Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete,
sehr geehrte Cottbuserinnen und Cottbuser,

es gab auch gute Nachrichten im zurückliegenden Monat, und den vielen Würdigungen in den Medien will ich einen Glückwunsch von uns allen anfügen an die Elbenwald GmbH aus Cottbus: Sie hat, obwohl schon 15 Jahre am Markt und somit fast ein alter Hase, einen Zukunftspreis des Landes Brandenburg erhalten. Es stimmt uns froh, dass es Studenten aus Cottbus waren, die ein nun schon über Jahre erfolgreiches Geschäftsmodell entwickelt haben. Schön wär’s, wir hätten mehr davon. Elbenwald gibt mittlerweile 160 Leuten Arbeit, und das mit der Phantasie. Diese ist ein Geschäft. Man verkauft Traumwelten aus Harry Potter, Star Wars und natürlich aus dem Auslöser der Idee, der Trilogie „Herr der Ringe“. In dieser findet sich ein Spruch, der die Macht des Ringes beschreibt: „Einen Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden“. Und damit mute ich Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, eine Rückkehr aus dem Reich der Phantasie in die Realität zu.

Der Ring der Macht, der zwar gern gekauft wird im „Elbenwald“, gehört aber nicht nur im Buch vernichtet. Er ist, nichts anderes sagt der eben zitierte Spruch, Ausdruck einer Diktatur, er ist Macht durch Gewalt, wie wir sie am 13. November in Paris mit ansehen mussten. Wir alle können nicht zaubern, aber wir alle können – und das ist die Herausforderung dieser Tage – die Demokratie, die Offenheit der Gesellschaft und Freiheit unseres Lebens verteidigen. Ich habe nach den schrecklichen Terroranschlägen von Paris das Mitgefühl der Cottbuserinnen und Cottbuser an unsere französischen Freunde in Montreuil, unserer Partnerstadt, übermittelt. Ich danke allen, die sich am darauffolgenden Montag an der Schweigeminute beteiligt haben, mit der wir der Opfer gedachten. Ich danke auch allen, die unseren Facebook-Eintrag dazu geteilt haben. Ich danke denjenigen, die sich am Volkstrauertag allen Opfern von Krieg und Gewalt zuwandten.

Die Folgen der Attentate von Paris werden uns noch lange beschäftigen. Es geht dabei nicht darum, Angst zu schüren oder Panik zu verbreiten. Wir alle sind gefordert, aufmerksam zu sein, aber nicht hysterisch. Gerade haben wir den Weihnachtsmarkt eröffnet. Er soll wie in den vergangenen Jahren eine besinnliche, aber auch Spaß und Freude bereitende Einstimmung aufs Fest sein. Leider erleben wir heute Abend am Rande des Weihnachtsmarktes einen erneuten Versuch, die Besucher unserer Innenstadt zu locken mit einer politischen Kundgebung. Diese Herbstoffensive einer Partei ist weiterhin wenig sensibel. Ich komme zwar noch zum Haushalt, aber was wir uns in Cottbus bereits jetzt sparen können, sind politische Provokateure, die nun hier eine Bühne suchen. Doch wir werden das aushalten, weil wir die verfassungsmäßigen Grundrechte in unserem Land hoch schätzen. Wir sind auch überzeugt, dass die Mehrheit der Cottbuser sich lieber den „nützlichen Idioten“ zurechnet, die Menschlichkeit zeigen und ehrenamtlich für Flüchtlinge wie für sozial Schwache arbeiten. Ich begrüße es, dass es am heutigen Abend auch andere Signale aus Cottbus geben wird. In der Synagoge findet ein Benefizkonzert des russisch-deutschen Kulturvereins statt, im Stadtmuseum eine Lesung über den Jüdischen Kulturbund, die Oberkirche lädt halbstündig zum Versöhnungsgebet. Und wir wissen: Die Demokratie ist stark, gerade weil sie differenziert und nicht auf die hereinfällt, die meinen oder rufen, sie allein seien das Volk oder Volkes Stimme.

Sehr geehrte Damen und Herren,
die Stadtverwaltung handelt. Wir verzichten dabei gern auf Ratschläge oder Mahnungen, die aller 14 Tage freitags in Sachsendorf erhoben werden. Ich sage es hier nicht zum ersten Mal: Wir wollen, dass die Turnhallen in der Poznaner Straße zum Jahresbeginn wieder Schülern und Sportlern zur Verfügung stehen. Das ist vertraglich so vereinbart, und ich gehe davon aus, dass Verträge eingehalten werden.

Sehr geehrte Damen und Herren,
wenn heute jemand so tut, als hätte er Antworten auf alle Probleme, dann lügt derjenige. Aber es gibt Antwort-Angebote, es gibt Ideen, Vorschläge, die wir debattieren müssen. Grundsätzlich möchte ich uns dazu einen anderen „Herrn des Ringes“ in Erinnerung rufen, Gotthold Ephraim Lessing. In seiner Ringparabel aus „Nathan der Weise“ schrieb er: „Es eifre jeder seiner unbestochnen, von Vorurteilen freien Liebe nach! Es strebe von euch um die Wette, die Kraft des Steins in seinem Ring' an Tag zu legen!“

Welche Macht also ein Ring hat, welcher der wahre ist, liegt am Menschen, seinen Überzeugungen, seinem Tun. Lessing spricht vom friedlichen Miteinander, von Gleichberechtigung. Sie mögen das jetzt für weit hergeholt halten. Es betrifft uns hier in Cottbus aber ganz konkret. Wir haben als Verwaltung, als Bürgerinnen und Bürger, ja, als gesamte Gesellschaft das friedliche Miteinander aller zu organisieren. Für die Cottbuserinnen und Cottbuser, für unsere Gäste, die vielleicht Cottbuser werden, und auch für die, die irgendwann weiter ziehen oder in ihre Heimat zurückkehren. Ich wiederhole das, weil es unsere tägliche Aufgabe ist. Im „Herrn der Ringe“ war es letztlich die Kraft der Gefährten, die den Ring in sein Verderben schaffte. Diese Kraft muss uns einen, wenn wir die täglichen Herausforderungen annehmen. Ja, wir haben nach wie vor viele Flüchtlinge in Cottbus unterzubringen. Die Prognosen sind nach oben korrigiert worden, was uns nicht überrascht hat. Im kommenden Jahr werden die Aufgaben nicht geringer sein. Wir versorgen die zu uns Kommenden, wir geben ihnen angemessenen Schutz, und wir geben unser Mögliches, den Menschen Angebote zur Integration zu machen. Manches ist da durch Bürokratie und Engstirnigkeit erschwert. Es braucht Gespräche und Verhandlungen und manchmal auch einen größeren Krach in einem Ausschuss, um zu vernünftigen, praktikablen Lösungen zu kommen. Wir geben für solche Angebote viel Geld aus, ohne zu wissen, ob alle Kosten ersetzt werden durch die Zuwendungen von Bund und Land. Hier brauchen wir endlich Klarheit.

Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihnen liegen der Haushalt für 2016 und das Haushaltssicherungskonzept bis 2019 vor. Der zuständige Beigeordnete Dr. Markus Niggemann wird im Anschluss Eckwerte vorstellen für die Debatte im Dezember und möglicherweise darüber hinaus. Ausreichend Geld fehlt an allen Ecken und Enden. Das ist aber eben nicht durch die einfache Formel zu lösen: Weniger Flüchtlinge – besserer Haushalt.

Wir bekommen weniger Gewerbesteuern als ursprünglich geplant. Die Summe, die die Stadt zu verkraften hat, ist größer als die jährlichen Kosten für Tierpark, Stadtmuseum und Glad-House zusammen. Sollen wir die deshalb schließen? Sicher nicht. Unsere Strukturen sind zu überprüfen, wir wagen neue Anläufe.

Einer davon ist die künftig gemeinsame Vermarktung der brandenburgischen und sächsischen Lausitz. Wir wollen dazu die Marketinggesellschaft Oberlausitz und die Energieregion Lausitz verschmelzen, Kräfte bündeln. Eine entsprechende Absichtserklärung ist Ihnen heute zugegangen. Warum dieser Weg? Spätestens mit dem letzten Kohlezug aus dem Tagebau Cottbus-Nord am 23. Dezember wird uns wieder bewusst werden, dass wir vor einem Wandel der Wirtschaftsstruktur in der Lausitz stehen. Wir können nicht nur auf Touristen hoffen. Wir brauchen neue Arbeitsplätze, viele „Elbenwälder“, eine neue industrielle Basis neben dem Bergbau. Deshalb wird auch der Ostsee-Manager, dessen Stelle in Kürze ausgeschrieben wird, kein bloßer Touristen-Werber sein. Wir erwarten dort mehr Strukturpolitik mit dem Ostsee als Mittelpunkt. Die Region kann davon profitieren, Cottbus gewinnen. Unsere Stadt könnte sich auch als Wohnstandort profilieren, sozusagen als grüner Gürtel des immer praller werdenden Speckgürtels um Berlin. Eine Voraussetzung dafür wird das Land Brandenburg vorbereiten, und dafür sind wir und auch ich persönlich sehrdankbar: Die Planung für den zweigleisigen Ausbau, genauer: der Wiederherstellung der Bahnstrecke zwischen Cottbus und Lübbenau soll beginnen. Das Land geht hier in Vorleistung.

Wir stehen also vor einschneidenden Entscheidungen, und mancher wird sich erinnern, diesen Satz schon oft gehört zu haben. Am Ende dann hatten alle das Gefühl, so schlimm wird es schon nicht, es sind weiterhin alle lieb gewordenen Einrichtungen offen, die Brücken passierbar, die Straßen befahrbar. Klar, manchmal bröckeln Belag, Fahrbahn oder Pfeiler, aber irgendwie mogeln wir uns schon durch. Es ist ein bisschen wie auf der Reise der Gefährten aus dem Herrn der Ringe: Ist der eine Weg versperrt, wird ein anderer gefunden. Wir aber sind vorerst am Ende dieser Reise. Was vor Jahresfrist noch unumstößlich möglich schien, landet heute auf Streichlisten, oder es braucht kreative Lösungen. Wir alle werden da immer wieder um- oder neu denken müssen. Markus Niggemann wird Ihnen dazu Vorschläge unterbreiten, die uns in die Lage versetzen sollen, auch künftig noch investieren zu können.

Übermorgen werden wir die sanierte Straße der Jugend freigeben. 5,4 Millionen Euro sind dort verbaut worden, darunter Fördermittel und Zuschüsse aus verschiedenen Töpfen sowie städtisches Steuergeld. Solche Investitionen werden wir in den kommenden Jahren deutlich weniger haben. Und wenn, dann ist sehr genau zu prüfen, ob wir die Folgekosten entweder eindämmen oder überhaupt stemmen können. Das heißt nichts anderes, als uns zu verständigen, wie wir Spielräume für Stadt- und Lebensgestaltung erlangen.

Hier schließt sich der Ring, wenn Sie so möchten. Wir haben am zurückliegenden Wochenende die Ehrenmedaillen an Karin Kühl und Dr. Helmut Schmidt, zwei engagierten Menschen aus Ihrem Kreis, aber beileibe nicht nur hier im Hohen Haus, vergeben. Der Cottbuser Aufbruch ehrte jüngst Schüler der Pestalozzischule mit dem Toleranzpreis, und nicht zuletzt hat der Historische Heimatverein in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung, vielen fleißigen Autoren und spendablen Sponsoren den Heimatkalender für 2016 vorgelegt. Ehrenamt, Toleranz, Heimat – all diese scheinbar feststehenden Begriffe werden in diesen Wochen neu justiert, neu definiert. Wir können stolz sein, dass wir in Cottbus so viele Menschen haben, die ihnen leidenschaftlich verbunden sind. Das ist, im besten Sinne des Wortes, phantastisch.