Michael Helbig

Der LFV BB und die AGBF BB möchten aus fachlicher Sicht zu den vorliegenden Gesetzentwürfen der Funktional- und Kreisgebietsreform des Landes Brandenburg Stellung nehmen und auf die absehbaren Folgen hinweisen.

Einleitend möchten wir unser Bedauern und unser Unverständnis darüber zum Ausdruck bringen, dass eines der möglichen Ziele, die Stärkung der Oberzentren, mit diesen Gesetzentwürfen im Bereich der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr anscheinend nicht angestrebt wird. Die hier geplante Einkreisung der Städte Frankfurt/Oder, Brandenburg an der Havel sowie Cottbus wird mit den geplanten Regelungen aus fachlicher Sicht zu einer deutlichen Schwächung der heute vorhandenen und sehr gut funktionierenden Strukturen führen. Die heute vorhandene Leistungsfähigkeit des integrierten Gefahrenabwehrsystems wird nachhaltig geschwächt. Derzeit wird die Gefahrenabwehr in diesen Städten, bestehend aus der Feuerwehr, dem Rettungsdienst, der Regionalleitstelle sowie dem Katastrophenschutz mit einer einheitlichen Führung und einem gemeinsamen Personalpool hocheffizient und innovativ wahrgenommen.

Die Einkreisung der Städte, mit den jetzt vorgesehenen Regelungen, hätte zur Folge, dass diese zukünftig nicht mehr Träger des Rettungsdienstes gemäß den § 6 des Brandenburgischen Rettungsdienstgesetzes (BbgRettG)sowie Träger für die Betreibung der Integrierten Regionalstelle gemäß § 9 BbgRettG und § 10 des Brandenburgischen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes (BbgBKG) wären. Dies führt zur Demontage der über Jahre gewachsenen und gut funktionierenden Strukturen, die vor allem davon profitieren, dass diese Aufgaben gemeinsam von den Berufsfeuerwehren, die auch zukünftig im jeweiligen Territorium verbleiben, erfüllt werden.

Zum Bereich des Rettungsdienstes ist dazu folgendes auszuführen: Trägerschaft und Leistungserbringung aus einer Hand bedeuten höchste Qualität und kurze Umsetzungszeiten bei notwendigen Veränderungen / Anpassungen durch kurze Entscheidungswege. Beispielsweise würden sich die Eintreffzeiten im Rettungsdienst signifikant verschlechtern, wenn die Berufsfeuerwehr nicht mehr Leistungserbringer wäre. Nur eine Berufsfeuerwehr ist in der Lage, auf die Notwendigkeit des Einsatzes weiterer Rettungswagen (Zusatz-RTW) unverzüglich zu reagieren. Durch die feuerwehr-und rettungsdienstliche Ausbildung der Einsatzkräfte können bei Bedarf Mitarbeiter des Wachdienstes sofort zusätzliche RTW besetzen, um einen erhöhten Bedarf abzusichern. Die Einsatzbereitschaft der Feuerwehr wird dann in dieser besonderen Einsatzlage über Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr sichergestellt. Dieses System funktioniert nur in einer starken kreisfreien Stadt mit einer starken Berufsfeuerwehr und Freiwilligen Feuerwehr, oder mit einem Oberzentrum, welches über vergleichbare Möglichkeiten als Träger von Rettungsdienst und Regionalleitstelle verfügt. Fällt dieses „Redundanzsystem" weg, hat dies direkte Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger der Stadt.


Für die Integrierte Leitstelle ist festzustellen, dass der dauerhafte sichere Betrieb sowie das schnelle personelle Aufwachsen bei Großschadenslagen nur durch die personelle Verknüpfung mit dem Personal einer Berufsfeuerwehr sichergestellt werden kann. Dies gilt sowohl im Bereich der Disponenten als auch für die Führungsfunktionen. Auch hier werden die geeigneten Einsatzkräfte des Wachdienstes sofort in die Leitstelle umgesetzt. Die Einsatzbereitschaft der Feuerwehr wird dann ebenfalls über Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr sichergestellt. Des Weiteren würde bei einer Trennung von Berufsfeuerwehr, Rettungsdienst, Katastrophenschutz und Leitstelle die enorme Innovationskraft der Leitstellen im Land Brandenburg (technischer Leitstellenverbund Brandenburg) zum Stillstand kommen, da die jetzige Personalstruktur durch Personalab- bzw. -übergänge nicht bestehen bleibt. Ein Problem besteht des Weiteren in der geplanten territorialen Kreisstruktur im Bereich des Landkreises Havelland und der Stadt Brandenburg, da diese nicht mit den Leitstellenbereichen übereinstimmen. Eine Umstrukturierung der Zuständigkeiten der Leitstellen ist mit einem erhöhten organisatorischen Aufwand verbunden. Neben der Übergabe notwendiger Datensätze müsste auch ein Personalübergang geprüft und gegebenenfalls umgesetzt werden. Die vorhandenen Ortskenntnisse der einzelnen Disponenten sind für die schnelle Einsatzbearbeitung von großer Bedeutung.

Der Landesfeuerwehrverband Brandenburg sowie die Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren fordern vor dem Hintergrund der möglichen Folgen des Gesetzentwurfes eindringlich, Strukturen zu erhalten die eine moderne Sicherheitsarchitektur im Bereich Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz ermöglichen. Moderne und innovative Ideen, die gerade in den Regionalkonferenzen des Landesfeuerwehrverbandes entwickelt werden, müssen beachtet und umgesetzt werden. Weiterhin fordern wir, die Oberzentren mit den Berufsfeuerwehren, mit ihren Kernkompetenzen, als Leistungsträger deutlich mehr einzubinden. Beispielhaft sind hier überregionale Aufgaben in der Führungsunterstützung, dem Vorbeugenden Brandschutz und bei Brand- und Hilfeleistungseinsätzen zu nennen.

Die kreisfreien Städte als jetzige und zukünftige Oberzentren mit Berufsfeuerwehren müssen aus fachlicher Sicht auch weiterhin Träger des Rettungsdienstes, Träger einer Regionalleitstelle sowie Aufgabenträger des Katastrophenschutzes bleiben. Nur so ist für die Bevölkerung in diesen Städten die heute vorhandene Leitungsfähigkeit des integrierten Gefahrenabwehrsystems zu erhalten und auszubauen. Sollte das Gesetz in der heute vorliegenden Form beschlossen werden, wird das zu einer deutlichen und für den Bürger spürbaren Reduzierung der Leistungsfähigkeit der Berufsfeuerwehren führen.  

gez. Werner-Siegwart Schippel
Präsident LFV BB

gez. Wolfgang Hülsebeck
Vorsitzender AGBF BB