Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete,
liebe Cottbuserinnen und Cottbuser,

gestatten Sie am Anfang eine wichtige Frage: Glauben Sie an den Weihnachtsmann? Wir hier im Saal sind sicher abgeklärt genug, diese Frage eindeutig und sachlich zu beantworten. Die Jüngsten aber beschäftigt der Mann im roten Mantel mit dem weißen Rauschebart derzeit sehr. Das sei ihnen gegönnt. Gegönnt sei ihnen auch, dass sie in einer nun ausgezeichneten kinder- und familienfreundlichen Kommune leben. Das hat uns nicht der Weihnachtsmann beschert. Wir selbst haben viel dafür getan. Auch dank vieler kluger Entscheidungen in diesem hohen Haus. Diese Ehrung durch das Land Brandenburg ist ein Geschenk für uns alle und gleichzeitig Verpflichtung und Herausforderung. Wir wollen und dürfen da nicht nachlassen. Ich möchte aber auch daran erinnern: Freundlichkeit und Zuwendung haben nicht immer gleich etwas mit Geld zu tun.

Doch noch einmal zurück zur eingangs gestellten Frage nach dem Glauben an den Weihnachtsmann. Das Fest der Familie steht bevor, mit dem Christen ja weit mehr verbinden als Tage voller Geschenke, Gaben und gutem Essen. Immerhin profitiert von solchen Wünschen hoffentlich der Handel in der Stadt. Am Wochenende war die Stadt voll. Tausende sind an der Brache in der Stadtpromenade vorbeigekommen. Dort soll die Handelsfamilie weiter wachsen. Seit die neuen Pläne für unsere Stadtpromenade bekannt sind, fragt sich zwar mancher, ob er daran oder besser an den Weihnachtsmann glauben soll. Vor allem in den sogenannten sozialen Medien geht es hoch her. Noch mehr Handel in der Innenstadt? Wer soll da einkaufen? Leidet die Sprem? Warum nicht mehr Grün? Was ist aus den Wünschen nach einer Markthalle geworden? Kann denn das dauerhaft funktionieren?
Jeder mag hier seine Antworten suchen und finden. Ich bin überzeugt, dass sich in der Stadtpromenade etwas entwickeln muss und dass es dazu einen verlässlichen Investor braucht. Seit dem Sommer haben wir ein ungewöhnliches, aber glaubwürdiges Verfahren erlebt. Ich gehe davon aus, dass das so bleibt. Im September sind die Bürgerinnen und Bürger befragt worden. Sie haben sich rege beteiligt. Zusätzliche Fachleute haben den Prozess begleitet. Glaubwürdig agiert bislang auch der Investor. Das ist uns sehr wichtig, und das muss auch so bleiben. Wir brauchen eine Entwicklung in der Promenade. Diese muss architektonisch passen, sie muss wirtschaftlich sein und letztlich die Innenstadt insgesamt stärken. Darauf sollten sich fast alle einigen können. Jüngst wurde ein Bürgerentscheid ins Spiel gebracht. Dieser Weg bedeutet jedoch höheren Aufwand und vor allem weiteren Stillstand. Das kann und will sich niemand leisten. Selbst wenn die Stadt das Geld hätte, die Fläche in der Stadtpromenade zurückzukaufen: Was machen wir dann dort? Einen Park, für dessen Pflege wir sorgen müssen? Eine Markthalle, die niemand wirtschaftlich führen kann? Wir wollen den Prozess jetzt weiterführen. Verantwortung sollte weder abgelehnt noch delegiert werden. Da muss man auch den Mut haben, unter veränderten Vorzeichen Ansichten umzukrempeln oder zurückzunehmen. Glaubwürdigkeit hängt nicht daran, dass man stur an seinem Wahlprogramm festhält, selbst wenn es inzwischen neue Erkenntnisse und Vorschläge gibt.

Sehr geehrte Damen und Herren,
die Fragen um Glaube und Glaubwürdigkeit reißen nicht ab. Politik und Politiker stecken nicht erst seit diesen Wochen in einer Krise fest. Wie nehmen Menschen wahr, was wir vermitteln? Was kommt an bei den Bürgerinnen und Bürgern? Viele winken nur noch ab. Andere begegnen uns mit Ablehnung und sogar Hass. Man bezichtigt uns und viele Medien pauschal, nicht die Wahrheit zu sagen.
Diese gefährliche Entwicklung ist oft beklagt worden. Zuletzt wurde dem Wort von der „Lügenpresse“ noch der Zusatz „…auf die Fresse“ mitgegeben. Eine Journalistin ist am Rande einer Demonstration in Cottbus bedrängt worden. So etwas ist nicht hinnehmbar. Gerade dann nicht, wenn man Meinungsfreiheit nicht nur für sich nutzen will, sondern auch ernst meint. Wir stellen gleichzeitig fest, dass viele Menschen andererseits sofort bereit sind, jedem noch so verrückten Gerücht ungeprüft zu folgen und Glauben zu schenken. Wir gewinnen Glaubwürdigkeit nur zurück, wenn wir hart an der Sache arbeiten. Wir dürfen uns nicht auf wortreiche Geplänkel einlassen, sondern müssen handeln. Deshalb erkläre ich an dieser Stelle zur viel diskutierten Außenstelle der Erstaufnahme für Flüchtlinge des Landes Brandenburg: Wir haben alles Nötige in die Wege geleitet, dass die Turnhallen in der Poznaner Straße im Januar wieder dem Schul- und Vereinssport zur Verfügung stehen. Der Vertrag mit dem Land ist fristgerecht gekündigt.

Die Cottbuserinnen und Cottbuser erwarten von uns zu Recht, dass wir Lösungen für die Probleme in der Stadt anbieten. Dazu gehört in erster Linie, den Haushalt im Griff zu behalten. Für 2016 haben Sie da weit reichende Entscheidungen zu treffen.

Sehr geehrte Damen und Herren,
wir steuern ein geschichtsträchtiges Jahr an. Vor 25 Jahren wurden viele Weichen neu gestellt. Die meisten von uns erinnern sich noch daran, sie waren oft direkt dabei. So wurden im Januar 1991 die Stadtwerke Cottbus gegründet. Zum 1. Januar 1991 erfolgte die Umbenennung unseres Theaters der Stadt in das Brandenburger Staatstheater. Rettungsdienst und Katastrophenschutz wurden in die Feuerwehr eingegliedert. Die Handwerkermesse der Sparkasse erlebte ihre erste Auflage. Eine Premiere für ganz Brandenburg war die Eröffnung des Piccolo-Theaters als erstem Kinder- und Jugendtheater des Landes. Der Bogen ließe sich weiter spannen. Nur dieser kleine Ausblick noch: Die Stadt Cottbus feiert im kommenden Jahr ihren 860. Geburtstag.
Als fast noch Jung-Cottbuser und Ur-Lausitzer verweise ich gern darauf, dass diese Daten und vieles mehr im neuen Heimatkalender zu finden sind. Der transportiert in seinem 33. Jahrgang nicht nur Informationen. Auf seinen Seiten findet sich ebenso viel Heimatgefühl und Stolz auf unsere Stadt und ihre bewegte Geschichte. Ähnliches erwarte ich von unserem neuen Stadtmuseum, das am kommenden Wochenende endlich seine Türen öffnen wird. Heimatliebe, so scheint es, zählt heute bei manchen nicht mehr so viel. Vielleicht liegt es an der Entwurzelung vieler Menschen in wirtschaftlich schweren Jahren. Oder sind solche Begriffe besetzt von Rechtsextremen und Rechtspopulisten? Gewiss, die Zeiten ändern sich unablässig und gefühlt viel schneller als früher. Doch stimmt das tatsächlich?
Vieles von dem, was 1990/91 auf den Weg gebracht worden ist, bildet heute die Grundpfeiler des gesellschaftlichen Lebens in Cottbus. Die Stadtwerke verdienen ihren Namen wieder, Piccolo und Staatstheater sind überregional bekannt, die Sparkasse Spree-Neiße ist nicht nur ihren Kunden ein verlässlicher Partner. Mit der von ihr initiierten Messe führt sie uns zudem ins Themenjahr 2016 unter dem Motto „Wirtschaft und Handwerk“.
Eine stabile Wirtschaft mit Industriearbeitsplätzen, solidem Handwerk, flexiblen Dienstleistungen und florierendem Handel ist die Basis für das städtische Leben. Dieser Basis müssen und werden wir uns stärker widmen. Denn man kann Hunderte Studien finanzieren und Konzepte erstellen und Träume ausmalen. Letztlich müssen wir Arbeitsplätze sichern und neue schaffen. Dieses Spannungsfeld ist auch auf dem Barbara-Tag des Bergbauunternehmens Vattenfall deutlich geworden. In wenigen Tagen ist „Schichtwechsel“ im Tagebau Cottbus-Nord. Der letzte Kohlezug fährt aus, und in den Jahren danach kommt das Wasser in den Ostsee. Daraus entwickeln sich Möglichkeiten und Chancen, die wir herausarbeiten und ergreifen werden. Wir werden einen langen Atem brauchen in der gesamten Lausitz. Nötig ist die Unterstützung des Bundes und der Bundesländer Brandenburg und Sachsen. Nichts spricht dagegen, den Strukturwandel in der Kohleregion jetzt einzuleiten. Was wir nicht brauchen, ist ein Wettbewerb, in den alle orakeln, in welchem Jahr aus Förderung und Verstromung ausgestiegen wird. Die Weltklimakonferenz in Paris hat neue Bewegung gebracht. Mit Blick auf den Schutz des Klimas sind die Vereinbarungen gewiss zu begrüßen. Wir dürfen dabei allerdings nicht vergessen, dass diese Szenarien die industrielle Basis und damit die wichtigsten Arbeitsplätze unserer gesamten Region infrage stellen. Leichtfertigkeit und Gutgläubigkeit können wir uns da nicht leisten. Gleichzeitig wollen unsere polnischen Nachbarn kurz hinter der Grenze einen neuen Tagebau aufschließen. Wie passt das mit dem Blick auf das Weltklima zusammen? Sind wir naiv, oder gehen Lausitzer Kumpel und Ingenieure künftig in Polen arbeiten? Für die Zukunft gilt: Wer vernünftig und verletzungsfrei umsteigen will, der sollte nicht unterwegs abspringen, sondern mit dem Zug erstmal bis in den Bahnhof fahren. Und dort sollte dann mehr vorbereitet sein als nur eine Draisine. Unsere Region braucht einen glaubwürdigen und verlässlichen Übergang und nüchterne Perspektiven.

Sehr geehrte Damen und Herren,
in der künftigen Lausitz soll Cottbus das kreisfreie Oberzentrum sein. Das ist mein und weitgehend unser Ziel. Damit verbindet sich für mich auch ein starkes Selbstbewusstsein einer Region jenseits des Potsdamer Elfenbeinturms. Eng verknüpft ist damit beispielsweise die Zukunft unserer Straßenbahn. Sie stiftet städtische Identität, braucht aber auch Zuschüsse und Investitionen. Wer entscheidet darüber, wenn Cottbus die Kreisfreiheit verliert? Aus dieser Frage strickt nun der Lausitzer Linken-Vorsitzende und Landtagsabgeordnete Matthias Loehr eine Legende: Zur Kreisgebietsreform würde ich als Oberbürgermeister „unbegründete Ängste“ schüren, anstatt mich mit Vorschlägen an der inhaltlichen Debatte zu beteiligen. Sehen wir einmal davon ab, sehr geehrter Herr Loehr, dass Ihr Koalitionspartner SPD diese Debatte mit einem Parteitagsbeschluss faktisch für beendet erklärt hat. Fakt ist: Bereits am 7. Oktober, zur Regionalkonferenz in Cottbus, haben wir einen solchen Vorschlag unterbreitet. Gemeint ist eine Strukturreform, die Verwaltungen zusammenführt und die die Finanzierung von Kommunen klärt, ohne dass dabei Kreisgrenzen oder der Status der kreisfreien Stadt Cottbus geändert werden müssten. Leider ist nicht bekannt, wie detailliert dieser Vorschlag in der Landesregierung diskutiert worden ist.
Dabei wäre es immens wichtig, solche Ansätze zu betrachten und zu klären. Auch das hat etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun. Es geht eben nicht darum, uns selbst Posten zu sichern. Mit solchen Bemerkungen unterminiert der Ministerpräsident dieses Landes die Bemühungen vor Ort. Sogar die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hat dieser Tage die funktionierenden Kommunen und die vielen ehrenamtlichen Helfer im Zusammenhang mit der Betreuung von Flüchtlingen als „Helden der Nation“ gefeiert.
Es geht also, und ich wiederhole das gern, um unser Selbstverständnis als Stadt. Zu oft sind wir noch gezwungen, uns als nicht ganz unbedeutende Zwischenstation auf dem Weg von Berlin nach Dresden zu beschreiben. Das sollte nicht unser Selbstbild sein. Wir haben auch dazu eine Weichenstellung vorbereitet: Wir setzen auf eine bessere Vermarktung der Lausitz als länderübergreifende Region. Dazu wollen wir die Energieregion Lausitz und die Marketinggesellschaft Oberlausitz zusammenführen. Wir wollen uns da auf eigene Stärken und Erfahrungen besinnen.
Hilfreich bei Wirtschaftsförderung und Standortmarketing sind gute Verkehrsverbindungen. Insofern ist es sehr ermutigend, dass die Deutsche Bahn trotz roter Zahlen grünes Licht gegeben hat für den Umbau des Bahnhofes Cottbus. Das Vorhaben wird etwa 28 Millionen Euro kosten. Darin nicht enthalten sind die über 17 Millionen Euro, die die Verlängerung des Tunnels und der Umbau des heutigen Parkplatzes zum neuen Nahverkehrsknoten kosten werden. Mit diesem „Klimagerechten Mobilitätsverkehrszentrum“ stärken wir den ÖPNV. Es ist auch alles vorbereitet für Ladestationen für E-Cars, -Busse und -Fahrräder. Wir machen damit deutlich, welchen Schwerpunkt wir begleitend zur Braunkohleverstromung für unsere Stadt der Energie künftig näher ins Auge fassen. Da ist ein kleiner Beitrag, um auf den Klimawandel zu reagieren.

Sehr geehrte Damen und Herren,
zum Abschluss noch ein Satz zum Wetter. Cottbus war in diesem Jahr Blitze-Hauptstadt Deutschlands. Das haben Fachleute von Siemens festgestellt. Den Titel Blitzer-Hauptstadt aber wollen wir nicht. Deshalb haben wir festgelegt, zwei stationäre Anlagen ersatzlos abzubauen: eine auf dem Stadtring Richtung Baumarkt sowie in der Dresdener Straße, Höhe Südfriedhof. Ich bin zwar nicht der Weihnachtsmann, aber nehmen Sie es ruhig als kleines Geschenk. Denn damit wünsche ich Ihnen allen ein frohes, besinnliches und segensreiches Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr.