität gewonnen, Cottbus ist wieder interessanter, Cottbus ist nicht mehr die Stadt mit dem von Kohleruß verhangenen Himmel, der kaum Perspektiven und wenig Aussicht zulässt. Das wissen wir; aber das wissen noch zu wenige außerhalb von Cottbus. Solch ein Kohledreck-Image loszuwerden ist schwer. Wir werden 2018 auf der Basis unseres Leitbildes und mit neuer Stadtmarke intensiv daran arbeiten. Das ist aber nicht nur eine große Aufgabe für die Touristiker, Hoteliers und Gastronomen unserer Stadt.

Politische Situation/Bund

Sehr geehrte Damen und Herren,
die Bundestagswahl 2017 hat unserer Stadt und dem Wahlkreis, zu dem sie gehört, sowie der ganzen Lausitz Schlagzeilen beschert, die man sich nicht unbedingt wünscht, die aber wohl zu erahnen waren. Die Partei Alternative für Deutschland ist in weiten Teilen der Region und auch in Cottbus als stärkste politische Kraft aus dieser Wahl hervorgegangen.

Seitdem beschäftigt sich manch Politiker und manch Kommentator empört mit dem Fakt an sich, weniger aber mit den Hintergründen. Man kann die Lausitz und die Lausitzer jedoch nicht verstehen, wenn man mal aus Berlin herangerast kommt und genauso schnell wieder weg ist. Die Region, unsere Lausitz mit ihrem Anker, der Stadt Cottbus, braucht mehr Aufmerksamkeit, mehr Zuwendung. Doch dazu später mehr.

Es gab kurz vor dem Jahreswechsel wieder Nazi-Schmierereien in unserer Stadt, es gab und gibt Auseinandersetzungen zwischen Gruppen und Personen unterschiedlicher Herkunft nicht nur auf dem Stadthallenvorplatz und es gab gar Aufkleber mit dem Satz: Cottbus bleibt deutsch. Na, selbstverständlich bleibt Cottbus deutsch, da muss niemand Angst haben und niemand Angst schüren. Cottbus bleibt auch sorbisch-wendisch, Cottbus bleibt Stadt mit Synagoge und jüdischer Gemeinde, Cottbus bleibt lausitzerisch stur und manchmal maulfaul, und Cottbus bleibt menschlich, anständig, respektvoll, aufgeschlossen, tolerant, aufmerksam, gleichzeitig konsequent und gesetzestreu. Das erwarten wir von allen, die hier leben und ihr Auskommen haben wollen. Und das muss auch durchgesetzt werden.

Die geschürte und die tatsächlich vorhandene Verunsicherung sind für uns immer wieder Anlass, die Situation zu analysieren, unsere Positionen zu prüfen und deutlich zu machen. Das beginnt beim Erinnern an die Verbrechen des Nationalsozialismus, für das es keine zeitliche Begrenzung gibt. Der 15. Februar ist ebenso ein Tag des Erinnerns und des Gedenkens an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft wie der 9. November, und beides sind Tage, an denen Verantwortung für Gräuel und Gewalt, Verfolgung und Mord benannt werden muss. Wir wollen aber auch daran erinnern, was eine sozialistische Diktatur anrichten kann – ein Besuch im Menschenrechtszentrum in der Bautzener Straße ist immer empfehlenswert. Wir werden die schönen Ereignisse und Erlebnisse jener DDR-Jahre nicht ignorieren, zumal sie große Teile des Erfahrungsschatzes vieler Cottbuserinnen und Cottbuser sowie des Stadtbildes bestimmen. Und wir werden weiter das benennen, was heute falsch läuft, was an der Demokratie mühsam ist, was uns bremst oder wo wir uns selbst bremsen. Das alte Autokennzeichen des Bezirkes Cottbus, das Z, soll heute für Zuversicht und Zusammenhalt stehen.

Wenn wir also die AfD so wichtig nehmen wollen, dann messen wir sie hier in Cottbus an ihrer Arbeit, beispielsweise in der Stadtverordnetenversammlung oder in den Ausschüssen.

Zu dieser politischen Auseinandersetzung sind alle Parteien, Vereinigungen oder Gruppen aufgerufen, die auf dem Boden des Grundgesetzes und demokratischer Werte agieren. Man muss sich hier in Cottbus nicht permanent an der AfD abkämpfen. Es gibt gute Gründe, gegen Hetzer, Verdreher und Aufwiegler auch in der AfD die Stimme zu erheben. Aber man muss nicht jeden Frustrierten, der mit einer Behördenentscheidung nicht einverstanden ist, durch eine Gegendemo aufwerten. Wir alle sollten uns um die Menschen in unserer Stadt und der Region kümmern, denen man glaubwürdig und vertrauenswürdig mit Lösungen ihrer Probleme und Fragen zur Seite stehen muss.

Sehr geehrte Damen und Herren,
werfen wir einen Blick auf die Welt, wie wir sie 2018 erwarten können. Zuerst sind da die anhaltenden gewalttätigen Auseinandersetzungen rund um den Erdball und die weiter klaffende Schere zwischen Arm und Reich. Daraus entstanden und entstehen Flüchtlingsströme, die früher oder später, gebremst oder ungebremst auch in Cottbus spürbar sein werden. Wir dürfen dabei jedoch nicht vergessen, dass die haupt- und ehrenamtlichen Kräfte in unserer Stadt bereits an der Belastungsgrenze arbeiten.

Wirtschaftsregion Lausitz GmbH

Des Weiteren ist da die Bildung einer Bundesregierung in Berlin. Jamaika war für die Lausitz, so wie es lief, kein gutes Ziel mehr. Nun gibt es neue Sondierungen in Berlin, begleitet vom Unverständnis, warum das alles so lange dauern muss oder darf. Wir Lausitzer setzen auf den neuen Ministerpräsidenten des Landes Sachsen, wenn er mit am Verhandlungstisch sitzt. Michael Kretschmer muss dort die ureigenen Lausitzer Interessen vertreten, genauso, wie wir das auch vom Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg erwarten dürfen.

Denn das Dritte ist unmittelbar mit der Regierungsbildung verbunden – die Energiepolitik und der wie auch immer geartete Kohleausstieg. Am Berliner Verhandlungstisch wird entschieden, ob wir die nötige Zeit und die nötigen Rahmenbedingungen für den Strukturwandel erhalten, oder ob es die Bundespolitik wie nach 1990 auf einen verheerenden Strukturbruch in unserer Region ankommen lässt. Die neuen Signale verschaffen etwas Luft, um den Wandel zu forcieren. Wir haben dabei immer gesagt, Klimawandel und Strukturwandel sind zwei Seiten einer Medaille.

Die Wirtschaftsregion Lausitz GmbH, die nunmehr ihre Arbeit aufgenommen hat, hat die Lausitzer Forderungen deutlich formuliert:

  • Wir brauchen Sonderkonditionen und weniger Bürokratie für die Lausitz, um uns für die Unternehmen attraktiver zu machen.
  • Wir brauchen eine bessere Infrastruktur auf Straßen und Schienen, wir brauchen schnelle Autobahnen zwischen Cottbus sowie Berlin, Dresden, Breslau und Leipzig, wir brauchen das zweite Gleis zwischen Lübbenau und Cottbus, eine direkte Bahn-Anbindung an den BER. Bahnverbindungen sind nicht nur für unseren eingangs erwähnten Berliner nützlich, der während des dreimonatigen Fahrverbots gewiss die Dienste der Deutschen Bahn oder der Odeg zu schätzen wusste. Auch andere Berliner zieht es hierher – Cottbus ist ein attraktiver Wohnort und kann auch dabei weiter wachsen.
  • Wir brauchen einen schnelleren und flächendeckenden Breitbandausbau.
  • Wir brauchen – und da ist manches angeschoben – mehr Investitionen in die Lausitzer Universitäten und Hochschulen als Kooperationspartner der heimischen Wirtschaft und als Motor für Existenzgründungen, gerade in der Hochtechnologie.
  • Wir brauchen Bundesbehörden und wissenschaftliche Einrichtungen, die zukunftsorientierte und gut bezahlte Arbeitsplätze in die Lausitz bringen.
  • Wir brauchen die Partnerschaft großer Unternehmen, die in der Lausitz zwar auch Arbeitsplätze abbauen, und die wir gerade deshalb in die Pflicht nehmen müssen, hier neue Jobs zu schaffen. Das Revierkonzept der Leag bietet dazu eine vernünftige und planbare Grundlage für Unternehmen, aber auch Politik und Gesellschaft. Natürlich müssen diese Unternehmen hier auch Geld verdienen können.

Der schönen Doppeldeutigkeit des Wortes bin ich mir bewusst, wenn ich in Richtung Berlin sage: Wenn ihr uns die Kohle nehmt, dann müsst ihr uns Kohle geben. Und das für viele, viele Jahre – so, wie wir euch verlässlich mit Strom aus Braunkohle versorgt haben.

Mein Nachfolger als Sprecher der Energie- wie der Wirtschaftsregion Lausitz ist übrigens der Görlitzer Landrat Bernd Lange und damit erstmals ein sächsischer Kollege. Das zeigt sehr schön unsere neue, länderübergreifende Lausitzer Gemeinsamkeit. Zu dieser Gemeinschaft gehört, dass uns die Ankündigungen des Siemens-Konzerns für die Standorte in Sachsen nicht kalt lassen. Selbstverständlich sehen wir, was Konzerne oft weltweit leisten, um Arbeitsplätze zu sichern oder zu schaffen. Doch der eine oder andere Unternehmensführer und vor allem manch Politiker hat noch immer nicht begriffen, dass es bei solchen Entscheidungen in Lausitzer Orten, an Lausitzer Standorten meist um den einzigen großen Arbeitgeber geht, es also gleich drastische Einschnitte gibt. Begleitet wird das von dem Gefühl, nein, der Gewissheit der Betroffenen und ihrer Familien, mal wieder vergessen, abgehängt, Spielmasse, nicht so wichtig zu sein. Das ist noch immer der Unterschied zu vielen Regionen im Westen Deutschlands. In der Lausitz gehen solche Debatten und Pläne immer ans Eingemachte! Und das seit 27 Jahren!

Doch ganz gleich, ob wir 2018 vom wirtschaftlichen Wandel reden oder vom Nachzug von Flüchtlingsfamilien – wir brauchen zuallererst steuerbare Prozesse, klare und konsequente Anwendung von Regeln und keine Ohnmacht des Staates. Die staatliche Ordnung darf nicht den Anschein erwecken, dass sie kapituliert, weil nicht genügend Personal zur Verfügung steht oder ein Streifenwagen gerade nicht frei ist. Das spricht sich schneller rum als die vielen aufwändigen Einsätze und Kontrollen. Nur durch das klare Handeln des Staates können Respekt und Akzeptanz bei allen Bürgerinnen und Bürgern vor Ort erworben werden.

Kooperationen

Sehr geehrte Damen und Herren,
glauben Sie mir: Ich bin froh, dass uns allen, aber auch mir persönlich in diesem Jahr eine solche Auseinandersetzung wie die um die geplante Kreisgebietsreform erspart bleibt. Natürlich bin ich sehr stolz, dass unser Cottbus kreisfrei bleibt. Das ist auch ein Erfolg der großen kommunalen Familie im Land, für den ich sehr dankbar bin. So behalten wir wesentliche Wachstums- und Entwicklungschancen in den eigenen Händen. Doch eine solche Debatte zehrt an den Nerven und sie raubt Zeit. Die Diskussion hat viele Unsicherheiten ausgelöst und es musste manches liegenbleiben.

Nun also Kooperationen. Ja, wir sind dazu bereit. Das ist nichts Neues für uns, das wird gelebt. Das erste Neujahrsbaby im Cottbuser Carl-Thiem-Klinikum ist ein Forster Junge. In Forst ist ein kleiner Cottbuser geboren worden.

Einige Vorschläge liegen bereits auf dem Tisch. Unser Kommunales Rechenzentrum kann bei entsprechender Ausstattung im ersten Schritt viele Aufgaben für ganz Südbrandenburg leisten. Nachdem der Landkreis Spree-Neiße seine Außenstelle der Kfz-Zulassung in Sellessen schließen musste, ist es sicher vorstellbar, solche Leistungen für die Landkreis-Bewohner in Cottbus anzubieten. Es müssen allerdings die räumlichen, personellen und letztlich finanziellen Voraussetzungen geschaffen werden. Auch die Schulentwicklungsplanung lässt sich in bewährter Weise gemeinsam gestalten, selbst wenn man nicht an jeder Stelle tatsächlich übereinkommt.

Insgesamt aber sind das schwierige Prozesse, für die zunächst gemeinsam Ziele formuliert werden müssen. Was wollen wir erreichen? Wollen wir schlicht Geld sparen? Wollen wir Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmerinnen und Unternehmer erhalten oder einschränken, wollen wir Wege verkürzen oder verlängern? Es kann nicht um Kooperationen gehen, nur damit wir irgendwie kooperieren. Wenn wir uns wie schon in der Reformdebatte einfach an die Fakten halten, ahnen wir: Viel Geld wird dort nicht zu sparen sein. Die Ausgaben für Sozialleistungen sind trotz guter Konjunktur kaum geringer, ganz im Gegenteil, sie steigen teilweise erheblich. Und es kann nicht unser Ziel sein, gute Standards, beispielsweise bei der Betreuung von Kindern, zu senken. Dort wächst eher noch die Erwartungshaltung der Eltern, und die Beschäftigten fordern zu recht vernünftige Arbeitsbedingungen.

Wir dürfen bei den Kooperationen das Tempo allerdings nicht zu hoch halten: In der Lausitz werden in diesem Jahr gleich drei Landräte gewählt. Ich hoffe, dass die Wählerinnen und Wähler da ihre Rechte an der Wahlurne wahrnehmen und zügig klar wird, mit wem wir die Lausitz weiter gestalten.

Flüchtlinge/Integration/Minderheiten

Sehr geehrte Damen und Herren,
wir beginnen in diesen Tagen, das neu erarbeitete Integrationskonzept für Cottbus mit den Stadtverordneten und der Öffentlichkeit zu diskutieren. Ich möchte betonen: Das ist kein reines, nur auf Flüchtlinge zielendes Konzept. Wir haben weit mehr als 7000 Mitbürgerinnen und Mitbürger mit ausländischen Wurzeln in Cottbus. All denen wollen wir ebenso wie den einheimischen Bürgerinnen und Bürgern aus gesellschaftlicher Verantwortung heraus gerecht werden. Denn die Bereitschaft zur Integration ist auf beiden Seiten nötig. Grundlage ist das Beherrschen der deutschen Sprache. Letztlich wollen wir das Zusammenleben aller so vernünftig organisieren, dass wir nicht mehr zu Mitteln wie einem Alkoholverbort in Teilen der Innenstadt und massiven Kontrollen greifen müssen. Wir scheuen uns aber nicht, wo nötig auch entsprechend konsequent zu reagieren.

Neu ist, dass es für das Konzept zwar grundsätzliche Thesen gibt, dafür aber kein Papierberg produziert wurde. Ziel ist es, ein Arbeitsinstrument für alle Akteure zu entwickeln und aktualisieren zu können – und keinen Staubfänger. Wir arbeiten dort also ebenfalls digital.

Allerdings wächst der Bedarf an Unterstützung und Beratung, damit sich Neu-Cottbuser schneller besser zurechtfinden und wir dennoch die Hoheit über die Prozesse behalten. Dafür sind engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und immer wieder Ehrenamtliche nötig, denen ich an dieser Stelle herzlich danken möchte. Bleiben Sie am Ball.

Letztlich braucht es neben viel Engagement aber vor allem Geld. Das Geld soll dahin fließen, wo die Menschen wohnen und leben, das heißt für uns: nach Cottbus. Die Forderung steht nach den Erfahrungen mit dem Zuzug in unsere Stadt seit Monaten, und die Forderung ist anerkannt. Das heißt aber nicht, dass das Geld tatsächlich schon bei uns angekommen ist. Wir erwarten hier schnellere Entscheidungen auf der Basis der sachlichen und bekannten Fakten. Wir können mit der Integrationsarbeit nicht warten, bis Verordnungen auf den Weg gebracht sind.

Auch wir haben die Studie aus Niedersachsen zur Gewaltbereitschaft durch und an Flüchtlingen zur Kenntnis genommen. Die Inhalte überraschen nicht, wenn man sich täglich mit der Realität wie beispielsweise in unserer Stadt beschäftigt.

Cottbus ist dabei nicht gefährlicher oder ungefährlicher als andere Städte. Wir sollten uns hüten vor all den Übertreibungen und Überhitzungen im Alltag. Diese sorgen zwar für Schlagzeilen, auf Dauer aber dienen Sacharbeit, Differenzierung und nüchterne Einschätzung von Situationen der Entspannung und Bewältigung von Problemen.

Sehr geehrte Damen und Herren,
Cottbus und das sei hier betont: Chóśebuz lebt gesellschaftliche Vielfalt seit Jahrzehnten. Wir sind die größte zweisprachige Stadt des Landes. Deshalb sind wir auch wieder mit dabei im Landeswettbewerb „Sprachenfreundliche Kommune". Dessen Motto lautet: Die sorbisch-wendische Sprache lebt. Das ist gut und wichtig, weil die niedersorbische Sprache von der Unesco als „definitiv bedroht" eingestuft worden ist. Die Stadt Cottbus/Chóśebuz bezeugt durch die Teilnahme am Wettbewerb und dessen positive Begleitung auch gegenüber allen sorbischen/wendischen Bürgerinnen und Bürgern, Vereinen und Institutionen in Cottbus/Chóśebuz ihren Respekt und würdigt die Mühen um den Erhalt der niedersorbischen Sprache.

Wir hoffen auch in diesem Jahr auf eine breite Teilnahme gerade von Vereinen, Ortsbeiräten, Einrichtungen wie auch von einzelnen Bürgerinnen und Bürgern. Ortsbeiräte und Vereine können ihre Bewerbungen selbst beim Landtag einreichen, diese werden dann der Stadt Cottbus/Chóśebuz zugerechnet. Insofern ist es sinnvoll, dass wir alle Unterlagen bündeln und die Bewerbung für die Stadt Cottbus/Chóśebuz bis spätestens zum 05. März beim Landtag einreichen. Für die Bewerbung unserer zweisprachigen Stadt nimmt die Beauftragte für sorbische/wendische Angelegenheiten, Anna Kossatz-Kosel bis zum 5. Februar gern Ideen und Hinweise entgegen. 

Bilanz Wirtschaftsförderung/EGC

Sehr geehrte Damen und Herren,
vielleicht ist es ein Merkmal unserer schnelllebigen Zeit, das viele Vorhaben dennoch lange Vorlaufzeiten brauchen. Das gilt für die Neustrukturierung unserer kommunalen Wirtschaftsförderung, Entwicklungsgesellschaft Cottbus. Die Ungeduld und das Drängen vieler Stadtverordneter sind sicher verständlich. Doch wir gehen Schritt für Schritt, um eben nicht in irgendetwas hineinzustolpern. Die EGC erhält erstmals seit Jahren eine solide Basis. Und es ist ja nicht so, als würde die Gesellschaft nicht arbeiten. Für das zurückliegende Jahr verzeichnen wir fünf Ansiedlungen von Unternehmen mit fast 150 neuen Arbeitsplätzen. Weitere Gespräche laufen und wer sich ein wenig auskennt weiß, wie mühsam und langwierig das sein kann. Die Zahl der neuen Arbeitsplätze sollte uns aber auch aufmerksam werden lassen: Allein durch das bevorstehende Abschalten zweier Kraftwerksblöcke in Jänschwalde gehen 600 Jobs verloren. In der Kohlebranche sind derzeit noch knapp 8000 Frauen und Männer direkt beschäftigt, weitere Tausende sind es bei Zulieferern und Dienstleistern. Diese Relation ist bekannt, sie umreißt die Dimension der Aufgaben, vor denen wir im Strukturwandel stehen.

E-Mobilität

Cottbus bleibt eine Stadt mit Energie in vielfältigster Form. So vernehmen wir die Forderungen nach mehr E-Mobilität nicht erst seit dem Dieselskandal und diversen Klimaverpflichtungen. Unsere Straßenbahn ist nicht nur Garant für einen modern ausgebauten öffentlichen Nahverkehr, die Straßenbahn ist und bleibt das Rückgrat der E-Mobilität in Cottbus. Wir werden weiter darauf drängen, dass es für die Anschaffung neuer, barrierefreier Bahnen deutlich mehr Geld vom Land geben muss.

Das E vor der Mobilität heißt dabei nicht nur elektrisch, sondern oft auch emotional. Das zeigten die jüngsten Diskussionen. Entwickeln wird sich das Netz von Elektro-Tankstellen. Das Konzept dazu wird im ersten Halbjahr vorgelegt. Solche konzeptionellen Vorausschauen haben aber eine immer geringer werdende Halbwertzeit. Die Realität, gerade die technische, ist schneller als manche Debatte. Gleichzeitig fordern wir zu Recht Sorgfalt. Man denke nur an die jüngsten Warnungen des Chaos Computer Clubs, dass die E-Ladesäulen dann auch sicher sein müssen und nicht plötzlich Kontodaten der Nutzer erschlichen werden können.

Digitale Stadt

Sie sehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, Cottbus wächst und wird vernetzt und digital. Das ist nicht nur unser heutiges Motto. Es knüpft an den Neujahrsempfang des Jahres 2017 an und soll uns in den kommenden Monaten begleiten. Cottbus soll digitaler werden.

Denn das ist eine weitere Säule für die Dienstleistungen der Zukunft: schnelles Internet samt digitaler Angebote. Der Abbau weißer Flecken der Breitbandversorgung steht auf der Tagesordnung, die Ausschreibung dazu läuft. Diese weißen Flecken sind auf unserem Stadtplan zwar nur noch wenige weiße Pünktchen. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, überall annehmbare Bedingungen mit schnellem Internet zu schaffen. Unser Ziel ist es, die derzeit noch unterversorgten Gebiete mit mindestens 50 Mbit/s zu versorgen. Für ausgewählte, noch schlecht versorgte Gewerbegebiete, für öffentliche Liegenschaften, sowie vor allem für alle Schulen sollen mindestens 100 Mbit/s symmetrisch gewährleistet werden. Und auch das kann nicht das Ende der Fahnenstange sein.

Bis zum Frühsommer wollen wir mit einem Telekommunikationsunternehmen die entsprechenden Verträge unterzeichnen, so dass noch in diesem Jahr mit dem Ausbau begonnen werden kann. Vernünftige Bedingungen für die Wirtschaft und moderne Mittel für die Schule sind zwei der wichtigsten Wachstumspfeiler.

Bildung und Breitbandausbau sind zwei wichtige Eckpfeiler für die angestrebte Digitale City Cottbus. Dazu soll ein „Masterplan Digitale City Cottbus" erstellt werden. Dabei werden wir die Mitstreiter einbeziehen, die wir auch schon beim Wettbewerb „Digitale Stadt" an Bord hatten und bauen auf die Unterstützung durch die BTU Cottbus/Senftenberg. Und wir freuen uns, dass Netzbetreiber in Cottbus ihre Angebote auf bis zu 500 Mbit ausbauen.

Innerhalb der Verwaltung gehen wir ebenso neue Schritte der weiteren Digitalisierung. In Baugenehmigungsverfahren erfolgt ab sofort die Beteiligung der Fachbereiche fast ausschließlich digital. In Verfahren, die ab Januar eingereicht werden, läuft nahezu alles online ab. In dem Portal stehen alle Unterlagen zur Verfügung; wir sparen Transporte, wir können parallel arbeiten und besser kooperieren. Da das in der Regel vier bis sieben Fachbereiche in einem Verfahren betrifft und ein manchmal mehrwöchiger Aktenumlauf entfällt, könnten nach einer Übergangsphase die Genehmigungen schneller erteilt werden. Als Stadt Cottbus sind wir in dem durch den Landkreistag und den Städte-und Gemeindebund initiierten Kompetenzteam vertreten.

Wir werden zügig ein Konzept zur Weiterentwicklung unseres Kommunalen Rechenzentrums vorlegen. Das KRZ kann, wie erwähnt, nicht nur die Kooperationen mit den Landkreisen unterstützen. Wir können mehr, und wir wollen mehr tun. Wir streben eine Zusammenarbeit mit dem Technischen Finanzamt an, wir sollten mit der BTU die Ausbildung von Softwareentwicklern anschieben, die dann hier bei uns auch die nötigen interessanten Praktika finden und so auf längere Sicht die sicher wachsende Branche mit frischem Blut versorgen. Lassen Sie es mich so formulieren: Cottbus kann das IT-Tüpfelchen Brandenburgs werden. Hier können wir für Cottbus werben.

Ostsee

Sehr geehrte Damen und Herren,
verehrte Urlaubs- und Freizeitplaner: Im Spätherbst soll die Flutungsbereitschaft für den Cottbuser Ostsees hergestellt sein. Das wird, wenn alles klappt, eine wichtige Wegmarke. Der Ostsee wird in diesem Jahr greifbarer. Wir werden im Juli mit dem Bau des Linienverbundes, also der Kaimauer beginnen. Noch im Januar beschäftigt sich das Preisgericht mit dem Wettbewerb zur Gestaltung des künftigen Stadthafens neben dem heutigen Aussichtsturm, der Landmarke in Merzdorf.

Der Ostsee ist unser wichtigstes Entwicklungsvorhaben. An ihm richtet sich alles aus. So wird die Verbindung vom Altmarkt über Sandow und die geplante Seestraße zum Ostsee die markante Entwicklungsachse mit Chancen für ein neues Stadtquartier – wenn Sie so wollen zwischen unserer guten Stube und unserer neuen Badewanne. Wir wollen Erfindergeist an den Ostsee bringen. Damit verbinden sich die Potentiale des Ostsees mit dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept, dessen öffentlich begleitete Erarbeitung im Gange ist. Dieses Jahr wird zwei weitere Termine mit Blick auf Cottbus 2035 bereithalten.

Wir werden das Stadtumbaukonzept weiter aktualisieren, denn eine wachsende Stadt muss zuerst Fragen nach attraktiven, aber bezahlbaren Wohnungen beantworten. Die Achse zum Ostsee ist dabei die eine Linie, die andere ist die weitere städtebauliche Verdichtung der Innenstadt. Mehr als 200 Millionen Euro sind bislang mit Unterstützung von Bund und Land in die Städtebauförderung geflossen und haben ein Vielfaches an privaten Investitionen ausgelöst. Ich bin sehr froh über solche Vorhaben wie das am Wichernhaus oder in der Wernerstraße, wo Cottbuser Unternehmermut für eine intakte und attraktive Stadt sorgt.

Der Umbau des Bahnhofes samt des neuen Verkehrsknotens und des Tunnels wird weitergeführt. Das eröffnet auf längere Sicht Stadtquartieren wie um den alten Busbahnhof neue Chancen, unter anderem für energetisches Bauen. Der Ostrower Platz wird in diesem Jahr fertig werden; endlich, sagen viele zu Recht. Wir kommen mit den Schulen weiter voran. Dazu zählen die Lindgren-Grundschule, der Umbau der Fontane-Gesamtschule, die Planung für die Grundschule in der Hallenser Straße, der Hort der Kästner-Grundschule und die Errichtung einer neuen Oberschule in Schmellwitz. Zudem haben wir für die Fertigstellung des Leichhardt-Gymnasiums die Fördermittel beantragt. Für das Wendische Viertel wird es ein energetisches Quartierskonzept geben, das im März vorliegen soll.

EKZ Stadtpromenade

Unsere Innenstadt entwickelt sich nach und nach und ist einer der Wachstumsmotoren. Deshalb sehen wir gespannt auf die weitere Vorgehensweise des Investors in der Stadtpromenade. Als Stadtverwaltung haben wir das Unsrige geleistet und sind auch weiter bereit, nach geltenden und bekannten Regeln und Verfahren Investitionen zu befördern und nicht zu verhindern. Das gilt für alle. Für die Stadtpromenade dürfte es jetzt zumindest aus meiner Sicht der allerdings letzte Anlauf sein, auf den unsere Fachbereiche ihre Kapazitäten konzentrieren.

Wir werden den Postparkplatz umbauen und hoffen auf reges Interesse der Firmen am Umbau des Oberkirchplatzes sowie der Sanierung der Fußgängerbrücke am Stadion der Freundschaft.

FC Energie

Möglicherweise ist die Sanierung der Brücke nicht bis zu einem der Jahreshöhepunkte zu schaffen. Wenn wir aber von neu wachsendem Selbstbewusstsein in unserer Stadt sprechen: 2018 ist, da lege ich mich jetzt mal fest, das Jahr der Rückkehr des FC Energie in die dritte Liga. Jener eingangs erwähnte Autofahrer hat zwei Punkte kassiert. Das wäre für unseren Herzensverein pro Spiel sicher zu wenig. Entscheidend ist die Relegation. Ein Selbstläufer wird das nicht. Das wissen alle, die sich in unserer Stadt mit dem Sport in seiner unglaublichen Breite und Qualität beschäftigen. Auch hier bin ich sehr froh, in welcher Vielfalt und mit welch herausragenden Leistungen der Sport Jahr für Jahr aufwartet. Das wird sich Ende Januar bei der Cottbuser Sportgala einmal mehr zeigen.

Halbzeitbilanz

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich werde in diesem Jahr eine Halbzeitbilanz meiner Amtszeit als Oberbürgermeister vorlegen. Halbzeit heißt, nur kurz durchzuschnaufen, die Situation zu analysieren, sich gegebenenfalls taktisch anzupassen oder aber den Weg konsequent weiterzugehen. Und ich glaube, wir sind gemeinsam gut unterwegs. Das heißt nicht, dass wir nur noch geradeaus laufen müssen und alles kommt von allein. Aber wir haben ein Ziel, Leitbild genannt. Das Leitbild beschreibt unsere Maßstäbe und Ansprüche an uns selbst. Die Wege dahin sind deshalb nicht einfacher. Wir brauchen gern ein bisschen Pücklersche Verrücktheit, Pücklerschen Geist und Lausitzer Sturheit, wir brauchen mehr Mut und Zuversicht.

Wir wollen, dass Cottbus wächst und unverwechselbar ist, und die Frage muss uns immer umtreiben: Wer baut unsere, ich nenne es mal so: digitalen Pyramiden? Wir brauchen eine Verwaltung, die Wege ebnet, aber wir brauchen vor allem verlässliche, mutige und pfiffige Investoren.

Lassen wir uns auf unserem Fleckchen Erde nicht anstecken von der Verunsicherung der Welt. Lassen wir uns nicht abhalten, unser Stückchen Feld zu bestellen.

Lassen Sie uns tanzen bei der Walzernacht mit dem Staatstheater, lassen Sie uns debattieren um gute Aussichten und Lösungen für unsere Stadt und ihre Menschen bei der Umweltwoche, der Seniorenwoche, der Frauenwoche, bei der Kinder- und Jugendkonferenz, lassen Sie uns feiern beim Stadtfest oder in den Ortsteilen.

Begreifen wir uns Cottbuserinnen und Cottbuser als große Familie, die aktuell fast 101.000 Mitglieder hat. Stehen wir zusammen, streiten wir, schweigen uns auch mal an, aber reden dann weiter miteinander, weil wir uns offen und ehrlich etwas zu sagen und zu geben haben. Ich möchte diesen Geist befördern.

Cottbus/Chóśebuz ist unsere Heimat, Cottbus ist eine Basis für Welterfahrung und Erkenntnisgewinn, Cottbus ist Zukunft. Und wenn Sie jetzt denken, da schwingen doch gewisse Begriffe mit, die auch andere nutzen – ja, so ist es: Wir wollen und dürfen uns Worte nicht nehmen, sie nicht von anderen besetzen lassen. Uns geht es aber nicht darum, vermeintlichen Heimatverlust zu bejammern, sondern die Zukunft unserer gemeinsamen Heimat zu gestalten. Dazu sind alle aufgerufen.

Allen Noch-nicht-Cottbusern sei gesagt: Kommen Sie nach Cottbus, machen Sie sich ein eigenes Bild. Sie brauchen dazu nicht in den Blitzer zu rasen wie der Berliner Autofahrer. Erleben Sie eine moderne und quirlige Stadt, die gewiss nicht ohne Sorgen ist. Ich bin mir aber sicher, viele kommen gern wieder und wollen Teil haben an unserer wachsenden Heimatstadt. Hier können viele mitgestalten, ganz gleich, an welcher Stelle sie Verantwortung tragen.

(Es gilt das gesprochene Wort.)