Jan Gloßmann

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete, liebe Cottbuserinnen und Cottbuser,

wir kommen heute mit einem Haushaltsentwurf zu Ihnen, der in gewisser Weise an den Ursprung des heutigen Buß- und Bettages erinnert. Wenn die Not groß wurde, war die Bürgerschaft zu Einhalt und Gebet aufgerufen, zum Nachdenken und gegebenenfalls neu justieren. Wer möchte, kann beten – wir aber werden vor allem zu debattieren haben und letztlich tragfähige und umsetzbare Entscheidungen treffen. Das ist unsere Verpflichtung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt; dafür sind wir gewählt.

Kämmerer Markus Niggemann wird im Anschluss an meinen Bericht die Grundzüge des Haushaltsentwurfes für 2025 sowie die mittelfristige Finanzplanung für die Folgejahre vorstellen. Die Fachgremien werden sich in den Dezembersitzungen dann mit den Details beschäftigen.

Wir stehen erneut vor schwierigen Zeiten. Unser Spagat ist bekannt: Einerseits haben wir die wichtigen und segensreichen Milliarden-Investitionen für die Struktur- und Stadtentwicklung, andererseits jedoch kein Geld, um in Gallinchen ein Bürgerhaus zu bauen oder diverse Schultoiletten zu sanieren. Das versteht kein Mensch mehr, und mancher will es auch nicht verstehen. Deshalb haben wir als Städte- und Gemeindebund mit Blick auf die Bildung der Landesregierung – und nunmehr auch mit Blick auf die Bundestagswahl im Februar – deutlich gemacht: Kommunen müssen besser und verlässlicher finanziell ausgestattet werden. Ohne, dass beim Strukturwandel Abstriche gemacht werden.

In vielen Fällen geht es dabei um die schlichte Daseinsvorsorge, die auf der Strecke bleibt, nicht etwa um luxuriöse Ansprüche. Unser Investitionsstau in der sozialen und verkehrlichen Infrastruktur liegt allein hier in Cottbus/Chóśebuz bei gut einer Milliarde Euro. Im Rathaus haben wir die ersten schmerzhaften Diskussionen hinter uns, wie wir die finanziellen Rahmenbedingungen für einen Invest-Kredit über gut 10 Millionen Euro sichern. Die Dimension des Problems ist unschwer zu erkennen und wird uns in den kommenden Wochen beschäftigen. Dabei wissen wir nur zu gut, dass die Alltäglichkeiten mit dem Wachstum des Strukturwandels Schritt halten müssen.

Natürlich können wir Menschen in erster Linie durch attraktive und herausfordernde Arbeitsplätze für uns interessieren. Sie kommen aber nur her, wenn sie ein intaktes und modernes Umfeld vorfinden, also Schule, Kita, Arzt, Freizeit, Kultur und Grün. Das sind die berühmte weichen Standortfaktoren, die immer entscheidender werden in einer sich wandelnden Arbeits-, aber auch Anspruchswelt. Dass wir Zuzug brauchen, bestätigt die Ihnen vorgestellte Bevölkerungsvorausschau eindrucksvoll. Das ist Zuzug aus der Entwicklung unserer Stadt heraus und insofern ein neuer Ansatz im Vergleich zu den zurückliegenden Jahren.

Klar könnten wir uns jetzt zurücklehnen und all das den Närrinnen und Narren überlassen, die am 11.11. pünktlich und stimmungsvoll das Zepter und den Rathausschlüssel übernommen haben. Doch auch die lebenslustigen Vereine haben ein großes Problem: Sie finden immer seltener ausreichend große Räume oder Säle für Training und Veranstaltungen.

Wir werden uns also auch in der fünften Jahreszeit dem Ernst des Lebens stellen müssen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

unsere Bürgermeisterin Marietta Tzschoppe wird im März 2025 ihr Amt zur Verfügung stellen. Sie geht per 01.04.2025 in den überaus wohlverdienten Ruhestand. Sie hat einen Antrag dazu abgegeben, aus dem ich zitieren darf: „Ich bitte aus Gründen, welche familiär/gesundheitsbedingt sind, um Versetzung in den Ruhestand zum 01.04.2025. Ich bitte um wohlwollende Befürwortung.“

Ich möchte Sie, verehrte Stadtverordnete, daher heute in Kenntnis setzen, dass wir rechtzeitig den Prozess der Ausschreibung für die Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin beginnen werden und Sie als das Gremium, das letztlich den Bürgermeister oder die Bürgermeisterin zu wählen hat, selbstverständlich fortlaufend einbezogen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren,

65 Jahre ist die Städtepartnerschaft mit Montreuil jetzt alt, und sie hat in den zurückliegenden Tagen hier in Cottbus/Chóśebuz ein wahren Jungbrunnen erlebt. Die erste „French Night“ im Gladhouse war für alle ein schöner Erfolg mit einem beseelenden Abend. Zuvor hatten wir eine würdigen Festakt anlässlich des Jahrestages – einige von Ihnen waren dabei.

Mit meinem Amtskollegen Patrice Bessac habe ich eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet. Darin heißt es u.a.: „Anlässlich des 65-jährigen Jubiläums der Städtepartnerschaft bekräftigen die Städte Montreuil und Cottbus/Chóśebuz ihre Absicht, die bisherige Zusammenarbeit zu pflegen und zu vertiefen im Sinne des Friedens, der freiheitlichen Entwicklung und der Verständigung der Bürgerschaften und Völker.“ Wir wollen einen weiterhin starken deutsch-französischen Austausch und den Erhalt der partnerschaftlichen Beziehungen. Die Partnerschaft lebt vom Engagement der Menschen, der Vereine, der Schulen, des Sports, der Verwaltungen und anderen Institutionen. Gerade deshalb habe ich mich über einen Satz von Patrice Bessac besonders gefreut, den ich hier gern zitiere: „Cottbus ist für uns präsent und Teil unserer Identität geworden.“ Und einen zweiten Satz möchte ich niemandem hier bei uns vorenthalten. Er sagte: „Sie haben hier so wenige Mülleimer, und doch ist es so sauber in Cottbus.“

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir werden Ihnen für Ihre Beratungen im Dezember eine neue Abwassersatzung für 2025 vorlegen, die der Satzung des laufenden Jahres stark ähnelt. Hintergrund ist ein aktuelles Urteil vom 23.10.2024 des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg zu einem Normenkontrollverfahren hinsichtlich der Abwassergebührensatzung der Stadt Falkensee. Mit diesem Urteil hat sich am 11.11.2024 die interfraktionelle Arbeitsgruppe „Abwassergebühren“ eingehend auseinandergesetzt. Vieles aus der neuen Entscheidung des OVG deckt sich mit unseren Auffassungen, die jedoch vom Verwaltungsgericht Cottbus am 18.07.2024 mit Verweis auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes anders bewertet worden sind. Es existieren somit verschiedene juristische Auffassungen unterschiedlicher Gerichte. Das macht die Sachlage gerade für die Bürgerinnen und Bürger nicht einfacher.

Klarstellen möchte ich aber: Wir streben im Schmutzwasserbereich weiterhin einheitliche Gebühren für alle Cottbuserinnen und Cottbuser an, wenn das rechtlich möglich ist. Die bestehenden Widersprüche zu den Bescheiden 2023 bleiben ruhend gestellt. Wir wollen nicht, dass sich jemand zu einer Klage getrieben fühlt, deren Ausgang sehr ungewiss ist. Und ich möchte auf eine Analyse der LWG verweisen, die sich mit der vermeintlichen Millionen-Abzocke beim Abwasser beschäftigt hat und die in den kommenden Tagen veröffentlicht werden wird. Selbst wenn die Stadt der vom Verwaltungsgericht Cottbus vertretenen Auffassung folgen würde, dann ergäbe sich für jede und jeden eine Ersparnis von lediglich zwei bis drei Euro – pro Jahr. Ob man hierbei von einer „Millionen-Abzocke“ reden kann, wie die Presse suggeriert, ist äußert fraglich. Wie gesagt, juristisch ist das vermutlich noch lange nicht ausgefochten. Wir sehen für die kommende Zeit aber einen soliden Weg, die Abwasserentsorgung zu finanzieren.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich freue mich, wenn Sie nach dieser Tagung unserer Einladung folgen und heute Abend den erfolgreichen Olympia- und Paralympics-Teilnehmern applaudieren. Sie werden sich ins das Goldene Buch der Stadt Cottbus/Chóśebuz eintragen wund werden mit einer Plakette auf dem „Weg des Ruhmes“ geehrt. Diese Medaillen und Platzierungen haben dazu geführt, dass unser Para-Zentrum weitere vier Jahre als Bundesstützpunkt im Paracycling und in der Para-Leichtathletik bestätigt worden ist. An dieser Stelle muss ich jedoch betonen: Im Zuge der jetzt beginnenden und sicher schwierigen Haushaltsberatungen müssen wir auf den Sport achten, wenn wir weiter solche schöne Anlässe wie heute Abend und vor allem internationale Medaillen feiern wollen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

das Jahresende naht mit raschen Schritten. Am kommenden Montag wird, traditionell nach dem Totensonntag, unser Cottbuser Weihnachtsmarkt mit dem großen Stollenanschnitt auf dem Altmarkt seine Pforten öffnen. Besonders wichtig ist mir bereits heute der Hinweis auf die Verlängerung auf dem Altmarkt, wo wir am 27. Dezember einen weiteren Rückkehrertag haben werden. Dieser ist ein Instrument, um Menschen für unsere Stadt zu gewinnen und zu begeistern.

Wir werden Ende des Monats mit mehreren Anbietern den ersten Pop-up-Store in der Schlosskirchpassage eröffnen. Gefördert durch das Programm „Zukunft Innenstädte und Zentren“ sorgen wir für neues Leben in der Passage und in der Innenstadt – doch wir wissen, wir stehen da ganz am Anfang eines langen Weges.

Der Ausblick auf den Dezember bringt nicht nur Adventszeit und Weihnachtsmarkt ins Bewusstsein, sondern konkret den 13.12.1989. An jenem Tag vor 35 Jahren ist Waldemar Kleinschmidt erstmals zum Oberbürgermeister unserer Stadt bestimmt worden. Es war eine Selbstermächtigung der damaligen Stadtverordneten, ihre Verantwortung als gewählte Volksvertreter tatsächlich selbstbestimmt wahrzunehmen. Dieser Tag leitete mehr als drei Jahrzehnte tatkräftigen, sicher oft schwierigen, aber fruchtbringenden demokratischen Parlamentarismus in unserer Stadt ein.

Wie wichtig das Ehrenamt insgesamt für uns ist, wissen Sie als Hohes Haus aus eigener Erfahrung sehr gut. Anlässlich des Tages des Ehrenamts werden wir am 06. Dezember hier im Saal vielen ehrenamtlich Tätigen wieder herzlich danke sagen. Und ich freue mich, dass Waldemar Kleinschmidt dann als Pate mit dabei sein wird.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wenige Tage zuvor, am 30.11.2024, werden wir anlässlich des 868. Geburtstages unserer Stadt zwei Persönlichkeiten mit der Ehrenmedaillen der Stadt Cottbus/Chóśebuz auszeichnen: Es sind dies Elke Gräfin von Pückler sowie Dr. Ralph Matzky. Beide haben sich auf ganz unterschiedliche Weise um unsere Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger verdient gemacht. Dass wir auch das mobile Erbe des Fürsten Pückler in diesem Umfang präsentieren können, haben wir in hohem Maße der Gräfin Elke zu verdanken. Und dass wir für Katastrophenfälle gerüstet sind, dafür ist Dr. Ralph Matzky neben vielen anderen Mitstreitern ein besonders starker Rückhalt.

Beide zu Ehrenden verkörpern jene Verlässlichkeit, die eine Gemeinschaft auszeichnet und ohne die wir weitaus ärmer wären. Mit Blick auf die Adventszeit sollte uns das ermutigen für die vielfältigen Aufgaben, die keinen Aufschub dulden. Ich danke Ihnen.

(Es gilt das gesprochene Wort.)