Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete, liebe Cottbuserinnen und Cottbuser,

heute vor einer Woche haben wir der Opfer des alliierten Bomberangriffs vor 72 Jahren auf Cottbus gedacht. Viele von Ihnen waren dabei. Es war ein würdiges, aber zum Teil auch buntes Erinnern. Es gab das stille Friedensgebet in der Lutherkirche, es gab die Aktion auf dem Muckeplatz in Schmellwitz, es gab die Demonstrationen durch die Stadt und es gab die Kundgebung vor dem Staatstheater. Deutlich geworden ist einmal mehr: Wir Cottbuserinnen und Cottbuser lassen uns diesen Tag und unsere Straßen nicht nehmen, jetzt nicht und in den kommenden Jahren nicht. Wir benennen den von Nazideutschland angezettelten Zweiten Weltkrieg als die Ursache, die zu diesem Bomberangriff führte, so sinnlos er gewesen sein mag. Wir gedenken der Opfer, wir erinnern an Leid und Zerstörung, aber wir geben auch zu bedenken, dass viele Cottbuser damals den Krieg begrüßten. Es geht uns nicht darum zu richten, sondern die Erinnerung wachzuhalten. Dazu dient der Jahrestag am 15. Februar. Anstelle von Verdruss, Vorurteilen und Hass wurden in der vergangenen Woche Lebensmut, Lebenslust und Zuversicht gezeigt. Es war, das habe ich auf der Kundgebung gesagt, auch ein Tag der Freude und Genugtuung, weil es keine Aufmärsche von Rechtsextremisten gab. Wir müssen aber wachsam bleiben. Nicht zuletzt die schändliche Schmiererei an der Lutherkirche vom vergangenen Wochenende zeigt, dass wir uns nicht zurücklehnen dürfen.

Gerade weil wir so leben wollen wie wir leben, stehen wir am kommenden Wochenende vor einer besonderen Herausforderung. Einer der größten Karnevalsumzüge Ostdeutschlands wird sich seinen Weg durch die Stadt bahnen. Wir wünschen uns, dass alle Teilnehmer und Zuschauer ihren Spaß haben und dass alle ausgelassen feiern können. Im Hintergrund werden wir gemeinsam mit der Polizei dafür sorgen, dass alles reibungslos und sicher abläuft. Wir wissen, dass man nie alles erahnen kann, was passieren könnte. Dennoch sind wir gerüstet. Wir werden unter anderem mit Containern von Alba arbeiten und Straßen sperren. Ich hoffe auf das Verständnis aller Karnevalfreunde, aber auch auf das Verständnis der Karnevalsmuffel für die eine oder andere Einschränkung. Denn der Umzug ist ein Aushängeschild für Cottbus, aus dem wir mit Blick auf den Osten Deutschlands noch mehr machen sollten.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir sind heilfroh, dass unser Tierpark nach mehrwöchiger Schließzeit wieder geöffnet hat. Vorsicht und Umsicht aller Beteiligten haben dafür gesorgt, dass die schlimmsten Befürchtungen, die mit der Wildvogelgrippe einhergehen, nicht eingetreten sind. Unser Tierpark hat die Grundlagen seiner erfolgreichen und anerkannten Vogelzucht erhalten können. Dafür danke ich allen Beteiligten herzlich. Natürlich geht die Schließzeit wirtschaftlich nicht so einfach am Tierpark vorbei. Die verlorenen Einnahmen in Höhe von etwa 25 000 Euro sind bedauerlich. Wir werden in den nächsten Tagen, wenn das gröbste durch ist, etwaige weitere finanzielle Folgen prüfen. Die Erfahrungen aus der Schließzeit werden genutzt, um auf künftige, ähnliche Ereignisse vorbereitet zu sein.

Zudem möchte ich Ihnen, sehr geehrte Stadtverordnete, mitteilen, dass die Kommunalaufsicht im Rahmen der Prüfung des Haushaltes 2017 eine Überarbeitung des Wirtschaftsplans des Tierparkes fordert. Ziel ist es, die langfristige wirtschaftliche Stabilität des Tierparkes abzubilden. Wir gehen davon aus, dass das gelingt, ohne gravierend in den Haushalt eingreifen zu müssen.

Ein Appell sei mir an dieser Stelle gestattet: Liebe Cottbuserinnen und Cottbuser, liebe Lausitzerinnen und Lausitzer, besuchen Sie unseren Tierpark, er ist zu jeder Jahreszeit ein lohnendes Ziel und hat viel zu bieten.

Im Übrigen hat sich bei der Bewältigung der Wildvogelpest einmal mehr die sinnvolle und effektive Zusammenarbeit zwischen der Stadt Cottbus und dem Landkreis Spree-Neiße im gemeinsamen Veterinäramt bewährt – ohne dafür Stadt- und Kreisgrenzen anzutasten.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ihnen liegt nun die Stellungnahme vor, die wir zum Referentenentwurf der Landesregierung zur Kreisgebietsreform abgeben wollen. Aus meiner Sicht und der Sicht der Verwaltung ist das ein durchaus historisches Dokument. Es geht um die Zukunft unserer Stadt. Der Referentenentwurf zeigt in vielen Details, wie wichtig es aus unserer Sicht ist, die Kreisfreiheit unserer Stadt zu verteidigen. Im Kern bedeutet die vom Land angestrebte Reform: Verwaltung wird aufwendiger und teurer, die Stadt Cottbus wird geschwächt und in ihrer Rolle in der brandenburgisch-sächsischen Lausitz eingeschränkt. Bewährtes wie die gemeinsame Leitstelle von Feuerwehr und Rettungsdienst gerät in Gefahr; Neues soll aufgebaut werden, wird aber nicht effizienter funktionieren. Das wollen und können wir nicht gutheißen. Deshalb hat die Stellungnahme eine klare Botschaft: Cottbus muss kreisfrei bleiben. Mein Wunsch ist es, dass Sie, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete, diese Stellungnahme einmütig verabschieden. Das ist ein klares Signal nach Potsdam, und dieses Votum entspräche am ehesten den fast 130 000 Unterschriften der Volksinitiative. Viele Tausend davon sind in Cottbus gesammelt worden. Das ist ein großartiger Erfolg für die Initiative und damit ein deutlicher Auftrag nicht nur für die Kommunalpolitik.

Innenminister Karl-Heinz Schröter hat erklärt, er werde sich im März die Stellungnahmen aus den Kreisen sehr genau anschauen. Danach werde er klüger sein. Dabei helfen wir gern. Cottbus hat trotz mancher Sorge viele Qualitäten, und die lassen wir uns auch nicht kleinreden. Der Süden des Landes braucht eine starke kreisfreie Stadt, die als Anker der Lausitz wirkt. Man kann nicht immer nur vom Berliner Speckgürtel reden, wenn man weiß, dass zu viel Speck ungesund ist.

Wir begrüßen daher den Vorschlag aus dem Landkreis Oberspreewald-Lausitz, der dem dortigen Kreistag zur Stellungnahme vorliegt. Demnach sollen Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz und Spree-Neiße einen Landkreis bilden, Cottbus bliebe kreisfreie Stadt für die Lausitz. Der Innenminister hat solche Vorschläge gefordert, dies ist aus Sicht der Stadt Cottbus ein sehr guter.

Offensichtlich ist in der laufenden Debatte zudem, dass die Rolle einer Kreisverwaltung in einen Topf geworfen wird mit der Rolle einer kreisfreien Stadt. Wenn die Landesregierung die Kreise permanent schlechtreden möchte, dann soll sie das tun. Ich bin aber nicht bereit, unsere Stadt in diesen Strudel ziehen zu lassen. Auffällig oft wurde in den vergangenen Wochen die Rolle der Kreise und ihrer Verwaltungen – ja, man muss es so deutlich sagen – in Misskredit gebracht. Glaubt man der Landesregierung und manchen Kommunalpolitikern, dann sind diese Kreisverwaltungen an sich nicht viel wert. Es heißt, sie würden von den Bürgerinnen und Bürgern nicht benötigt und kaum aufgesucht.

Ein Landkreis, da stimmen wir mit dem Innenminister wohl überein, schafft keine Identität. Warum aber will man dann die Stadt Cottbus in solch ein Gebilde stecken, das keine Identität stiftet? Warum will man unsere Stadt schwächen? Wir wollen weiter für die mehr als 100 000 Cottbuserinnen und Cottbuser da sein, erreichbar sein, ansprechbar sein. Wir erledigen dabei auch Aufgaben einer Kreisverwaltung, und das alles aus einer Hand. Wenn es nach der Landesregierung geht, wird die Reform dafür sorgen, dass diese Arbeit künftig mehrere Verwaltungen an verschiedenen Standorten machen. Was ist effizienter? Natürlich kann die Digitalisierung helfen, Distanzen zu überwinden und zeitliche Einschränkungen auszugleichen. Ja, wir brauchen mehr elektronische Arbeit in den Verwaltungen und müssen auch die Bürger davon begeistern. Aber es ist wie im Einzelhandel: Selbstverständlich kann man vieles online bestellen und erledigen, aber letztlich fehlen dann doch die Beratung oder das Gespräch.

Cottbus hat einen Grad des Breitbandausbaus von gut 98 Prozent erreicht. Wir sind also sehr gut, jedoch nicht perfekt. Was aber macht ein Cottbuser, der eine Außenstelle der Kreisverwaltung online nicht erreicht, weil der Ausbau der Netze in einem Landkreis nicht vorangekommen ist? Auch Mediziner können online Ferndiagnosen stellen – fühlen Sie sich dann gut behandelt? Für Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. So noch einer da ist. Die Digitalisierung ist für die Wirtschaft und die Verwaltung unabdingbar. Sie ist aber kein Allheilmittel im direkten Umgang mit Menschen. Und dieser Kontakt sollte für Verwaltungen immer noch im Vordergrund stehen.

Spricht unsere Finanzlage gegen die Kreisfreiheit? Nein. Über Jahre zahlte das Land nicht oder nicht ausreichend für Aufgaben, die wir erledigen. Das ist lange bekannt, aber man hat nichts anderes zu tun, als uns unseren Schuldenstand vorzuwerfen. Eine Teilentschuldung durch das Land ist wünschenswert, aber sie hat nichts mit einer Gebietsreform zu tun. Was wir brauchen ist eine insgesamt bessere Finanzausstattung der Kommunen. Anders formuliert: das Geld muss zu den Menschen. Denn hier in den Kommunen spielt sich das Leben ab, hier arbeiten und wohnen die Menschen, hier werden Kinder und Jugendliche unterstützt sowie Bedürftige oder Flüchtlinge betreut. Und das alles auf recht hohem Standard. Dafür müssen wir uns nicht entschuldigen. Aber glaubt denn jemand tatsächlich, dass wir als kreisangehörige Stadt künftig im Geld schwimmen werden, wie es suggeriert wird? Glaubt denn jemand tatsächlich, alles würde besser funktionieren als Stadt auf einer Stufe mit Drebkau, Ruhland oder Herzberg, die ich hier mit allem Respekt nenne?

Mitarbeiterinnen aus der Verwaltung haben gerade die Erfahrung gemacht, wie so genannte Vorzeigekreise funktionieren. Denn da rühmte man sich in einem allseits gelobten Landkreis, dass Flüchtlinge bewusst und gezielt nach Cottbus geschickt werden, weil die Stadt so viel biete. Wir haben das jetzt in Zahlen gefasst: Im vergangenen Jahr wurden uns etwas mehr als 500 Flüchtlinge vom Land zugewiesen. Zusätzlich sind aber etwa 1200 Menschen ungeplant nach Cottbus gekommen. Das hat Auswirkungen auf die Unterbringung, auf Sprachkurse und Beratungsangebote, vor allem aber auf die Zahl der Kita- und Schulplätze sowie die Stimmung in den Wohngebieten. Die Ursache für den ungeplanten Zuzug hat das Land Brandenburg gesetzt. Die Möglichkeit, mit dem Integrationsgesetz eine Wohnsitzauflage zu verbinden, wurde nicht genutzt. Nun gilt auch hier: Die Aufgaben erledigen wir, aber zumindest muss das Geld für die Betreuung und Integration mitwandern. Das haben wir den Landtagsabgeordneten aus Cottbus mit auf den Weg gegeben, die wir in der vergangenen Woche zu einem Gespräch eingeladen hatten. Es war ein sehr konstruktives und offenes Gespräch, das auf spürbares Interesse an Problemlösungen stieß. Nun hoffen wir, dass die Abgeordneten in Potsdam deutlich machen, was Sache ist. Sie sind zudem gefordert, mit dem gleichen Engagement die weitere Debatte um die Kreisgebietsreform zu führen und letztlich zu entscheiden. Die Cottbuserinnen und Cottbuser können erwarten, dass in der Abstimmung über die Gesetzentwürfe ihre Interessen und damit die Interessen unserer Stadt vertreten werden. Es gibt beispielsweise keine guten Gründe für ein Aufgehen der Stadt Cottbus im Landkreis Spree-Neiße, wohl aber gute Möglichkeiten der weiteren Zusammenarbeit. Sie muss effektiv sein und letztlich Ergebnisse für die Bürgerinnen und Bürger bringen. Das Beispiel des gemeinsamen Veterinäramtes hatte ich bereits erwähnt. Die Zukunft gehört nicht den Mundwerkern, sondern den Handwerkern, hat der Innenminister kürzlich gesagt. Wir lassen uns aber den Mund nicht verbieten, wenn das Handwerk schludrig ausgeführt wird. Ich denke, dass wir hier vor Ort unser Handwerk wohl verstehen. Und die Volksinitiative hat gezeigt, dass das Tausende auch so sehen. Jetzt fordern die Regierungsfraktionen plötzlich, die Initiative auf Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Wenn man da Bedenken hat, hätte die Prüfung längst erfolgen müssen. Der jetzige Vorstoß ist an Ignoranz gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern kaum mehr zu überbieten. Dieses Vorgehen und das dahinter steckende Demokratieverständnis kann einem Angst machen, nicht die Volksinitiative. Die Volksinitiative hat keine Angst geschürt. Sie hat eine Position formuliert, die offenbar bei vielen tausend Bürgern Gehör gefunden hat und die von uns unterstützt wird.

Es mag im weiten Land Beispiele geben, wo die Fakten verdreht worden sind. Das ist nicht gut und nicht geschickt. Aber diese betreffen nicht Cottbus und die Kreisfreiheit. Ich darf aber an ein anderes Beispiel erinnern: Ja, Herr Ministerpräsident, die Spree fließt durch den Landkreis Spree-Neiße und durch Cottbus, und ja, es gibt zwei untere Wasserbehörden. Es ist jedoch unlauter, uns das vorzuwerfen. Denn für die Spree als Gewässer erster Ordnung ist das Land zuständig. Und nein, Cottbus ist nicht pleite. Wir haben es vielmehr durch hartes Sparen geschafft, für dieses und die kommenden Jahre Haushalte mit Überschüssen zu planen. Das sind die Spielräume, die wir für Investitionen brauchen.

Für uns möchte ich nochmals deutlich machen: Wir wollen nicht irgendeine „bessere“ Lösung für Cottbus, sondern die beste. Das ist der Wählerauftrag. Die beste Lösung ist eine kreisfreie, starke Stadt. Ich möchte jetzt nicht über zerschnittene Tischtücher und Sprüche aus dem Mittelalter fabulieren. Wir reden weiter über die Kreisgebietsreform. Doch wenn der Ministerpräsident wiederholt, es gehe nicht mehr ums Ob, sondern nur noch um das Wie der Reform, dann kann ich nur erwidern: Und ob wir darüber reden müssen, wie wir die Kreisfreiheit für Cottbus erhalten. Das entspricht dem, was wir uns als selbstbewusste, eigenverantwortliche und eigenständige Kommune im Leitbild „Cottbus 2035“ auf die Fahnen schreiben. Das ist der Auftrag, den ich den Tausenden Unterschriften in der Volksinitiative entnehme. Das ist schließlich der einhellige Wille dieser Stadtverordnetenversammlung, das ist Beschluss dieses Hohen Hauses – und hier brauchen wir und dafür werbe ich: Haltung statt Enthaltung!

(Es gilt das gesprochene Wort.)